Luc Bessons „Valerian: Die Stadt der tausend Planeten“: Rettet die Echse!
Surreal im All: Luc Bessons Sci-Fi-Blockbuster „Valerian: Die Stadt der tausend Planeten“ überzeugt durch Kreativität und Ironie.
Im Jahr eins nach dem Tod von David Bowie gibt es wohl kaum eine abgegriffenere Vorspannmusik für einen Science- Fiction-Film als „Space Oddity“. Und doch zieht einen die von der Major-Tom- Ballade untermalte Chronik interstellarer Begegnungen – vom russisch-amerikanischen Rendezvous im Erdorbit 1975 bis in die Filmgegenwart des 28. Jahrhunderts – sofort in den psychedelisch bunten Bilderrausch von Luc Bessons „Valerian: Die Stadt der tausend Planeten“.
Mit der Verfilmung des von 1967 bis 2010 in etlichen Bänden erschienenen Kultcomics von Jean-Claude Mézières und Pierre Christin hat sich der französische Regisseur einen alten Traum erfüllt. Vor 20 Jahren arbeitete er bei „Das fünfte Element“ mit Mézières zusammen, der ihn zu einer „Valerian“-Adaption ermutigte. Besson hielt die Tricktechnik aber noch nicht für ausgereift genug, um die haarsträubenden Abenteuer des durch Raum und Zeit reisenden Geheimagenten und seiner Kollegin Laureline adäquat auf die große Leinwand zu übertragen. Doch seit James Cameron 2009 in „Avatar“ das Ökosystem eines fremden Planeten frappierend detailliert ins Kino brachte, war klar, dass jetzt die technischen Standards für die Alien-Artenvielfalt und die phantasmagorischen Weltraumstädte der „Valerian“-Comics gegeben sind.
Alles ist durchzogen von einem süffisanten Unernst
Der Plot ist typischer Sci-Fi-Hokuspokus und wohl nicht das zentrale Anliegen des Films: Der paradiesische Planet Mül, eine Traumstrandvariante der Dschungelwelt aus „Avatar“, gerät zwischen die Fronten eines intergalaktischen Krieges, seine Bevölkerung gilt als ausgerottet. Ein Überlebender des Mül-Untergangs, eine possierliche Echse, die Energiekugeln ausbrütet, wird von diversen Interessengruppen gejagt. Um eine kosmische Katastrophe zu verhindern, müssen Valerian (Dane DeHaan) und Laureline (Cara Delevingne) das Tierchen seinen rechtmäßigen Besitzern zuführen.
Schauplatz des bis zur Unübersichtlichkeit turbulenten Geschehens ist Alpha, ein künstlicher Himmelskörper für Millionen Bürger verschiedenster Weltraumrassen. Faszinierend ist nicht nur der überbordende Ideenreichtum des Films, sondern auch, wie Besson der Handlung und den Dialogen eine ironische Färbung verleiht, ohne den visuellen Sog abreißen zu lassen. Es gibt irrwitzige Verfolgungsjagden auf einem virtuellen Weltraumbasar und in den diversen Biotopen von Alpha, eine hinreißende Tanzszene, in der sich Pop-Superstar Rihanna als Alien-Kurtisane durch ein Repertoire erotischer Klischees (Krankenschwester, Schulmädchen, Geisha) formwandelt, während ein enthemmter Ethan Hawke ihren Zuhälter mimt, oder auch ein bizarres kulinarisches Ritual mit der entführten Laureline als Hauptgang. All dies ist von einem süffisanten Unernst durchzogen, passend zum surrealen Spirit der Comicvorlage.
Der bislang teuerste europäische Kinofilm
Die Rollenverteilung zwischen dem stoffeligen Titelhelden und seiner rhetorisch wie intellektuell überlegenen Kollegin war in den Sechzigern maßstabsetzend und dürfte George Lucas (der sich bei „Valerian“ bedient hat) zu seiner „Star Wars“-Figurenkonstellation inspiriert haben. Die Wahl der Hauptdarsteller, beide (noch) keine A-Klasse-Prominenz, ist für ein Projekt dieser Größenordnung mutig. Dane DeHaan ist sicher nicht der nächste Leonardo Di Caprio, den Luc Besson in ihm zu sehen glaubt. Dafür überzeugt Cara Delevingne als Laureline umso mehr – was nach ihrem desaströsen Auftritt im Superheldenflop „Suicide Squad“ nicht unbedingt zu erwarten war.
Mit einem Budget von fast 200 Millionen Euro ist „Valerian“ der bislang teuerste europäische Kinofilm und spielt in der Preisklasse von Hollywood-Blockbustern wie „Rogue One“ oder „Guardians of the Galaxy 2“. Zumindest in Sachen Kreativität lässt Besson die Science-Fiction- Konkurrenz alt aussehen.
In 20 Berliner Kinos. OV: Zoo Palast, Cinestar Sony-Center, Cineplex Neukölln Arcaden
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