Menschenrechte im Iran: Das Scheitern des Hassan Ruhani
Irans Präsident tritt heute seine zweite Amtszeit an. Er hat dem Volk in Sachen Menschenrechte viel versprochen - aber wenig gehalten. Ein Kommentar.
Der Mann ist so redselig wie redegewandt. Einer, der stets freundlich lächelt und geschliffene Manieren hat. Einer, der gerne den liberal Gesinnten gibt. Hassan Ruhani pflegt dieses Image. Dass er vor allem im Ausland großes Ansehen genießt, braucht also keinen zu wundern. Ein Reformer sei der 68-Jährige, eine moderate Kraft, heißt es oft – zumindest im Vergleich zu Irans politisch-religiösen Hardlinern. Ihm sei es zu verdanken, dass Teheran trotz aller Widrigkeiten letztendlich dem Atomabkommen zugestimmt habe.
Das mag stimmen. Doch der siebte Präsident der Islamischen Republik, der heute vom Parlament vereidigt wird, hat Vieles auch viele versprochen, das er offenkundig nicht halten kann.
Vor allem sein Volk bekommt das spüren. Weder hat sich die wirtschaftliche Situation der Iraner grundlegend verbessert noch wird ihnen von der Staatsmacht mehr individuelle Freiheit gewährt. Beides stellt Ruhani zwar nach wie vor in Aussicht. Nur: Von der Realität ist das weit entfernt. Was sich insbesondere bei den Menschenrechten bemerkbar macht.
Ein Land ohne Rechtsstaatlichkeit
Ein neuer Bericht von Amnesty International kommt zu dem wenig schmeichelhaften Schluss, dass die Repressionen während Ruhanis erster Präsidentschaft noch stärker geworden sind. Gerade Aktivisten bekämen das zu spüren. Und es gebe keine Anzeichen dafür, dass sich in seiner jetzt beginnenden zweiten Amtszeit daran etwas ändern werde.
Im Klartext heißt das: Der Iran bleibt ein Land, in dem Menschen drangsaliert und gefoltert werden. Ein Land, dessen Einwohner der Willkür der Behörden ausgeliefert sind. Ein Land, in dem vergangenes Jahr laut Amnesty mindestens 567 Verurteilte hingerichtet wurden, darunter auch Minderjährige. Ein Land, das weder echte Demokratie noch Rechtsstaatlichkeit kennt.
All das weiß Hassan Ruhani. Aber ihm gelingt es offenkundig nicht, sich durchzusetzen. Mal angenommen, ihm ist tatsächlich an einem neuen Kurs gelegen, so scheint er am Widerstand seiner Widersacher im iranischen Establishment krachend zu scheitern. Jene Erzkonservativen, die in jeder Art Öffnung einen Angriff auf die Grundfesten der islamischen Revolution sehen, zeigen dem pragmatisch gesinnten Staatschef immer wieder Grenzen auf.
Übermächtige Gegner
Revolutionsgarden, Wächterrat und Revolutionsführer Ali Chamenei – Ruhanis Gegenspieler sind mächtig. Vielleicht sogar übermächtig. Dabei ist der Präsident einer von ihnen, stellt das System als solches nicht infrage. Wie auch? Er verdankt dem theokratischen Regime seinen Aufstieg.
Ruhani bekleidete wichtige militärische Posten, war Mitglied des nationalen Sicherheitsrates und lange Zeit Chefunterhändler im Atomstreit. Doch irgendwann hat der Stratege in ihm wohl erkannt, dass die Herrschaft der Mullahs nur Bestand haben kann, wenn sie sich reformbereit zeigen.
Bisher gibt es allerdings so gut wie keine Anzeichen dafür, dass die Machthaber diese Einsicht teilen. Im Gegenteil. Sie wollen die Konfrontation, innen- und außenpolitisch. Also setzt Ruhani aufs Volk und weiß eine Mehrheit der Iraner hinter sich. Aber der Unmut wird größer. Der Staatschef muss deshalb seinen schönen Worten endlich Taten folgen lassen. Den Menschenrechten zu ihrem Recht zu verhelfen – das wäre ein erster Schritt.