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Ruhe bewahren. Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci sieht derzeit keine größere Streuung von Corona-Infektionen in Berlin.
© Kay Nietfeld/dpa

Mehr jüngere Infiziert, Lage in Berlin generell stabil: Senat will keine kostenlosen Tests für alle

Trotz einiger Hotspots geht die Zahl neuer Infektionen in Berlin moderat zurück. „Problemhäuser“ in zwei Bezirken drücken den Altersschnitt der Kranken.

Viren-Hotspots, protestierende Klinikbeschäftigte und häusliche Gewalt – Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) hat am Montag den Abgeordneten im Gesundheitsausschuss des Landesparlaments die Lage in der Pandemie darlegen müssen. Unter den Corona-Neuinfizierten in Berlin steige der Anteil der Jüngeren, sagte Kalayci: „Bei den Neuinfizierten beobachten wir, dass im Durchschnitt weniger Ältere betroffen sind, stärker Jugendliche.“

Der Altersschnitt der Neuinfizierten liegt demnach bei 40 Jahren, neun Jahre niedriger als im Bund – und in Berlin sinke der Wert weiter. Insbesondere in dem Wohnblock in Friedrichshain, wo vergangene Woche ein Ausbruch öffentlich wurde, sei das Durchschnittsalter der Infizierten mit etwa 19 Jahren ziemlich jung. Und auch in den bekannten Neuköllner Häusern, deren Bewohner unter Quarantäne standen, seien die Infizierten jung gewesen.

Trotz solcher Hotspots ginge die Zahl neuer Infektionen moderat zurück. Die beiden Corona-Ausbrüche in den sogenannten „Problemimmobilien“ seien „eingrenzbar“ gewesen: „Wir sehen keine Streuung.“

Am Sonntag war die Zahl bestätigter Corona-Infektionen in Berlin leicht auf 8219 gestiegen, davon gelten 733 derzeit noch als krank. Bislang starben 214 Berliner, die sich mit dem Coronavirus infiziert hatten.

Berlin wolle die Corona-Tests nun schrittweise ausweiten, sagte Kalayci: Auf Nachfrage erklärt die Senatorin aber, dass es kostenfreie Tests für jeden – also auch Interessierte ohne Symptome – vorerst nicht geben werde.

Kalayci kritisiert protestierende Klinik-Mitarbeiter

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) hatte erst am Sonntag angekündigt, dass sich dort bald jeder auf das auch Sars-Cov-2 genannte Virus testen lassen könne. Die Kosten wolle das Land übernehmen, sollten die Krankenkassen nicht zahlen.

In Berlin werden derzeit Mitarbeiter im Bildungs- und Gesundheitswesen getestet. Wie berichtet, will Senatschef Michael Müller (SPD) alle Kita-Erzieher und ab Mitte Juli alle Lehrer testen lassen.

Kalayci wurde im Ausschuss auch gefragt, wie der Stand der Gespräche zwischen dem rot-rot-grünen Senat und den Pflegenden, Laboranten und Reinigungskräften sei: 4500 Klinikbeschäftigte hatten im April einen Corona-Krankenhaus-Pakt gefordert.

Die von den protestierenden, meist in der Gewerkschaft Verdi organisierten Klinikbeschäftigten angesprochenen Themen seien „goldrichtig”, sagte die Gesundheitssenatorin am Montag. „Das ist eine gute Initiative von Beschäftigten – vorrangig aus den Vivantes-Kliniken und der Charité.“

Zugleich warf Kalayci den Verdi-Aktiven indirekt vor, sich nur auf ihre Hochburgen – die landeseigenen Klinikkonzerne Vivantes und Charité – zu stützen. „Kein Verständnis habe ich dafür, wenn allgemeine Forderungen für alle Krankenhäuser gestellt werden, dann aber nur Mitarbeiter von Vivantes und der Charité dabei sind. Soll das heißen, in den anderen Krankenhäusern ist alles in Ordnung?“

Dabei hatten die Initiatoren, tatsächlich Aktive aus den Vivantes-Kliniken und der Charité, für alle Krankenhausmitarbeiter Berlins 500 Euro Risikozuschlag pro Pandemiemonat sowie eine grundsätzlich andere Krankenhausfinanzierung gefordert.

Wie berichtet, hatte Regierungschef Müller eine „Alltagshelden“-Prämie für Landesbeschäftigte angekündigt. Tatsächlich hatten die Beschäftigten von Charité und Vivantes 150 Euro erhalten, die Klinikleitungen aber brachten das Geld selbst auf, vom Land kam vorerst nichts.

Frauenhäuser zu 78 Prozent ausgelastet

Die Berliner Krankenhausgesellschaft erklärte, eine solche Prämie müsse auch den Beschäftigten in den Kliniken kirchlicher und privater Träger gezahlt werden, schließlich stünden Pflegende, Ärzte, Reinigungskräfte dort vor den gleichen Aufgaben. Kalayci versicherte den Abgeordneten, sie über die Gespräche mit den Klinik-Delegierten zu informieren.

Ebenfalls regelmäßige Auskünfte kündigte die Senatorin über die Lage in den Frauenhäusern an. Die Nachfrage nach professioneller Hilfe habe „jetzt, wo die Lockerung da ist“, zugenommen. So sei die Zahl der Anrufe bei der sogenannten Big-Hotline, die Hilfe bei häuslicher Gewalt gegen Frauen und ihre Kinder bietet, gestiegen. Kalayci wies darauf hin, dass Berlin frühzeitig vorgesorgt habe und der Senat die Situation seit April „engmaschig“ beobachte.

Aktuell seien die Frauenhäuser zu 78 Prozent ausgelastet. Ein Hotel, in dem zusätzlich 100 Schutzplätze geschaffen worden seien, sei gerade mit mehr als 80 Frauen und Kindern belegt worden. Man plane nun, eine weitere Unterkunft anzumieten und so 145 zusätzliche Plätze zu schaffen.

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