Im Kino: „Guardians of the Galaxy 2“: Remmidemmi im Weltraum
Waschbären und Baumbabys: Marvels skurrile Superheldentruppe kehrt zurück ins Kino. „Guardians of the Galaxy 2“ setzt auf Reizüberflutung, um inhaltliche Schwächen zu kaschieren.
Stan Lee ist bereits 94 und kein Schauspieler. Und doch ist er regelmäßig auf der Leinwand zu sehen: Wenn im Superheldengetümmel des „Marvel Cinematic Universe“ (MCU) der schnauzbärtige Senior auftaucht und knarzige One-Liner zum Besten gibt, jubeln die Fans. Stan Lee hat in den sechziger Jahren als Autor und Herausgeber des Marvel-Verlags Comic-Ikonen wie Spider-Man, X-Men und die Avengers erfunden. Nun ist er gewissermaßen das Maskottchen der Marvel-Kinofilme.
Auch in der Fortsetzung von „Guardians of the Galaxy“ hat Lee seinen obligatorischen Kurzauftritt. Genauer gesagt, sogar zwei. Und das ist auch schon symptomatisch für den ganzen Film, der in dem Versuch, das Erfolgsrezept in allenfalls homöopathischen Dosen zu verändern, eher auf das Prinzip der Wiederholung von Bewährtem statt auf Risiko und Originalität setzt. So kann er die hohen Erwartungen, die der erste Teil des Weltraum-Ablegers im Marvel-Universum schürte, nicht erfüllen.
Obwohl wieder viel auf dem Spiel steht – für die Helden, für das Universum und nicht zuletzt für Marvel –, strahlt der Plot Beliebigkeit aus. Diesmal sind die Parallelen zu „Star Wars“ sogar noch deutlicher. Zwischen zahllosen Nebenscharmützeln findet Weltraumhallodri Peter Quill (Chris Pratt) endlich seinen Vater (Kurt Russell) wieder, der sich allerdings als planetenbedrohendes Überwesen herausstellt. Also reaktiviert er die „Guardians“ mit dem renitenten Waschbär Rocket, der Amazone Gamora (Zoe Saldana), dem grobschlächtigen Drax (Dave Bautista) und dem als tollpatschigem Baby wiedergeborenen Baumwesen Groot.
Mit den „Guardians“ ging Marvel einst ein Risiko ein
Das ist kurzweilig und amüsant, wirkt aber auch ziemlich kalkuliert. Gerade die aus dem ersten Film bekannten, hier aber wie nach Auswertung einer Marktforschungsstudie eingesetzten Stilmittel verderben einem die Freude. Das Publikum steht auf Tanzszenen mit 70er-Jahre-Hits? Also her damit, am besten in der sinnfreien, aber toll aussehenden Kombination mit dem für Chaos sorgenden Baby-Groot - einem unverhohlenen Versuch, für das wichtige Merchandise-Geschäft neue Zielgruppen zu erschließen –, während im Hintergrund ein Kampf mit einem Tentakelmonster stattfindet. Diese Art von Redundanz durchzieht den ganzen Film, nicht zuletzt in den holzhammerartig kalauernden Wortgefechten.
Als „Guardians of the Galaxy“ vor drei Jahren ins Kino kam, gingen die Macher einige Wagnisse ein: Nach der Vorlage eines obskuren Science-Fiction-Comics aus den siebziger Jahren schickte Regisseur und Drehbuchautor James Gunn ein Ensemble mäßig bekannter Darsteller ins Rennen, um eine heterogene Gruppe skurriler Antihelden zu verkörpern. Die einzigen Stars Bradley Cooper und Vin Diesel waren im Film nur zu hören, sie liehen einem Waschbären und einem Baumvieh mit limitiertem Wortschatz („I am Groot“) ihre Stimmen. Chris Pratt, der bis dahin nur als Sidekick aufgefallen war, katapultierte der Erfolg in die erste Hollywood-Liga. Ungewöhnlich für Marvel-Verhältnisse war auch die gelungene Balance zwischen Action und Klamauk. Der Film funktionierte sowohl als eine an „Star Wars“ angelehnte Weltraumoper wie auch als mit Pop-Referenzen gesättigte Superheldensatire.
Mit einem Einspielergebnis von über 800 Millionen Dollar rangiert „Guardians of the Galaxy“ zwar nur im Mittelfeld der bisher 14 Marvel-Filme, dem erfolgreichsten Franchise der Kinogeschichte . Die innere Logik der mit neuen Superheldenfiguren und Nebenplots stetig komplexer werdenden Meta-Erzählung des Marvel-Universum steht allerdings auf tönernen Füßen. Auch wenn bei Marvel-Chef Kevin Feige wie beim Showrunner einer Fernsehserie alle Fäden zusammenlaufen, gibt es Ausrutscher. So tauchte die Schauspielerin Alfre Woodard 2016 sowohl im Kinofilm „Captain America: Civil War“ wie auch in der Marvel-TV-Serie „Luke Cage“ auf – allerdings in verschiedenen Rollen. Kein Wunder, dass ein mancher inzwischen den Überblick verloren hat: Neben den Kinofilmen gibt es mittlerweile sechs vom „Marvel Cinematic Universe“ abgeleitete Fernsehserien mit jeweils eigenem Personal.
Alles in überwältigender CGI-Optik
Den extraterrestrischen Schauplätzen geschuldet, bleibt die Anbindung der Guardians an das restliche Marvel-Universum auch im zweiten Film vage. Dafür ist alles noch größer, bunter, lauter, wenn sich in schneller Taktung Raumschiffabstürze, interplanetare Verfolgungsjagden, Martial-Arts-Kämpfe, Schießereien und Slapstick abwechseln. Alles in überwältigender CGI-Optik.
Natürlich gehört Reizüberflutung zum Prinzip des Blockbusterkinos, sie ist auch ein bewährtes Mittel, um inhaltliche Schwächen zu kaschieren. Aber im Gegensatz zu dem nach ähnlichem Muster konzipierten, aber wesentlich unsympathischeren Superheldenfilm „Suicide Squad“ von der Konkurrenz DC muss man im Fall von „Guardians of the Galaxy 2“ geradezu bedauern, wie leichtfertig das Potenzial dieser intergalaktischen Spaß-Guerilla vergeudet wird.
Ab Donnerstag in 22 Berliner Kinos
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität