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1973: Der Andrang ist groß. Menschenmassen strömen zur Eröffnung der Internationalen Funkausstellung in Berlin.
© Messe Berlin

Technik im Wandel: Die Geschichte der IFA

Der erste Fernseher, Spott von Albert Einstein, “Goebbels Schnauze” und teure Handy-Knochen. Die IFA hatte bisher einige Highlights zu bieten - hier erfahren Sie welche.

Kaum ein Event spiegelt den Wandel technischer Innovationen so eindrucksvoll wider, wie die Internationale Funkausstellung in Berlin. In ihrer fast hundertjährigen Geschichte präsentierte die IFA nicht nur technische Geräte, sondern auch große Errungenschaften wie beispielsweise das Farbfernsehen, Stereofonie oder virtuelle Realitäten. Was für Innovationen es sonst noch gab und welche Premieren vor laufenden Kameras einen fulminanten Fehlstart hinlegten, erfahren Sie in unserer großen IFA-Chronik.

Die 20er Jahre: Am Anfang war das Radio

Am 4. Dezember 1924 öffnete die “Große Deutsche Funkausstellung” am Messedamm in Berlin Westend erstmals ihre Tore. Wo sich heute die Messehalle 14 und der Eingang Ost befinden, wurde anlässlich des großen Messeauftaktes extra das “Haus der Funkindustrie” erbaut. Zu den Highlights im Eröffnungsjahr gehörten vor allem Radiogeräte. Daneben wurden auch Detektoren, Kopfhörer oder das weltweit erste Zugtelefon vorgestellt. Im selben Jahr begann der Bau des dringend benötigten Funkturms, der allerdings erst zwei Jahre später fertigestellt werden sollte.

Vier Jahre später wurden gleich zwei Weltsensationen vorgestellt, welche die Freizeitbeschäftigung kommender Generationen für immer verändern sollten. Telefunken präsentierte 1928 mit dem neuesten Prototypen des deutschen Physikers August Klarolus ein Fernsehgerät mit einer Bildgröße von sagenhaften acht mal zehn Zentimetern.

Der ungarische Kollege Dénes von Mihály und sein “Telehor” schauten leider in die Röhre: Obwohl der Fernseher für den Verkauf bestimmt war, machten die geringe Bildgröße von vier mal vier Zentimetern und der hohe Kaufpreis die neueste Innovation schon bald zum Ladenhüter.

Die 30er Jahre: Von kleingeistigen Kühen und “Goebbels Schnauze”

Die ersten Schritte in die 30er Jahre wurden von keinem geringeren als Albert Einstein begleitet, der die Funkausstellung am 22. August 1930 mit einer Rede eröffnete, die auch via Radio übertragen wurde. Für Aufsehen sorgte die Ansprache dank der wohl eloquentesten Beschimpfung, die es bis dato im deutschen Rundfunk zu hören gab: “Sollen sich auch alle schämen, die gedankenlos sich der Wunder der Wissenschaft und Technik bedienen und nicht mehr davon geistig erfasst haben, als die Kuh von der Botanik der Pflanzen, die sie mit Wohlbehagen frisst.” Gegen wen konkret sich dieser “Diss” richtete, hat der Nobelpreisträger leider nicht verraten.

Die 30er Jahre bescherten den Besuchern darüber hinaus die ersten Autoradios, verbesserte Fernseh- und Radiogeräte, Fernsehkameras und das weltweit erste Tonbandgerät “Magnetophon K1”. Die Funkausstellung wurde in den folgenden Jahren auch politisch instrumentalisiert. Dies zeigte sich vor allem ab 1933. Die technische Innovationen “Volksempfänger VE 301” wurde von Joseph Goebbels höchstselbst in Auftrag gegeben und diente dem NS-Regime in erster Linie als wichtiges Propaganda-Werkzeug - nicht umsonst bekam das Röhrenradio bald den Spitznamen “Goebbels Schnauze” verpasst.

Die IFA: 1950 bis 1989

1967: Per Knopfdruck in eine neue Ära: Der damalige deutsche Vizekanzler Willy Brandt gibt den Startschuss für das Farbfernsehen. Leider stellte der zuständige Techniker das Signal schon Sekunden vor dem Knopfdruck auf Farbe um.
1967: Per Knopfdruck in eine neue Ära: Der damalige deutsche Vizekanzler Willy Brandt gibt den Startschuss für das Farbfernsehen. Leider stellte der zuständige Techniker das Signal schon Sekunden vor dem Knopfdruck auf Farbe um.
© dpa/ Willi Gutberlet

Die 50er und 60er Jahre: Laut, bunt und in Stereo.

Infolge des Zweiten Weltkrieges legte die Funkausstellung in den 1940er Jahren eine Zwangspause ein und wurde ab den Fünfziger Jahren nur noch alle zwei Jahre in Düsseldorf oder Frankfurt am Main ausgerichtet. Während der Wirtschaftswunderjahre gelüstete es die Massen nach Zerstreuung: UKW-Radios, tragbaren Fernsehgeräte, Vinyl-Schallplatten und Plattenspieler standen hoch im Kurs. 1953 sorgten Fernseher mit einer Bildröhre von sagenhaften 43 Zentimetern für Furore und 1957 überraschte Sony mit dem ersten Transistorradio im handlichen Taschenformat.

Während der “Swinging Sixties” konnten Musikfans ihre Lieblingslieder endlich mithilfe von tragbaren Tonbandgeräten und HIFI-tauglichen Kompaktkasetten konsumieren. Auf der Funkausstellung 1963 legte der Sender Freies Berlin (SFB) den Schalter um und präsentierte seinen Hörern fortan Rundfunk in Stereo. Auch der große Sozialdemokrat Willy Brandt wollte per Knopfdruck eine neue Ära einläuten und am 25. August 1967 um Punkt 10:57 Uhr auf Farbfernsehen umschalten. Die Rechnung wurde allerdings ohne den Techniker gemacht, der das Signal schon Sekunden vor Startschuss auf Farbe umstellte. Zum Glück fiel der Fauxpas kaum auf, da ein Großteil der Zuschauer die Umstellung nur über Schwarz-Weiß-Fernseher verfolgte.  

Die 70er und 80er Jahre: Video killed the Radio Star

In den 1970er Jahren wurde die “Deutsche Funkausstellung” zur “Internationalen Funkausstellung” (kurz IFA) umbenannt und sollte fortan alle zwei Jahre in Berlin stattfinden. Vorbei die Zeiten von Volsempfängern und Radioapparaten: Wer am Puls der Zeit leben wollte, schaffte sich einen der heißbegehrten VCR-Videorekorder für das Wohnzimmer an, die bereits 1971 präsentiert wurden. Dass die Videokassetten damals nur eine Spiellänge von etwa 45 Minuten hatten, kümmerte damals kaum jemanden.

1977 präsentierten ARD und ZDF schließlich den ersten deutschen Tele- oder auch Videotext. Künftig fanden Untertitel für Hörgeschädigte und Informationen zum Tagesgeschehen auf 25 Zeilen mit jeweils 40 Zeichen Platz. Im gleichen Jahr stellte die Deutsche Post sein vielversprechendes Konkurrenzprodukt “Bildschirmtext” (kurz BTX) vor, das Informationen per TV-Gerät und Telefon bereitstellte, aber erst 1983 mittels eines Modems bundesweit genutzt werden konnte. Heute gilt der BTX als Vorläufer des Internets. Der “Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger” (BDZV) befürchtete derweil den Untergang der Printmedien und gründete kurzerhand sein eigenes Text-Programm “Bildschirmzeitung”. Und das Publikum? Das war eher verwirrt.

Die beiden Dekaden bescherten uns darüber hinaus den legendären Walkman von Sony (1979), die ersten CD-Player und CD´s (1981) und das weltweit erste in Serie hergestellte Navigationsgerät “TravelPilot” von Blaupunkt (1989). Und wer hätte gedacht, dass die erste Demonstration für HDTV bereits im Jahr 1985 stattfand? Damals zeigte das europäische EUREKA-Programm die komplette Produktionskette von der Studiotechnik, über Transfer- und Empfangsgeräte bis hin zu hochauflösenden TV-Geräten “mit einem brillanten Bild wie im Kino und einem Ton in CD-Qualität.”

Die IFA: 1990 bis heute

1997: Zocken wird Mainstream. Der japanische Spielehersteller Nintendo stellte auf der 41. IFA seine neueste Konsole "N64" vor.
1997: Zocken wird Mainstream. Der japanische Spielehersteller Nintendo stellte auf der 41. IFA seine neueste Konsole "N64" vor.
© Messe Berlin

Die 90er Jahre: Mobil, digital und poppig

Die 90er wurden von einem kleinen Gerät dominiert, das künftig unser aller Leben verändern sollte: dem sogenannten Handy. Die beiden Mobilfunknetze D1 (Telekom) und D2 (Mannesmann Mobilfunk, später: Vodafone) nahmen bereits 1992 ihren Betrieb auf. Nokia stellte wenig später sein erstes GSM-fähiges Mobiltelefon “Nokia 1011” vor. Und Motorola schickte mit dem “International 3200” ein Funktelefon ins Rennen, das wegen seiner Länge von 33,4 cm später liebevoll als “der Knochen” bezeichnet wurde und für 3.000 DM zu haben war. Was das Schmuckstück zu einem echten Luxusartikel machte, waren die Grundgebühren von damals rund 2.000 DM monatlich - berücksichtigt man die Inflation, entspricht das heute einem Betrag von etwa 1.530 Euro.

Ab Mitte der 90er Jahre zeigte sich die IFA zunehmend als Multimedia-Messe. Der Fokus lag nicht mehr nur auf Rundfunk- und Fernsehgeräten, sondern wurde zunehmend auf digitale Medien und Geräte gelegt. Auf der IFA 1995 wurde das Pilotprojekt “Digital Audio Broadcasting” (kurz DAB) für Deutschland gestartet, welches die digitale, terrestrische Übertragung von Audiosignalen maßgeblich vorantreiben sollte. 1997 gaben ARD und ZDF den Startschuss für Digitales Fernsehen. Auch die Tagesschau thematisierte am 30.08.1997 die multimediale Kombination aus TV-Geräten mit Heimcomputern und fragte kritisch “Wird künftig ein Supergerät alle anderen ersetzen?”.

Die schrille Bespaßungskultur der 90er Jahre wurde auch auf der IFA zelebriert. Die Messestände wurden immer bunter, lauter und zeigten DVD-Player, digitale Camcorder sowie die ersten MP3-Player und Plasma-Fernseher. 1997 war mit dem japanischen Unternehmen Nintendo erstmals ein Videospiel-Hersteller auf der IFA vertreten, um seine neue Spielkonsole “N64” vorzustellen. Der Popkultur entsprechend flanierten die Synthie-Gruppe Depeche Mode sowie die Boyband N´SYNC im gleichen Jahr über das IFA-Gelände. Die neuesten Technik-Sensationen wurden fortan von Tanzgruppen in knallbunten Kostümen präsentiert, während von den Messeständen Eurodance-Musik wummerte.

2000er Jahre: Wer HD sagt, muss auch digital sagen.

Im neuen Jahrtausend widmete sich die IFA weiterhin der digitalen Übertragung von Video- und Radio-Inhalten - bei Kennern auch als “Digital Video Broadcasting” (kurz DVB) bekannt. Neben DVB-S (Satellitenfernsehen) und DVB-T (Antennenfernsehen) rückte vor allem DVB-H (der digitale Rundfunk via Mobilgerät) immer mehr in den Fokus. Die Übertragungskanäle wurden immer schneller und präziser, die Bildschirme immer flacher und die Bildschärfe dank HD-, LCD- und SED-Technologien immer schärfer. Zu all den futuristisch Abkürzungen gesellte sich bald die viel melodischer klingende “Blu-ray”-Disc (zu Deutsch: blauer Strahl), welche ihren Namen dem violetten Laserstrahl zu verdanken hat, mit dem das Speichermedium ausgelesen wird.

Während der 2000er Jahre war die digitale Revolution bereits im vollen Gange. Dank Social Media, ICQ, YouTube und Online-Games bewegten sich junge Menschen mit einer Selbstverständlichkeit im Netz, die ihnen später den Namen “Digital Natives” (zu Deutsch: digital beheimatet) einbringen sollte. Die breite Masse wollte vor allem mobil und vernetzt durchs Leben laufen und so diente die IFA während der Nullerjahre als Bühne für Digitalkameras, MP3-Player, Smartphones und E-Books. Anfang dieses Jahrtausends wurden die technischen Innovationen in einem Tempo entwickelt, das keine Zeit für Verschnaufpausen duldete: Ab 2006 fand die IFA im jährlichen Zyklus statt.

2010 bis heute: Schöne neue Welt

Seit 2010 setzte sich die IFA schließlich als innovative Messe für elektronische Haushaltsgeräte durch. Während im Home-Entertainment-Bereich neben HDTV vor allem 3D-Fernseher brillierten, wurde die “Weiße Ware” immer leistungsstärker, energieeffizienter und vor allem schlauer. Seit 2016 lassen sich intelligente Kühlschränke und Saugroboter mit Camcorder- und Lausch-Funktion im neu geschaffenen Ausstellungsbereich “Smart Home” bewundern.

In den letzten Jahren präsentierte die IFA vor allem kleine Lebensassistenten wie Smart Watches, Fitness-Armbänder oder Fernsteuergeräte für die eigenen vier Wände, die das digitale Leben perfektionieren sollen. Wer künftig nicht nur sein Haus, sondern auch seine Luftschlösser digital optimieren möchte, kann das via “Virtual Reality” (kurz: VR) tun und in traumähnliche oder wirklichkeitsnahe Welten eintauchen. Der Digitaltourist entscheidet, ob er lieber in eine Fantasy-Welt oder auf den Grund des Ozeans reisen möchte. Welche Möglichkeiten die neuen Technologien mit sich bringen und wie sich ein Kurztrip in die Welt der Nullen und Einsen anfühlt, erfahren interessierte Messebesucher meist im Ausstellungsbereich “IFA NEXT”.

Seit ihren Anfängen vor beinahe einem Jahrhundert diente die IFA als Bühne für die größten technischen Innovationen im Bereich Unterhaltungselektronik. Der Weg von den ersten Radiogeräten hin zur futuristischen VR-Brille war lang. Auch wenn das Erscheinungsbild und vor allem die Größe der technischen Geräte sich im Lauf der Zeit geändert haben - ihre Bestimmung blieb immer die gleiche: Entertainment. Wir dürfen gespannt sein, welche Unterhaltungselektronik uns die Zukunft beschert.

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