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Bundesaußenministerin Annalena Baerbock reist Anfang der Woche nach Moskau und Kiew.
© dpa

Kiew und Moskau erwarten die Außenministerin: Die pikante Reihenfolge von Baerbocks Antrittsbesuchen

Russland hat eine vernichtende Bilanz der Krisendiplomatie der vergangenen Woche gezogen. Ausgerechnet jetzt besucht die Außenministerin die Kontrahenten.

Annalena Baerbock ahnt wohl schon, dass ihr Antrittsbesuch in Moskau besondere Herausforderungen für sie bereithält. Gerade in der Krise sei Diplomatie dadurch gekennzeichnet, „dass es viel Geduld braucht, dass es starke Nerven braucht“, sagte die Außenministerin an Freitag am Rande des Treffens der EU-Außenminister im französischen Brest.

Sie nehme das Treffen mit ihrem russischen Kollegen Sergej Lawrow und ihren Besuch zum Anlass, um „Gesprächskanäle auf allen unterschiedlichen Ebenen zu nutzen“.

Starke Nerven könnte Baerbock allein deshalb brauchen, weil russische Regierungsvertreter nach der Woche intensiver diplomatischer Kontakte zur europäischen Sicherheitsarchitektur erklärt hatten, sie würden keine weitere Notwendigkeit für Gespräche mit dem Westen über den Ukraine-Konflikt sehen. Damit stellten sie den Sinn der bilateralen Verhandlungen zwischen den USA und Russland, der Tagung des Nato-Russland-Rates sowie der OSZE-Beratungen infrage.

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Obwohl solche harten Ansagen auch rhetorische Finessen sein können, die tatsächliche Absichten verdecken sollen, dürfte die Außenministerin jedenfalls keinen schnellen Erfolg erwarten. Es gibt Hinweise, wonach die russische Position zum Umgang mit dem Westens noch gar nicht geklärt ist und Präsident Wladimir Putin sich viele Optionen offenhält. Allein schon der Dialog gilt in Berlin als Erfolg. Es gebe „Hoffnungen und Bemühungen, dass die Gespräche fortgesetzt werden“, sagte Vizeregierungssprecherin Christiane Hoffmann.

Moskau verlangt eine schriftliche Antwort auf seine Forderungen

Lawrow selbst verlangte am Freitag eine rasche schriftliche Reaktion der Nato und der USA auf Moskaus Forderungen nach Sicherheitsgarantien. „Wir warten auf eine Antwort, auf eine Antwort von unseren Kollegen auf Papier“, sagte er und klagte über mangelndes Entgegenkommen des Westens bei den Gesprächen Genf, Brüssel und Wien. Der Nato warf er vor, weiter auf Konfrontationskurs zu gehen.

Russland will jegliche Nato-Osterweiterung stoppen und eine Mitgliedschaft des Nachbarlandes Ukraine verhindern. Allein durch die Möglichkeit eines Beitritts, der momentan gar nicht ansteht, sieht sich das Land bedroht. Die Nato-Partner schließen eine solche Garantie aus, weil sie gegen das Recht auf Selbstbestimmung der Nationen verstößt.

Freundlichkeiten von ihm gegenüber seinem Gast Annalena Baerbock sind eher nicht zu erwarten: Russlands Außenminister Sergej Lawrow während seiner jährlichen Pressekonferenz.
Freundlichkeiten von ihm gegenüber seinem Gast Annalena Baerbock sind eher nicht zu erwarten: Russlands Außenminister Sergej Lawrow während seiner jährlichen Pressekonferenz.
© Dimitar Dilkoff/Pool AFP/AP/dpa

Mit einer schnellen schriftlichen Antwort der Nato ist deshalb nicht zu rechnen, eher dürfte man in westlichen Hauptstädten versuchen, nähere Gewissheiten über die russischen Absichten zu erlangen. Auch in Berlin gilt als offen, ob der massive militärische Aufmarsch Russlands an der Grenze Teil eines diplomatisch-politischen Kalküls ist oder dem Ziel einer erneuten militärischen Intervention im Nachbarland nach der Besetzung der Krim im Jahr 2014 dient.

Auf dem Weg nach Moskau fliegt Baerbock am Montag zunächst zu Gesprächen in die ukrainische Hauptstadt Kiew. Die Reihenfolge soll die deutsche Unterstützung für das Land demonstrieren und den deutschen Willen, Kiew bei bilateralen Gesprächen mit Moskau nicht außen vor zu lassen. Die Außenministerin sagte in Brest, die EU-Staaten seien sich bei ihren Beratungen über den Ukraine-Konflikt in der Bretagne einig gewesen, dass das international Recht unverrückbar sei und die Souveränität von Staaten wie der Ukraine geachtet werden müsse.

„Habt Angst und rechnet mit dem Schlimmsten", drohen Hacker

Aufgeschreckt hat die westlichen Partner der Ukraine am Freitag eine massive Cyber-Attacke auf deren Regierung. Die Webseite des Außenministeriums in Kiew konnte ebenso wie die Seiten andere Ministerien und des Kabinetts nicht aufgerufen werden. Am frühen Morgen waren auf der Homepage des Außenministeriums vorübergehend die drohenden Worte „Habt Angst und rechnet mit dem Schlimmsten“ in ukrainischer, russischer und polnischer Sprache zu lesen.

Die EU und Berlin sicherten der Ukraine ihre Hilfe zu. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und die Bundesregierung verurteilten die Cyberattacke scharf. Borrell sagte in Brest, die EU werde alle Mittel mobilisieren, um Kiew zu unterstützen. Dabei gehe es auch um technische Hilfestellung für die Ukraine. Ob Russland hinter dem Angriff stecke, sei noch unklar, sagte Borrell: „Wir haben keine Beweise, aber es ist denkbar.“ Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg nannte den Cyberangriff „wahnsinnig besorgniserregend“. Er verwies darauf, dass eine Cyberattacke der Vorbote für militärische Aktivitäten sein könnte.

Am Donnerstag hatte Borrell eine EU-Initiative zur Ausbildung von Führungskräften der ukrainischen Armee zur Abwehr von Cyberangriffen angekündigt. Ein AA-Sprecher sage, Deutschland sei bereit, der Ukraine zu helfen. Waffenlieferungen an Kiew schließt Deutschland anders als die USA aber aus.

Bei ihrem Besuch in Moskau will sich Baerbock auch darum bemühen, die Verhandlungen über die Ukraine im Normandieformat wieder in Gang zu bringen. Die Staats- und Regierungschef Deutschlands, Frankreichs, Russlands und der Ukraine hatten zuletzt 2019 in dem Format getagt. Der außenpolitische Berater von Kanzler Olaf Scholz (SPD), Jens Plötner, hatte gemeinsam mit seinem französischen Kollegen dazu Gespräche in Moskau und Kiew geführt. Es gebe einen „verhaltenen Optimismus“, dass es gelingen werde, auf der Ebene der Diplomaten zu diesem Format zurückzukehren, sagte Vizeregierungssprecherin Hoffmann.

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