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Handy, Handy in der Hand... Freundschaften wollen gepflegt werden, am besten mit Selfies fürs soziale Netzwerk.
© imago

Chatten, liken, streamen: Hilfe, unsere Kinder sind handysüchtig

Was kann man tun, wenn Kinder nicht mehr vom Mobiltelefon lassen können? Frankreich versucht es mit einem Handyverbot an Schulen. Unser Autor hat andere Ideen.

Die Sommerferien gehen zu Ende, langsam trudeln die Kinder wieder ein. Es wäre schön gewesen, zwischendurch mal was von ihnen zu hören. Ein Lebenszeichen. Aber da war weitgehend Funkstille. "Vielleicht schreibst du uns mal eine Postkarte", gab ich Greta mit auf den Weg ins Sommercamp nach Sachsen. "Papa, das ist so Neunziger", sagte meine elfjährige Tochter. "Du weißt schon, dass keine Postkutschen mehr fahren, oder?"

Nur einmal hat sich Emma gemeldet, ein Anruf aus Torquay in Südengland, wo sie mit ihrer besten Freundin einen Sprachkurs besucht hat. "Hallo Papa. Kannst Du mir schnell eine App genehmigen über dein Handy, ist ganz dringend" – "Hallo, Emma, schön dich zu hören, wie geht’s?" – "Ja, gut, ich kann nicht lange sprechen. Ich sitze im Unterricht" – "Schön, mal wieder mit dir zu plaudern …" Ende.

Früher haben wir mit leeren Joghurtbechern telefoniert

Ständig haben sie die Smartphones in der Hand, aber keine Zeit zum Telefonieren. Als wir zusammen im Urlaub waren, mussten wir Eltern sie dauernd ermahnen, die Kopfhörer abzunehmen. "Wisst ihr, womit wir früher gespielt haben?", frage ich. "Wir haben uns Telefone aus leeren Joghurtbechern gebastelt. Ich googel das mal für euch…" Der Wikipedia-Eintrag zum Schnurtelefon (auch Dosen- oder Bindfadentelefon) liest sich spannend: "Der Schall, der in die Öffnung der einen Dose gelangt, regt den Boden der Dose zu Biegeschwingungen an und wird bei gespannter Schnur als longitudinale Welle auf den anderen Dosenboden übertragen und an diesem wieder in leise hörbaren Luftschall gewandelt." Bei den Kindern stößt meine Vorlesung auf mäßiges Interesse.

Die Schulen sollen viele smarte Start-up-Kids heranbilden

Die französische Nationalversammlung hat Ende Juli ein absolutes Verbot von Handys, Tablets und Smartwatches an öffentlichen Schulen verhängt. Die Debatte ist hierzulande schnell im Sommerloch versenkt worden, mit dem Hinweis, im föderalen Bildungssystem lässt sich das flächendeckend sowieso nicht durchsetzen. Wozu auch? Wir wollen ja digital aufholen und viele smarte Start-up-Kids heranbilden.

Aber statt in jeder freien Minute Posts zu liken, zu sharen, streamen, snapchaten oder zu tiktoken, wäre es an der Zeit, mal wieder face-zu-facen und unsere Kinder analog zu grounden. Klar, das Ganze muss gechillt rüberkommen. Ich hätte ein paar Ideen, den Lehrplan zu freshen. Deutsch: Wir schreiben eine Postkarte – offline! Physik: Hotel Echo Alfa Romeo! Wir löten uns ein Funkgerät. Mathe: Kopf oder Zahl? Meine Chancen im Glücksspiel. Religion: Chatten mit Gott – Kopfhörer ab zum Gebet. Kunst: Schöner schreiben mit der Hand. Französisch: Parler d’amour – flirten ohne Tinder.

"Jetzt legt mal die Handys weg und schaut aus dem Fenster", rufe ich meinen Töchtern während unseres Roadtrips durch Spanien zu. "Papa, da draußen sind doch nur vertrocknete Felder." Es gibt wohl Gründe, dass unsere Kinder lieber aufs Display starren.

Postkutschen und andere Techniken des analogen Zeitalters gibt es im Museum für Kommunikation zu sehen. Zur Langen Nacht der Museen am 25.8. wird im Museum durchgetanzt mit Techno-Guru DJ Motte, begleitend zur Ausstellung "Oh Yeah! Popmusik in Deutschland". Infos zum Programm unter mfk-berlin.de

Dieser Beitrag ist auf der Seite "Berlin Familie" erschienen - jeden Freitag im gedruckten Tagesspiegel. Hier geht's zum E-Paper-Abo. Weitere Beiträge zum Thema Familie und Freizeit finden Sie hier.

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