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Am Digitalradio DAB+ scheiden sich die Geister.
© Mascha Brichta/dpa

DAB+ gegen UKW: Landesrechnungshöfe fordern Entscheidung über die Zukunft des Digitalradios

Seit 20 Jahren werden zwei Radiosysteme gefördert - digital und analog. Jetzt soll eins eingestellt werden, fordern die Rechnungshöfe von Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.

Harte Worte für die Freunde des Digitalradios DAB+: Unter der Überschrift „Digitales terrestrisches Radio in der Sackgasse“ konstatiert der niedersächsische Landesrechnungshof in seinem aktuellen Jahresbericht, dass „die Entwicklung und Verbreitung von digitalen Übertragungsstandards für terrestrischen Radioempfang seit mehr als 20 Jahren mit hohen Summen aus dem Rundfunkbeitrag gefördert wird, ohne dass sich das digitale Radio bislang am Markt nachhaltig etablieren konnte“.

DAB steht für Digital Audio Broadcasting. Damit ist es möglich, bei einer Autofahrt quer durch Deutschland einen Radiosender ohne Unterbrechung in hoher Qualität zu empfangen und dabei mit zusätzlichen Verkehrsinformationen versorgt zu werden.

In seinem Fazit mahnt der Rechnungshof eine klare Entscheidung für oder gegen das Digitalradio an. Angesichts der jahrelangen, aber bislang wenig erfolgreichen Förderung und der hohen Kosten für den Doppelbetrieb von UKW und DAB+ erwarten die Landesrechnungshöfe von Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern ebenso wie zuvor schon die Kommission für die Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Sender, dass sich die Beteiligten „entweder auf klare und krisensichere Rahmenbedingungen sowie überschaubare Fristen zum Ersatz von UKW durch DAB+ verständigen oder die Förderung der Verbreitung von DAB+ möglichst umgehend beenden“.

Die beteiligten Parteien, also Bund, Länder, Medienanstalten sowie die Radiobetreiber werden aufgefordert, ihre Kräfte zu bündeln. Die Roadmap für die Transformation des Hörfunks in eine digitale Zukunft müsse konsequenter verfolgt werden.

Eine klare Linie ist auch im Interesse der Digitalradio-Befürworter. Allerdings kommen sie zu einer grundsätzlich anderen Bewertung der Situation. „In Gebieten wie Bayern, Sachsen, Baden-Württemberg und Hessen, in denen DAB seit vielen Jahren verfügbar ist, ist der Point of no Return mit bundesweit über elf Millionen verkauften DAB+-Geräten zugunsten des Digitalradios schon lange überschritten“, sagte Reiner Müller, Stellvertretender Geschäftsführer der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), dem Tagesspiegel.

In Bayern haben 27 Prozent der Haushalte über Digitalradios

Berichte wie jetzt vom niedersächsischen Landesrechnungshof kämen vor allen aus jenen Regionen, die sich bislang kaum um die Unterstützung von DAB+ gekümmert haben. „Tatsächlich sind sowohl der öffentlich-rechtliche wie der private Rundfunk längst in Richtung Digitalradio unterwegs. Kombiniert mit der Internetverbreitung stellt das DAB+ die Zukunft des Hörfunks dar.“ Voraussetzung für den Erfolg sei die Netzabdeckung, die öffentlich-rechtliche und private Programmvielfalt und dass Politik, Regulierung und der Marktteilnehmer an einem Strang zögen.

Einigkeit zwischen Nord und Süd besteht indes darin, dass der im vergangenen Jahr beschlossene Aktionsplan für die Transformation der Hörfunkverbreitung deutlich nachgebessert werden muss. Dies sei bislang vom Privatsenderverband Vaunet blockiert worden, moniert BLM-Vize Müller. „Klar ist aber auch, dass man heute kein Abschaltdatum festlegen kann. Zurzeit kommt es darauf an, festzulegen, wie der Übergang von UKW auf DAB+ vonstatten gehen kann.“ Niemand wolle heute ein UKW-Netz außer Betrieb nehmen und dem privaten oder öffentlich-rechtlichen Rundfunk irgendeinen Schaden zufügen. Ganz im Gegenteil. „Wir wollen alle in die digitale Welt mitnehmen.“

Dass in Bayern bereits knapp 27 Prozent der Haushalte über Digitalradios verfügen, führt Müller auf die gemeinsame Informationspolitik zwischen der Landesmedienanstalt des Landes und dem Bayerischen Rundfunk zurück. „Nördlich von Kassel funktioniert diese Informationspolitik offensichtlich nicht. Wenn der Kunde nicht informiert wird, geht er auch nicht in den Handel und wird keine Geräte ordern.“

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