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Große Schlagkraft. Schätzungen zufolge haben Revolutionsgarden als eigenständige iranische Eliteeinheit mehr als 120.000 Mann unter Waffen haben.
© Reuters

Krise am Golf: Staat im Staat: Warum Irans Revolutionsgarden so viel Macht haben

Militärische Schlagkraft, wirtschaftlicher Einfluss: Irans Revolutionsgarden bestimmen immer mehr den innenpolitischen und außenpolitischen Kurs der Islamischen Republik.

Die Situation nach den verheerenden Anschlägen in Teheran war noch nicht richtig unter Kontrolle, da präsentierten die Revolutionsgarden schon die Schuldigen. Und dass die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) die Angriffe auf das Parlament und das Grabmal von Revolutionsführer Ajatollah Ruhollah Chomeini für sich reklamierte, störte die Führung der Eliteeinheit wenig.

Sie machte den Rivalen Saudi-Arabien und den Erzfeind Amerika für den Doppelanschlag mit verantwortlich. Dass der US-Präsident kurz zuvor eine der „reaktionärsten Regierungen in der Region“ besucht habe, sei bedeutungsvoll. Denn es zeige, „dass sie in die grausame Aktion verwickelt sind“. Donald Trump hatte vor zwei Wochen bei seiner ersten Auslandsvisite vor allem den Iran als Terrorunterstützer und Unruheherd attackiert.

Wächter der Revolution

Es ist nicht das erste Mal, dass die Revolutionsgarden (auch Pasdaran genannt) ganz offen versuchen, auf die politischen Geschicke des Iran Einfluss zu nehmen. Wenn es gegen die USA geht, sind die Paramilitärs ohnehin an vorderster Front dabei. Die Gardisten selbst sehen sich als Wächter der islamischen Revolution von 1979. Sie bilden gemeinsam mit Irans religiösem Oberhaupt, Ajatollah Ali Chamenei, die theokratischen Stützpfeiler des autoritären schiitischen „Gottesstaats“.

Doch längst ist aus den Revolutionsgarden eine bedeutender Machtfaktor geworden – gesellschaftlich, wirtschaftlich, militärisch und politisch. Sehr zum Leidwesen von Hassan Ruhani. Der wiedergewählte Präsident versucht zwar, die Garden und ihre Chefebene in die Schranken zu weisen. Nur: Es gelingt ihm kaum.

Die paramilitärischen Einheiten schalten und walten nach wie vor je nach Belieben. Nicht nur im Iran, sondern in der Region. Es gibt nur wenige Konflikte, an denen sie nicht beteiligt sind. Libanon, Irak, Syrien, Jemen – überall mischen die Revolutionsgarden mit und versuchen, die islamische Revolution zu exportieren. Ihre Al-Quds-Brigaden sind als Kommandoeinheit speziell für Einsätze im Ausland trainiert.

Ein Wirtschaftsimperium

Die militärische Schlagkraft der Pasdaran ist enorm. Schätzungen zufolge stehen 125.000 Mann unter Waffen. Dazu gehören Truppenteile für Heer, Luftwaffe und Marine. Berüchtigt und gefürchtet sind die Basidsch-Milizen, eine Art Unterabteilung der Revolutionsgarden. In ihnen sind Millionen Freiwillige organisiert, die das Regime vorbehaltlos stützen und gegen jede Form der Opposition vorgehen. Bei den Unruhen nach den Wahlen 2009 waren die Basidschi als inoffizielle Hilfspolizei mit großer Brutalität gegen Demonstranten vorgegangen.

Die Revolutionsgarden sind auch zum Staat im Staat geworden, weil sie ein Wirtschaftsimperium aufgebaut haben. Von Steuern und Zöllen befreit, nutzten sie vor allem die Zeit, als der Iran wegen der internationalen Sanktionen weitgehend isoliert war, um in fast allen Branchen Fuß zu fassen. Denn in dieser Zeit gingen viele private Betriebe pleite.

Die Garden dagegen nutzten ihre nähe zum Regime um zu expandieren. Infrastruktur, Energie, Rüstung und Telekommunikation – mithilfe zahlreicher Unternehmen kontrollieren die Eliteeinheiten längst einen Großteil der iranischen Wirtschaft. Das garantiert Einnahmen in Milliardenhöhe. Kein Wunder, dass die Revolutionsgarden nichts davon halten, dass Ruhani die Islamische Republik für ausländische Investoren öffnen will.

Irans Präsident Hassan Ruhani versucht immer wieder, die Revolutionsgarden in die Schranken zu weisen.
Irans Präsident Hassan Ruhani versucht immer wieder, die Revolutionsgarden in die Schranken zu weisen.
© Abedin Taherkenareh/dpa

Überhaupt ist nach Lesart der Paramilitärs der Präsident – der im Vergleich zu anderen Konservativen als moderat und reformbereit gilt – einer, der die Errungenschaften der Revolution infrage stellt. Das Atomabkommen lehnen sie strikt ab. Sie werfen der politischen Führung vor, zu weitgehende Kompromisse geschlossen zu haben. Vor allem das Entgegenkommen gegenüber den USA halten die Gardisten für Verrat.

Ruhani wiederum hat es in jüngster Zeit mehrfach gewagt, den großen Einfluss der Eliteeinheit zu rügen. Sie sollten sich nicht in die Politik einmischen, sagte er im Wahlkampf. Er verwies zum Beispiel auf die Raketentests der Garden, bei denen „Tod für Israel“ auf die Geschosse geschrieben worden waren. Dies gefährde das Atomabkommen. Die Antwort der Gescholtenen kam prompt. „Wir empfehlen allen Kandidaten, sich aus sensiblen Fragen der Landesverteidigung herauszuhalten.“

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