OP-Technik: Navigationsgerät für das Skalpell
Der Computer berechnet anhand der Navigationspunkte eine "Routenempfehlung"
Navigationstechnik im OP? Dabei geht es nicht um GPS-geleitete Fahrzeuge, sondern um die Möglichkeit, das Hüft- oder Kniegelenk so genau zu vermessen, dass der Operateur die Prothese mit hoher Präzision einpflanzen kann. Diese Technik hält seit einiger Zeit in der orthopädischen Chirurgie Einzug. So auch bei Johannes Knipprath, Leiter des Zentrums für Gelenkersatz am St. Marien-Krankenhaus Lankwitz. Bei zwei Dritteln der rund 3000 Prothesen, die er bisher implantiert habe, sei diese Methode im Einsatz gewesen, sagt er. Die Technik sei genauer als der herkömmliche Weg, wo sich der Chirurg an den vorher angefertigten Röntgenaufnahmen des Gelenks orientiert. Beispiel Knie-OP: Die Vorbereitung des Gelenks für die Navigationstechnik erfolgt erst während der Operation. Nach einem Schnitt in die das Knie bedeckende Haut schiebt der Operateur Muskulatur und Kniescheibe zur Seite und legt das Kniegelenk frei. Dann wird zunächst die natürliche Gelenkposition mithilfe von zwei Infrarotsendern auf dem Ober- und Unterschenkel vermessen. Dabei entsteht eine exakte »Landkarte« des Knies, die auf einem Computerbildschirm dargestellt wird - deshalb der Begriff Navigation. Auf dieser Karte orientiert sich der Chirurg mithilfe des Computers und mithilfe der mit Infrarotsendern bestückten Instrumente. Der Computer berechnet anhand der Navigationspunkte eine »Routenempfehlung«, wo und wie die natürlichen Knochen abgetragen werden müssen, um die Kunstgelenk-Komponenten nach dem biologischen Vorbild zu platzieren. Dadurch bleiben die natürlichen Bewegungsachsen erhalten. Zugleich können Fehlstellungen des Gelenks - zum Beispiel die umgangssprachlich X-Beine genannte Valgus-stellung - korrigiert werden. Was bringt diese Technik dem Kranken? Kurzfristige Verbesserungen habe er schon selbst bei seinen Patienten registrieren können, sagt Chefarzt Knipprath. So sei die Quote derjenigen, die nach dem Eingriff unter dem - bei herkömmlichen Operationen häufig auftretenden - vorderen Knieschmerz leiden, deutlich gesunken. Dieser vorübergehende Schmerz tritt auf, wenn der am Oberschenkel angebrachte Teil der Prothese, die sogenannte Femurkomponente, nicht exakt gleich wie zuvor das natürliche Gelenk auf dem am Schienbein eingepflanzten Gegenstück, der Tibiakomponente, rotiert. Doch zunächst einmal ist die höhere Präzision bei der Prothesenplatzierung ein Wert an sich. Denn ob diese auch zu langfristig besseren Operationsergebnissen gegenüber der herkömmlichen Methode führt - also eine längere Lebensdauer der Prothese und eine langfristig höhere Lebensqualität für den Patienten -, könne man erst sagen, wenn die mit dieser Methode eingepflanzten Prothesen die für bisherige Implantate normale Lebensdauer erreicht haben, sagt Knipprath. Also in etwa zehn Jahren. Das könnte ein Grund dafür sein, dass viele Operateure auf diese Technik bisher verzichten. Der andere mag der finanzielle Aufwand sein. Das nötige Equipment koste um die 90.000 Euro, sagt Knipprath.
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