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Gerade bekam Michael Müller ein Fleißbienchen der CDU bei den GroKo-Gesprächen, nun sticht er Bausenatorin Lompscher aus.
© Thilo Rückeis

Rot-Rot-Grün in Berlin: Michael Müller macht Wohnungsbau zur Chefsache

Berlins Regierender Bürgermeister ist mit seiner linken Bausenatorin Lompscher unzufrieden - und mischt sich ein. Auch das Tempelhofer Feld ist wieder ein Thema.

Neubau wird zur Chefsache: Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) will die Wohnungsfrage nicht länger der unter Beschuss geratenen Senatorin für Stadtentwicklung Katrin Lompscher (Linke) allein überlassen. Er wolle verhindern, „dass wir in ein Loch fallen beim Wohnungsneubau“, sagte der Regierungschef dem Tagesspiegel am Rande einer Veranstaltung. „Ich bleibe am Thema Stadtentwicklung dran.“ Deshalb habe er Verbände und Genossenschaften zu Gesprächen ins Rote Rathaus eingeladen – und will auch in Streitfällen um Bauprojekte viel früher eingreifen.

Müller bleibt jener Linie treu, die er schon in seiner Amtszeit als Stadtentwicklungssenator gesetzt hatte: Durch die Verdichtung und den Neubau günstiger Mietwohnungen will er die Wohnungnot lindern. Teilnehmer eines internen SPD-Arbeitskreises zitieren ihn damit, auch „an einer Ecke des Tempelhofer Feldes“ müsse Wohnungsbau möglich sein.

Öffentlich forderte Müller das bisher nicht. Hintergrund: Bauland ist so teuer, dass nur noch auf landeseigenen Flächen günstiger Wohnungsbau möglich ist. Aber daran mangelt es.

Was fehlt, sind Grundstücke

Bereits Ende vergangenen Jahres habe er, so Müller weiter, die Chefs der landeseigenen Wohnungsbauunternehmen eingeladen, um sich persönlich über die Hürden beim Neubau zu informieren, die diese in einem Brandbrief an Stadtentwicklungssenatorin Lompscher beklagt hatten.

In der vergangenen Woche sondierte der Regierende mit Eigentümern und Betreibern von Discountern die Überbauung der meist eingeschossigen Märkte mit großen Parkplätzen. „Verschenkten Raum“ nennt Müller das.

Als nächstes will er mit den Vorständen der privaten Wohnungsbaugenossenschaften sprechen. Diese haben einen Bestand günstiger Mietwohnungen und genug Kapital, um zu bauen. Was fehlt, sind Grundstücke. Lompscher hatte erklärt, landeseigene Flächen ausschließlich landeseigenen Firmen anzubieten sowie zur Unterbringung von Flüchtlingen verwenden zu wollen. Müller dagegen fordert auch „Wohnungsbau der Genossenschaften“.

"Ich muss Frau Lompscher nicht um Erlaubnis bitten"

Informierte er die Stadtentwicklungssenatorin über seine Gespräche? Der Regierende lacht und sagt: „Ich muss Frau Lompscher nicht um Erlaubnis bitten, aber natürlich sprechen wir über die Termine!“ Es sei ja bekannt, dass er Lompschers starke Fokussierung auf den Mieterschutz in deren ersten Amtsjahr kritisch sehe. Deshalb die Korrekturen.

Und an diesen beteiligt sich Müller an vielen Fronten persönlich. Jüngstes Beispiel: Der Regierende wird frühzeitig selbst dabei helfen, blockierte Bauprojekte auf den Weg zu bringen. In der neu geplanten Clearingstelle für umstrittene Bauvorhaben greift der Regierende bereits nach zwei Monaten ein, falls Lompschers Verwaltung keine Lösung findet.

Auch beim Abräumen der wichtigsten Hürde beim Neubau, dem Mangel an Bauflächen, packt Müller mit an: Weil der Markt verrückt spielt und der Quadratmeter mehr als 1000 Euro kostet, können nicht mal landeseigene Firmen ohne Verlust günstige Mietwohnungen bauen. Hier punktete Müller bei den Verhandlungen zur Großen Koalition im Bund.

Auf Drängen der SPD stimmten CDU und CSU einer Änderung des Bima-Gesetzes zu mit dem Ziel, den Ländern günstiges Bauland des Bundes zu übertragen. Dafür heimste er auch Lob bei CDU-Landeschefs ein.

"R2G muss nachsteuern"

Müllers Einsatz verhinderte nicht die neueste Fehde zwischen den Wohnungsunternehmen und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Die durch Neubauvereinbarungen und Sozialklauseln ohnehin unter Druck stehenden landeseigenen Firmen warnen, Lompschers neueste Regulierung werde den „bezahlbaren Neubau in Berlin be- oder sogar verhindern“.

So steht es in Briefen, die Berlins größter Wohnungsverband BBU am Donnerstag allen Abgeordneten schickte. Anlass ist das „Vierte Gesetz zur Änderung der Bauordnung von Berlin“, das eine Verdichtung erschwert und die Mitsprache von Nachbarn befördert.

„Bei den Koalitionspartnern bestehen wegen des Wachstums Berlins große Bedenken und Bauchschmerzen“, erklärt der Stadtentwicklungsexperte der SPD Volker Härtig die Widerstände. Es gebe sogar die Hoffnung, dass die fehlenden Wohnungen in Berlin künftig in Brandenburg entstehen könnten.

Und Lompschers Verwaltung erwecke mit lückenhaften Antworten auf SPD-Anfragen im Parlament den Eindruck, mit „geschönten Zahlen dem Druck ausweichen zu wollen“. Bei angespanntem Wohnungsmarkt nütze der beste Mieterschutz wenig. „R2G muss ganz klar nachsteuern.“

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Ralf Schönball

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