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Radfahren in Berlin kann gefährlich werden.
© Violetta Kuhn/dpa

Verkehr in Berlin: Worum es heute beim Dialog zum Radgesetz geht

Die Initiative Volksentscheid Fahrrad hat ihren Gesetzentwurf verändert. Später soll ein Mobilitätsgesetz auch für Fußgänger und Nahverkehr folgen.

Der rot-rot-grüne Senat will die Mobilitätswende einleiten und den so genannten Umweltverbund – bestehend aus Fußgängern, Radfahrern und Nahverkehrs-Nutzern – stärken. Zu Beginn gibt es am heutigen Mittwoch die erste Dialogrunde für ein Radgesetz. Es soll später Teil eines umfassenden Mobilitätsgesetzes werden.

Der Zeitplan ist ehrgeizig. Der Entwurf für das Radgesetz soll spätestens Ende März vorliegen, das Gesetz noch vor der Sommerpause des Parlaments verabschiedet werden. Zur Premierenrunde hat die Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Regine Günther (parteilos, für Grüne), eingeladen. Mit dabei sind neben ihrem Staatssekretär Jens-Holger Kirchner, selbst ein aktiver Radfahrer, und Fachleuten aus der Verwaltung die Initiative Volksentscheid Fahrrad, der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC), der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sowie Vertreter der Regierungskoalition.

DAS RADGESETZ

Die Initiative Volksentscheid Fahrrad hat nach ihren Angaben ihren Gesetzentwurf inzwischen verändert. Die erste Vorlage war von der Senatsverkehrsverwaltung unter Leitung des damaligen Senators Andreas Geisel (SPD) als unzulässig eingestuft worden, weil sie gegen Bundesrecht verstoßen habe. Mit den angepassten Formulierungen will die Initiative nun in die Gesprächsrunde gehen. Dass der Entwurf am Ende eins zu eins übernommen wird, gilt aber als unwahrscheinlich. Man wolle jetzt besprechen, wie ein solches Radgesetz konkret aussehen solle, erklärte Günther am Dienstag.

Findet die Runde eine einheitliche Linie, müsste es nicht zum Volksentscheid kommen, für den in der ersten Stufe bereits mehr als 100.000 Unterschriften gesammelt worden waren. Die große Zustimmung habe gezeigt, dass sich sehr viele Menschen in Berlin bessere Bedingungen für den Radverkehr wünschten, erklärte Günther.

Mehr Platz. Für Radler soll es neue und breitere Spuren geben.
Mehr Platz. Für Radler soll es neue und breitere Spuren geben.
© Doris Spiekermann-Klaas

Die Initiatoren wollen unter anderem ein 350 Kilometer langes Fahrradstraßennetz, zwei Meter breite Radwege an allen Hauptstraßen, 100 Kilometer Radschnellwege, 200.000 Abstellplätze und die Entschärfung von jährlich 75 Unfallschwerpunkten gesetzlich festschreiben.

Dass der Straßenraum zugunsten des Rad-, Fuß- und Nahverkehrs umverteilt werden soll, haben SPD, Linke und Grüne im Koalitionsvertrag vereinbart. Inzwischen hat die Verwaltung auch den Bau von weiteren Abstellanlagen auf den Weg gebracht. Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf hat jetzt im Auftrag des Landes ein „Interessenbekundungsverfahren“ für den Bau von Abstellanlagen für Fahrräder an fünf S- und U-Bahnhöfen im Bezirk eingeleitet. Am S-Bahnhof Zehlendorf soll das erste Berliner Parkhaus vorwiegend für Räder mit Elektromotor entstehen. Die Anlagen sollen zum Teil kostenpflichtig werden.

DAS MOBILITÄTSGESETZ

Nach dem Radgesetz will der Senat das integrierte Mobilitätsgesetz zügig in Angriff nehmen. Auch hier gibt der Koalitionsvertrag die Richtung vor. Unter anderem soll es mehr „fußgängerfreundliche“ Ampelschaltungen geben – mit längeren Grünphasen für die Passanten. Hier blockt bisher die Verkehrslenkung Berlin (VLB), die zu Günthers Verwaltung gehört. Die Mitarbeiter der VLB befürchten, dass durch längere Rotphasen für Autofahrer der Stau vergrößert wird.

Laut Koalitionsvertrag sollen zudem fehlende Querungshilfen ergänzt und weitere Zebrastreifen geschaffen werden. Die Sicherheit soll erhöht werden durch Mittelinseln und so genannte Gehwegvorstreckungen, die bis auf die rechte Spur der Fahrbahn reichen. Der Fachverband Fußverkehr Deutschland (FUSS e.V.) hat ein Acht-Punkte-Maßnahmenpaket vorgeschlagen, das zum Teil weit über die Ziele des Koalitionsvertrags hinausgeht.

So fordern die Lobbyisten 300 neue Zebrastreifen, zusätzlich zu den vorhandenen rund 400. Die grünen Pfeile für rechtsabbiegende Autos sollen komplett abgeschafft werden, weil Fußgänger durch sie gefährdet würden. Wichtig sei, dass die Interessen der Fußgänger jetzt in einem Gesetz berücksichtigt würden, sagte FUSS-Bundesgeschäftsführer Stefan Lieb. Ausgerechnet die Gruppe, die mit zuletzt 31 Prozent den größten Anteil am Verkehr habe, sei bisher benachteiligt gewesen.

Das ebenfalls ins Mobilitätsgesetz einzubauende ÖPNV-Gesetz, das regelt, wie der Nahverkehr gesichert, ausgestaltet und finanziert werden soll, müsse ohnehin geänderten EU-Vorgaben angepasst werden, sagte Günthers Sprecher Matthias Tang. Das Mobilitätsgesetz entschärfe dann Konflikte, die bisher bei verschiedenen Gesetzen nicht auszuschließen gewesen seien.

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