Alan Moores Lovecraft-Hommage "Providence": Vom Jenseits und Diesseits
Alan Moores vielleicht letzter Comic ist eine Verneigung vor Howard Phillips Lovecraft - und eine intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Horror-Genre.
Vielleicht erklärt sich das ausdauernde Interesse des einen am anderen schlicht aus der Tatsache, dass sie sich so ähnlich sind – also H. P. Lovecraft und Alan Moore. Beide kreative Geister mit Hang zum Absonderlichen, beide tätig auf von der klassischen Kulturkritik lange belächeltem Gelände, beide auf ewig treu ihrer Heimat verbunden ...
Bei dem wegweisenden Comic-Autor Alan Moore ist das Northampton, die englische Stadt, der er in dem jüngst erschienenen 1200-Seiten-Werk „Jerusalem“ ein literarisches Denkmal setzte. Und bei dem vielleicht noch wegweisenderen, 1937 verstorbenen Horror-Autor Howard Phillips Lovecraft ging die Liebe zu seiner Geburtsstadt sogar so weit, dass sein Satz „I am Providence“ schlussendlich in den Grabstein gemeißelt wurde.
„Providence“ heißt auch die neueste Auseinandersetzung von Moore mit Lovecrafts Kosmos, dem er sich bereits unter anderem in „Nemo: Herz aus Eis“ oder „Neonomicon“ widmete. Auf zwölf Hefte angelegt, erscheint die Serie seit 2015 bei Avatar. Nun hat Panini den zweiten Sammelband auf Deutsch veröffentlicht.
Moores Reporter recherchiert in Lovecrafts Welt
Moore erzählt darin die Geschichte des New Yorker Reporters Robert Black, der im Jahr 1919 die Geschichte eines mysteriösen Buches recherchiert und sich dabei durch die Welt von Lovecrafts Geschichten bewegt. Wer sich in dem von außerirdischen Göttern, Fischwesen und unheiligen Büchern bevölkerten Kosmos auskennt, wird in der Hommage zahlreiche Anspielungen auf Bücher wie das "Necronomicon" oder Figuren wie "Wilbur Whateley" finden. Moore erzählt aber nicht einfach nach, stattdessen benutzt er Geschichten wie „Schatten über Innsmouth“ oder "Träume im Hexenhaus" als Setting in dem seine eigene Geschichte spielt, die theoretisch auch ohne Kenntnis der Vorlage funktioniert.
Vordergründig haben wir es dabei mit einer klassischen Horrorgeschichte zu tun, die jedoch nicht nur von dem Weglaufen vor schleimigen Geschöpfen berichtet, sondern vor allem menschliches Grauen wie Inzest, Pädophilie und Vergewaltigung thematisiert. Geradezu perfide wirkt deshalb der peinlich saubere Strich, mit dem Jacen Burrows das alles festhält.
Horror und Gedanken über Kreativität
Darüber hinaus jedoch nutzt Moore „Providence“ vor allem in den langen Prosa-Anhängen, für die er ähnlich wie in "Watchmen" Tagbucheinträge verfasst und Faksimiles von Broschüren entworfen hat, zum Nachdenken über verheimlichte Homosexualität, Kreativität und all jene geheime Welten, die unter der Oberfläche liegen, die wir Gesellschaft nennen.
Dass er sich dabei nicht verzettelt, macht einmal mehr deutlich, wie virtuos Moore mit dem Medium Comic umzugehen weiß, und wie schade es wäre, machte er wirklich seine Ankündigung wahr und nach dem finalen Band von „Providence“ mit den Comics Schluss.
„Ich habe alles erreicht, was mir möglich ist“, erklärte er kürzlich in der britischen Presse. „Ich würde mich wiederholen, und sowohl der Leser als auch ich verdienen etwas Besseres.“ Schade. Aber was für ein Abgang.
Alan Moore & Jacen Burrows: Providence, Panini, Band 1: 176 Seiten, 19,99 €. Band 2, 180 Seiten, 19,99 €. Band 3 in Vorbereitung.
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