Kunstrankings im Vergleich: Spieglein an der Wand
Richter, Nauman, Baselitz, Trockel: Der alljährliche „Kunstkompass“ misst Ruhm und Bedeutung. Damit ist er nicht alleine. Ein Vergleich der Rankings.
Er bleibt die Nummer eins: Gerhard Richter führt weiterhin den „Kunstkompass“ an. Im Ranking der bedeutendsten Namen in der Kunstwelt steht der deutsche Maler schon seit 15 Jahren ganz oben. Überhaupt verzeichnet die vom Wirtschaftsmagazin „Capital“ publizierte Liste auf den vorderen Plätzen wenig Veränderungen gegenüber dem Vorjahr. Der US-Künstler Bruce Nauman bleibt auf Rang 2, Georg Baselitz und Rosemarie Trockel tauschen ihre Plätze, sind jetzt auf Rang 3 und 4. Folgen bei den Top 10 die Amerikanerin Cindy Sherman, der Deutsche Anselm Kiefer, der Däne Olafur Eliasson – der sein Studio in Berlin hat –, der Brite Tony Cragg, der Südafrikaner William Kentridge und der Amerikaner Richard Serra.
Die Liste, die auf der Bewertung von insgesamt 30 000 Namen basiert und mit 28 deutschen Künstlerinnen und Künstlern unter den ersten 100 die Bedeutung der Bundesrepublik als Kunstnation belegt, erfasst nicht den materiellen Wert eines Künstlers und seines Werks. Sondern dessen ideelle Bedeutung, die Resonanz. Ruhm ist schwer zu messen, aber es lassen sich Indizien für ihn finden. Verkaufs- und Auktionspreise spielen bei diesem „Ruhmespunkte“-System interessanterweise keine Rolle, die Liste zieht andere Kriterien heran. Zum Beispiel die Zahl der Einzelausstellungen in namhaften Museen wie dem Guggenheim in New York, die Teilnahme an der Biennale Venedig oder an Gruppenschauen. Auch Rezensionen in Fachblättern, Museumsankäufe und Auszeichnungen schlagen zu Buche.
Andy Warhol als bedeutendster Gegenwartskünstler
Mit 27 Künstlern unter den ersten 100 folgen die USA bei den führenden Kunstnationen auf Platz zwei und Großbritannien mit 11 Künstlern auf Platz drei. Die Liste der über den Tod hinaus bedeutendsten Gegenwartskünstler wird weiterhin von Andy Warhol angeführt, seit 2010 unverändert gefolgt von Joseph Beuys und Sigmar Polke.
Parallel wurde mit dem seit 1970 erstellten Ranking wieder eine Liste der 100 Aufsteiger des Jahres veröffentlicht. Hier setzt sich der schon länger beobachtete „Einzug der Frauen in die Kunstwelt“ („Capital“) fort. Sieben der Top-Ten-Aufsteigerinnen sind Frauen. Auf Platz 1 die Koreanerin Haegue Yang, die seit 2017 als Professorin an der Frankfurter Städelschule lehrt, auf Platz 2 und 3 die Polin Alicja Kwade und die Italienerin Anna Maria Maiolino – beide arbeiten in Berlin. Auf Platz 8 findet sich die Düsseldorferin Katharina Sieverding. So zeigen die Rankings, in welchem Maß die Bundeshauptstadt auch Kunstmetropole ist.
Der Mensch liest gerne Listen. Gerade in der Kunstwelt sind Rankings beliebt, vielleicht ja deshalb, weil der Wert von Kunst sich eben nicht im Verkaufswert erschöpft. Teuerster lebender Künstler war in den letzten Jahren immer Jeff Koons, mit dem Auktionsrekord für sein „Balloon Dog (Orange)“, der 2013 bei Christie’s in New York für 58,4 Millionen Dollar unter den Hammer kam. Vor wenigen Tagen wurde er von David Hockney getoppt, dessen „Portrait of an Artist (Pool with Two Figures)“, ebenfalls bei Christie’s, für 90,3 Millionen Dollar versteigert wurde – an einen unbekannten Käufer.
Angeführt wird der Kunstindex 2017, den der Ökonom und Kunstforscher Roman Kräussl im April für das „Manager Magazin“ ermittelt hatte, allerdings von längst gestorbenen Meistern. Auf Platz 1: Leonardo da Vinci, dessen für den Louvre Abu Dhabi erworbenes Gemälde„Salvator Mundi“ alleine 450 Millionen Dollar wert ist – das nach wie vor teuerste jemals ersteigerte Werk. Frauen spielen im Topsegment des Kunstmarkts übrigens keine Rolle. Unter den Top 50 beim Kunstindex 2017 tauchen sie nicht auf. Erst auf Platz 51 findet sich die 1992 gestorbene amerikanische Expressionistin Joan Mitchell, mit einem Auktionsumsatz von 31 Millionen Dollar.
Es gibt auch Neuentwicklungen
Ein aktuelles Kunstranking veröffentlicht auch die Zeitschrift „Monopol“ in ihrer Dezember-Ausgabe, eine Top-100-Liste der einflussreichsten Persönlichkeiten in der Kunstwelt. Hier findet sich der Fotokünstler Wolfgang Tillmans auf Platz eins – wobei keine Jury entscheidet, sondern die Redaktion der Zeitschrift in enger Zusammenarbeit mit Kunstexperten und nach Auswertung von Ausstellungs-, Biennalen- oder Messe-Teilnahmen. Zu den Top 10 zählen neben Sonia Boyce, Nan Goldin und Kerry James Marshall auch der Kurator Max Hollein, seit August Chef des New Yorker Metropolitan Museum, sowie die Schweizer Sammlerin und Mäzenin Maja Hoffmann.
Vergleicht man die jüngsten Rankings, lassen sie sich wie kommunizierende Röhren betrachten. Bei dem vor zwei Wochen veröffentlichten „Power 100“-Ranking des britischen Kunstmagazins „ArtReview“, das ebenfalls den Einfluss in der Kunstwelt misst, schaffte es der Galerist David Zwirner auf Platz eins. Er vertritt unter anderem Wolfgang Tillmans. Der US-Künstler Kerry James Marshall, der sich kritisch mit den historischen Erfahrungen der Afroamerikaner befasst, fand sich auf Platz 2. Auf Platz drei rangierte die MeToo-Bewegung – mal was Neues im Karussell der big names.
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