Bewegung: Aufpumpen
Ein regelmäßiges Training schützt vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Doch was nützt und was überfordert? Wir stellen HERZGESUNDEN SPORT vor.
Wer sich regelmäßig sportlich bewegt, verbessert seine Herz-Kreislauf-Funktion. Denn bei körperlicher Anstrengung schlägt das Herz häufiger und pumpt mehr Blut in den Körper und der Herzmuskel wird trainiert. Auch Herzkranke sollten sportlich aktiv sein, sagt Heribert Brück, Herzspezialist und Sprecher des Bundesverbands niedergelassener Kardiologen (Foto). Denn regelmäßiger Sport senkt bei verkalkten Herzkranzgefäßen, bei Bluthochdruck und bei einer chronischen Herzschwäche das Risiko für einen plötzlichen Herztod. Bei einigen Sportarten können abrupte Überlastungen die Gesundheit des Herzens jedoch auch gefährden. Wir stellen vor, welche Sportarten herzgesund sind und bei welchen Vorsicht geboten ist. Sport sollte Spaß machen, weil dann die Chance am größten ist, dass er auch auf Dauer ausgeführt wird - sei es Schwimmen, Wandern oder Fahrradfahren. Wichtig ist es, sich auch Pausen zu gönnen. Man müsse für seine Gesundheit nicht jeden Tag Sport treiben, sagt Brück. Das gilt besonders für Kranke, die Zeit brauchen, um sich zu regenerieren. Herzpatienten sollten bei jeder Art von Sport vorsichtig sein und sich vor dem Trainingsbeginn medizinisch untersuchen lassen, um abzuklären, welche Belastungsstärke angemessen ist und was überfordert.
Nordic Walking
Wer unter Einsatz von zwei stützenden Stöcken sportlich geht, betreibt Nordic Walking. Das Gehen mit Stöcken hat den Vorteil, dass dabei auch die Arme bewegt werden. So werden nicht nur die Beinmuskeln, sondern auch die Muskeln des Oberkörpers und der Arme beansprucht - ein Ganzkörpertraining. Auch wer unter einer Herzschwäche leidet, kann beim Nordic Walking mit langsamer Geschwindigkeit effektiv trainieren und die körperliche Belastbarkeit steigern. Außerdem verleihen die Stöcke eine zusätzliche Sicherheit in der Bewegung.
Cadiotraining
Wenn es draußen regnet, zu warm oder zu kalt ist, sind Cardio Fitnessgeräte eine gute Möglichkeit, trotzdem regelmäßig Ausdauer und Herz zu trainieren - auf dem Crosstrainer, dem Indoor Fahrrad oder ähnlichen Geräten. An diesen kann man den Herz-Kreislauf dann besonders gut trainieren, wenn man starke und schwache Belastungen abwechselt. Die Empfehlung des Kardiologen: Zuerst vier Minuten lang mit einer geringeren Geschwindigkeit das Cardiotraining beginnen und dann drei Minuten mit hoher Geschwindigkeit laufen oder fahren, je nachdem, welches Gerät man benutzt. Diese Abfolge sollte man etwa vier Mal wiederholen, sagt Brück: »Heute wissen wir, dass auch Herzkranke davon profitieren, sich kurzfristig stärker zu belasten. Dies sollte aber zunächst unter ärztlicher Kontrolle geschehen.« Für ein Ausdauertraining empfiehlt Brück, grundsätzlich auf einem Niveau von 60-70 Prozent der maximalen Herzfrequenz zu bleiben. Dieses Maximum ist jedoch individuell verschieden, es hängt vom Alter ab und auch davon, ob und welche Medikamente man nimmt. Deshalb sollte der Frequenzbereich vor dem Trainingseinstieg auch von einem Arzt mit einem Belastungs-EKG ermittelt werden, rät Brück.
Wandern
Wandern verbrennt nicht nur Kalorien, es senkt auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Am besten wirkt es, bei einem individuell angemessenen Tempo, um nur mäßig außer Atem zu kommen. Denn schon bei einer geringen Anstrengung des Körpers wird die Pumpleistung des Herzens erhöht. Das ist gesund, denn die Blutgefäße bleiben elastisch, Ruhepuls und Blutdruck sinken langfristig. Wandern ist besonders für Herzpatienten ein geeigneter Sport, weil kaum die Gefahr der Überanstrengung besteht. Dazu komme noch der positive Effekt, dass man dabei die Natur und Umgebung genießen kann, was zu einer zusätzlichen Entspannung führe, sagt Brück.
Radfahren
Beim Radfahren werden nicht nur die Beine beansprucht. Auch das Herz wird trainiert, wenn man in die Pedale tritt. 33 gefahrene Kilometer pro Woche genügen bereits, um das Risiko für koronare Herzkrankheiten zu halbieren. Auch zum Abtrainieren von Übergewicht sowie zur Senkung des Bluthochdrucks und dem eigenen Herzinfarktrisiko eignet sich dieser Ausdauersport besonders. Schon bei einer Stunde gemütlichen Radfahrens verbrennt ein Mensch mit 70 Kilogramm Körpergewicht um die 300 Kalorien, so viel wie ein Buttercroissant oder 100 Gramm Pommes - ein guter Grund, ab und an aufs Rad zu steigen statt Auto oder Bus zu fahren. Wer das Radfahren zum Beispiel auf dem Weg zur Arbeit in den Alltag integriert, tut nebenbei auch immer etwas für Herz und Figur.
Kraftsport
Ausdauersportarten sind nicht die einzigen Tätigkeiten, die bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen positive Effekte haben. Auch Kraftsportarten, zum Beispiel in Form von Gymnastikübungen oder Hantel- und Gerätetraining, fördern das Herz-Kreislauf-System. Denn auch beim Kraftsporttraining steigt der Sauerstoffverbrauch des Körpers, was dazu führt, dass der Körper Systeme aktiviert, die diesen Mehrbedarf an Sauerstoff decken können. Bei der Belastung steigt die Durchblutung der Muskulatur. Außerdem wird der Stoffwechsel aktiviert, was sich günstig auf den Blutzucker auswirkt, sagt Brück.
WENIGER GEEIGNET
Joggen
Wie auch beim Radfahren, Wandern und Nordic Walking werden beim Joggen Körper und Herz trainiert. Beim Joggen steigt die Herzfrequenz jedoch höher an als bei anderen Ausdauersportarten, was eventuell gefährlich werden kann. Patienten mit einer ausgeprägten Herzschwäche oder einer Herzrhythmusstörung sollten deshalb vorsichtig sein und bestenfalls eher wandern, sagt Brück. Wenn die Herzerkrankung stabil ist, also keine Beschwerden bestehen, ist für die Betroffenen unter Umständen auch Joggen nicht schädlich. Wichtig ist, die Leistung nur langsam zu steigern und den Körper gut zu beobachten.
Mannschafts- und Ballsportarten
Ballsportarten wie Fußball, Handball oder Volleyball sind beliebte Sportarten. Denn in der Gruppe macht Sport häufig mehr Spaß als allein. Für Herzpatienten sind diese hektischen Sportarten jedoch nicht ungefährlich - wenn man beispielsweise noch schnell dem Ball hinterher hastet, um ihn nicht ins Aus gehen zu lassen. Nur wer keinen zu großen Ehrgeiz an den Tag legt, kann Fußball oder Volleyball spielen. Die Gefahr bei diesen Sportarten sieht der Kardiologe Brück darin, dass die kurzen und heftigen Belastungssteigerungen und auch die möglicherweise heftigen Ball- oder Körperkontakte ein Risiko sein können.
Extremer Ausdauersport
Wandern, Radfahren, Joggen - Ausdauersport verbessert unsere Herz-Kreislauf-Funktion. Sport ist aber auch eine Frage der Dosis und nicht jede Art von Belastung ist gut für unser Herz. Extremer Ausdauersport - mehrstündiges intensives Training - führt zu strukturellen Veränderungen, zum Beispiel zu kleinen Vernarbungen im Herzmuskel, die Herzrhythmusstörungen begünstigen. Dann sei das Risiko höher, während des Sports eine Herzrhythmusstörung zu bekommen, sagt Brück.
Mehr zum Thema lesen Sie im Magazin für Medizin und Gesundheit in Berlin "Tagesspiegel Gesund - Die besten Ärzte für Herz & Kreislauf".
Weitere Themen der Ausgabe: Sport. Welches Training tut ihrem Herz gut?; Stress kann krank machen - und trifft oft die Armen der Gesellschaft; Cholesterin. Über die guten und schlechten Seiten des Blutfetts; Navigator. Routenplaner zum gesunden Herzen; Bypass-OP. Eine Reportage aus dem Operationssaal; Herztransplantation. Das lange Warten auf den Spender; Lebensrettung. Wie ein Patient einen Herzanfall überlebte; Herzklappen, die man per Katheter durch die Adern schiebt; Herzkatheter. Ein Stent wird eingesetzt; Metabolisches Syndrom. Jugendliche lernen in der Adipositas-Ambulanz, nein zu sagen; Herzreha. Lernziel: Lebensstil radikal ändern; Telemedizin. Wenn der Arzt virtuell zum Hausbesuch kommt; Beininfarkt. Gefäßverschlüsse können gefährlich sein; Krampfadern. Erfolgreich therapieren; Thrombose. Ursachen und Behandlung; und außerdem in übersichtlichen Tabellen: Kliniken und Ärzte im Vergleich
Gwendolin Gurr