Rechtsgutachten des Berliner Senats: Radgesetz der Fahrradaktivisten verstößt gegen Bundesrecht
Der Gesetzentwurf der Berliner Initiative Volksentscheid Fahrrad ist wahrscheinlich unzulässig. Dennoch freut sich Radaktivist Strößenreuther.
Transparenz ist eines der häufigsten Wörter im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag. Jetzt hat die neue Senatorin für Verkehr und Umwelt, Regine Günther (parteilos, für Grüne) gezeigt, wie sowas in der Praxis aussieht. Am Donnerstag veröffentliche sie ein seit Monaten unter Verschluss gehaltenes externes Gutachten zum Radgesetz der Initiative Volksentscheid Fahrrad. Bemerkenswert daran ist, dass die Veröffentlichung in einem laufenden Prüfverfahren erfolgt. Offiziell gibt es zu dem Radgesetzentwurf noch keine Stellungnahme.
"Im Interesse eines transparenten Verfahrens" habe man sich zu dem Schritt entschlossen, heißt es in einer Pressemitteilung. Die Initiative hatte die Veröffentlichung des von einer Anwaltskanzlei gefertigten Gutachtens gefordert und dem alten Senat eine Verschleppung des Prüfverfahrens vorgeworfen. „Wir freuen uns, dass das Informationsfreiheitsgesetz von der neuen Koalition ernst genommen wird“, sagte Sprecher Heinrich Strößenreuther. "Das finden wir super."
Offiziell läuft das Prüfverfahren noch
Vom Inhalt des Gutachtens dürfte der Radaktivist weniger begeistert sein. Der Gesetzentwurf greife in weiten Teilen in bestehendes Bundesrecht ein, verstoße in einzelnen Regelungen sogar gegen die Straßenverkehrsordnung. Damit hat das Radgesetz in der vorliegenden Form nur geringe Chancen für zulässig befunden zu werden. Die rechtliche Prüfung durch den Senat ist aber noch nicht abgeschlossen. Heinrich Strößenreuther rechnet in den nächsten Wochen mit einem offiziellen Prüfergebnis.
Die Senatsverwaltung für Verkehr hatte sich nach Informationen der „taz“ noch unter der Leitung von Andreas Geisel (SPD) dem Urteil des Gutachters Gernot Schiller angeschlossen. Nun prüft erneut Geisel als Innensenator das Gesetz. Strößenreuther räumte ein, es gebe „einige Berührungspunkte“ mit dem Bundesrecht, das ließe sich aber „in weiten Teilen heilen“. Allerdings müsste der Gesetzentwurf dazu überarbeitet und erneut geprüft werden.
Die rot-rot-grüne Koalition hat bereits beschlossen, die Forderungen der Initiative in ein eigenes Radverkehrsgesetz einfließen zu lassen. Doch nach Ansicht des Gutachters sind die Gestaltungsspielräume für eine Bevorzugung des Radverkehrs begrenzt. Das Land könne keine „Kann-Regelungen“ der Straßenverkehrsordnung in „Soll-Regelungen“ umdeuten. Allgemein dürften Ermessensspielräume eines Bundesgesetzes nicht per Landesgesetz verändert werden.
Konkret betrifft das den im Fahrrad-Gesetz vorgesehenen Ausbau von Radschnellwegen und Fahrradstraßen sowie die Öffnung von Einbahnstraßen für den Radverkehr und die Einrichtung Grüner Wellen. Ein genereller Vorrang für Fahrräder auf Fahrradstraßen widerspreche der Vorfahrtsregelung Rechts-vor-Links.
Das gesamte Gutachten finden Sie hier.