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Bundeskanzelrin Angela Merkel
© John MacDougall/AFP

CDU-Menschenrechtssprecher zu China und Türkei: Merkel muss Corona-Autokraten in Schranken weisen

Im Schatten der Coronakrise ziehen autoritäre Staaten Daumenschrauben an. Der Unions-Menschenrechtssprecher mahnt die Groko, nicht zu schweigen. Ein Gastbeitrag.

Zum Autor: Michael Brand (46) ist Sprecher für Menschenrechte und humanitäre Hilfe der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag. Er plädiert für konsequentes Handeln Deutschlands zur Eindämmung der Ausbreitung autoritärer Ideologien.

In China ist die Patientin Nummer 0 spurlos verschwunden. Alle Hinweise auf ihre Existenz und Tätigkeit im umstrittenen Labor von Wuhan wurden gelöscht. Der Arzt, der im Dezember 2019 vor einem gefährlichen Virus warnte, wurde dafür von der Polizei verwarnt und bedroht, durfte über das Thema nicht mehr sprechen. Der Arzt hatte noch zahllose Infizierte in Wuhan gerettet, bevor er selbst an CoVid19 verstarb. Blogger und kritische Reporter verschwinden spurlos, Berichte von Augenzeugen werden sofort zensiert.

Michael Brand ist der menschenrechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Michael Brand ist der menschenrechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
© picture alliance/dpa

Statt der Wahrheit hat die chinesische Führung dem eigenen Volk und der Welt eine Lüge aufgetischt. International präsentiert sich das Regime als Retter, verteilt Atemschutzmasken und andere Hilfen. Diese Inszenierung soll nicht zuletzt die massiven Menschenrechtsverletzungen in China übertünchen, die brutale Verfolgung muslimischer Uiguren, buddhistischer Tibeter und auch vieler Millionen Christen.

Zudem sollen die erheblichen eigenen Schwächen im Gesundheitssystem, der Arbeitswelt, die gigantische Verschuldung nicht zum Thema werden. Dieselbe Strategie verfolgt Russlands Putin, dessen Land wegen der Abhängigkeit vom derzeit stürzenden Ölpreis in den Abgrund gezogen wird.

Besonders für China gilt: Wer das Regime kritisiert, wird auch international unter Druck gesetzt. So versucht China regelmäßig kritische Berichte auch der EU zu unterbinden. Selbst gegenüber Deutschland tritt China immer aggressiver auf.

Seit langem agieren Russland und China gegen freiheitliche Demokratien.  Ziel dieser Angriffe ist das Konzept der offenen Gesellschaft. Ihre Attraktivität bedroht autoritäre Eliten in vielen Ländern. Im Kern geht es um die globale Vorherrschaft von Diktatur über Freiheit. Im digitalen Zeitalter wird der Konflikt überwiegend digital, mit wirtschaftlicher Hilfe oder auch Erpressung ausgetragen.

Autoritäre Regime nutzen die Krise aus

Nichts davon ist wirklich neu. Aber die Pandemie eskaliert die Effekte. Die Bereitschaft vieler Gruppen weltweit, für trügerische Sicherheit selbst fundamentale Freiheitsrechte auf Dauer aufzugeben, stärkt indirekt die autoritären Regime. Die nutzen das nach Kräften aus.

Der Präsident der Philippinen ließ bisher 120.000 Personen während der Ausgangssperre inhaftieren. Seine Anweisung an die Polizei bei Verstößen lautet: „Erschießt sie!“

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In der Türkei hat das Regime Erdogan wegen Gesundheitsgefährdung zwar 90.000 Häftlinge entlassen, darunter selbst einen brutalen Mafiaboss. In Haft dagegen bleiben politische Gefangene, die sich offen für Freiheit und Menschenrechte einsetzen, darunter viele Journalisten.

In Serbien wurde vor kurzem eine Journalistin inhaftiert, weil sie auf Missstände in einem Krankenhaus hingewiesen hatte. Präsident Vučić vom EU-Kandidat Serbien hat die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, das für Meldungen zu Corona bis zu mehrjährigen Haftstrafen vorsieht.

Demonstranten während eines regierungskritischen Protests gegen Chinas Staatsführung in Hongkong.
Demonstranten während eines regierungskritischen Protests gegen Chinas Staatsführung in Hongkong.
© dpa

Im EU-Mitgliedsland Ungarn hat Viktor Orbán die Pandemie für ein Ermächtigungsgesetz missbraucht, das ihn ermächtigt, unbefristet per Dekret zu regieren. Die EVP als Verbund demokratischer Parteien darf das und darf Fidesz nicht länger dulden.

In Polen wurde eine irreguläre Präsidentschaftswahl mitten in der Pandemie gerade noch verschoben, weil eine demokratisch nicht legitime Wahl drohte.

Die bedenkliche Gefährdung demokratischer Grundprinzipien in EU-Mitgliedstaaten wie Polen und Ungarn, autoritäre Angriffe gegen unabhängige Justiz, Meinungsfreiheit und auch gegen physische Freiheit von EU-Bürgern darf auch Deutschland nicht länger nur „intensiv beobachten". Ungarn und Serbien kokettieren inzwischen ganz offen mit Russland und China.

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Die globale Ausbreitung der autoritären Epidemie, ausgehend vor allem von China und Russland, konnte sich auch durch mangelnden Widerstand der EU, auch Deutschlands, seit Jahren erheblich ausweiten.

Im Schatten der akuten Epidemie des Corona-Virus verstärkt sich eine zweite, politische Epidemie. Sie könnte die Welt nachhaltiger und schlimmer verändern als die Corona-Pandemie selbst. Denn das autoritäre Konzept fasst in einer Reihe von Ländern Fuß, die lange als immun galten.

EU-Ratspräsidentschaft nutzen

Wenn wir nicht riskieren wollen, dass die EU bis in ihren Kern infiziert wird, wird es Zeit für wirkungsvolle Gegenmaßnahmen. Die Bundeskanzlerin, die bei der Pandemie so umsichtig und vorsichtig agiert, sollte auch bei dieser politischen Epidemie die ihr eigene nüchterne Analytik zur Grundlage machen, und vor allem konsequent handeln. China und der Club der Autoritären sind schwächer, und die großen Demokratien stärker als die aktuell verbreiteten Narrative der Propaganda.

Durch konsequentes Auftreten beim Thema Rechtsstaatlichkeit innerhalb der EU und mit klarer Position gegenüber Xi, Putin, Erdogan und Co. muss Deutschland in der Zeit der EU-Ratspräsidentschaft hier klare Zeichen setzen. Denn wir haben nicht nur das bessere Gesundheitssystem. Wir haben auch das überlegene Gesellschaftssystem. Das dürfen wir nicht durch Untätigkeit gefährden.

Michael Brand

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