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Schluss mit Sexismus. Me-Too-Demonstration in New York, 2017.
© Erik Mcgregor/dpa

Kunstranking „Power 100“: Magazin wählt #MeToo-Bewegung zu Mächtigen der Kunstwelt

Die #MeToo-Kampagne prangert Sexismus und Machtmissbrauch an. Das Kunstranking „Power 100“ zählt sie zu den einflussreichsten Figuren der Kunstwelt - ein Novum für eine gesellschaftliche Bewegung.

Die weltweite #MeToo-Bewegung erschüttert das Machtgefüge der Kunstwelt - so sieht es zumindest das britische Kunstmagazin „ArtReview“. Die Kampagne gegen sexuelle Übergriffe landete in diesem Jahr auf Platz drei ihres jährlichen Kunstrankings „Power 100“. Es ist ein Gradmesser für Macht und Einfluss in der internationalen Kunstszene.

Die Aufnahme einer gesellschaftlichen Bewegung ist ein Novum. "#MeToo veränderte das Klima, in dem Kuratoren ausgewählt, Preise verliehen und Ausstellungen konzipiert werden", heißt es in einer Erklärung der Jury. "Die Bewegung ist Vorreiter eines Modells, in dem Macht von jenen kontrolliert wird, die davon ausgeschlossen sind". Letztes Jahr kürte bereits das "Time Magazin" die Bewegung zur "Person des Jahres". Es würdigte #MeToo als Katalysator für eine der schnellsten Veränderungen in unserer Kultur seit den 1960er Jahren.

Die durch die Affäre um den Hollywood-Film-Produzenten Harvey Weinstein ausgelöste Bewegung führte in der Kunstwelt zu Rücktritten von Kunstmanagern und hitzigen Debatten. Knight Landesman, Mitherausgeber des wichtigsten amerikanischen Kunstmagazins "Artforum", wurde von mehreren Frauen der Belästigung bezichtigt. Er gab seinen Posten auf, behielt aber seine Anteile. Benjamin Genocchio musste aufgrund von Belästigungsvorwürfen als Direktor der Messe Armory Show zurücktreten. Der in New York lebende Kurator Jens Hoffmann wurde gleich von mehreren Museen und Organisationen ausgeschlossen, nachdem derartige Vorwürfe gegen ihn bekannt wurden.

Außerdem entfachte #MeToo in vielen Museen eine Debatte, welche Kunst gezeigt werden darf. Städel-Direktor Philipp Demandt warnte vor einer Einschränkung der Kunstfreiheit. Die Diskussion über die Neubewertung des Kanons und der angemessenen Darstellung von Frauen und ihren Körpern beginnt gerade erst. Wo zieht man Grenzen zwischen Autor und Werk, offener Interpretation und kritisch-feministischer Auslegung, letztlich Kunst und Politik?

Liste drückt den Wunsch nach neuen Stimmen aus

Anführer der „Power 100“ ist 2018 der deutsche Mega-Galerist David Zwirner mit seinen Dependancen in New York, London und Hong Kong. Er belegt seit Jahren Plätze in der Spitzengruppe der „Power 100“. Von Rang 68 auf Platz zwei schoss der in den USA gefeierte Künstler Kerry James Marshall. Er setzt sich kritisch mit den historischen Erfahrungen von Afroamerikanern in den USA auseinander.

„Die diesjährige Liste reflektiert die Idee, dass Kunstgeschichte viel komplizierter ist als sie allgemein präsentiert wird“, sagte Rappolt. Das Ranking zeige auch den Wunsch, neue Stimmen in der Kunst zu hören, die vom Diskurs bisher ausgeschlossen waren.

Die deutsche Videokünstlerin Hito Steyerl, die 2017 Platz eins der „Power 100“ belegte, rutschte auf Rang 4. Adam Szymczyk, künstlerischer Leiter der documenta 14 im vergangenen Jahr, stürzte von Platz vier auf Rang 58 ab.
Der chinesische regimekritische Künstler Ai Weiwei kletterte von Platz 13 auf Rang fünf. Auch die Schweizer Galeristen Iwan & Manuela Wirth (6) und der Schweizer Kurator Hans Ulrich Obrist (7) gehören wieder zu den Top Ten der Kunst.

Die „Power 100“ werden von einer 30-köpfigen anonymen Jury erstellt und basieren laut „ArtReview“ auf einer fundierten Analyse der Machtverhältnisse in der zeitgenössischen Kunstwelt. Aufgenommen in die in der Kunstszene ebenso umstrittene wie aufmerksam verfolgte Rangliste werden Künstler, Galeristen, Kuratoren, Museumsdirektoren, Sammler und Kunsttheoretiker. (mit dpa)

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