Neues Programm der Ku'damm-Bühnen: Katharina Thalbach inszeniert "Mord im Orient-Express"
Ein Jahr Ku’damm-Bühnen im Schiller-Theater: Der Umzug ist geglückt, das nächste Programm steht. Nur Neukölln will nicht so recht mitspielen.
Weshalb so viele Neuköllner einen Bogen um das Schiller-Theater machen, obwohl sie doch so gern zum Ku’damm gefahren sind, das kann auch Martin Woelffer nicht erklären. Aber es ist so. Dank einer Besucherbefragung, hat der künstlerische Leiter der Komödie am Kurfürstendamm einen guten Überblick über die Herkünfte der Zuschauer, die den Weg zur Ausweichspielstätte an der Bismarckstraße finden. Die Statistik zeigt Woelffer allerdings auch, dass er sich keine Sorgen machen muss. Wo Neukölln als Publikums-Lieferant schwächelt, haben Charlottenburg-Wilmersdorf und Mitte kräftig zugelegt, selbst aus Friedrichshain-Kreuzberg kommen jetzt mehr Komödienfans.
[In unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken befassen wir uns regelmäßig auch mit Kultur-Themen. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]
Überhaupt blickt der Theatermann auf eine erfolgreiche erste Spielzeit Übergangs-Haus zurück, mit insgesamt 155.000 Besuchern. „Das hat uns nicht jeder zugetraut“, sagt Woelffer, der voraussichtlich erst 2022 das neue Haus am Ku’damm beziehen kann. Vorerst gilt seine volle Konzentration sowieso der zweiten Spielzeit im Schiller-Theater. Die soll die Klasse halten und die Kasse natürlich auch, weshalb schon mal einige prominente Gesichter neben dem Hausherrn zu sehen sind, als er am Donnerstag das neue Programm vorstellt.
Geschwister Pfister und Katharina Thalbach
Katharina Thalbach ist natürlich als Top-Zugpferd der Ku’damm-Bühnen auch zugegen, sie wird Agatha Christies „Mord im Orient Express“ inszenieren. Die Geschichte wird Thalbach erstmals mit den Geschwistern Pfister zusammenführen. Heißt: Es gibt Musik. „Vielleicht sogar ein bisschen Tanz, solange wir uns noch nicht im Zug befinden. Da ist es ja dann zu eng zum Tanzen“, erläutert die Regisseurin verkehrskundig. Und schiebt nach, dass für die personal-intensive, den Privattheater-Rahmen eigentliche sprengende Produktion noch Geldgeber gesucht werden: „Wenn Sie also reiche Leute kennen…“
Egal, wie das Fundraising ausgeht – auf den „Orient Express“ müssen die Fans noch bis März 2020 warten. Die Ku’damm-Saison startet am Schiller-Theater mit zwei Gastspielen der weltweit gefeierten Masken-Künstler Familie Flöz („Hotel Paradiso“), bevor Regisseur Frank Leo Schröder als erste Neuproduktion den Songabend „Rio Reiser – Mein Name ist Mensch“ auf die Bühne bringt.
Es darf geheult werden im Schiller-Theater
Passend zur Weihnachtszeit wird dann Tobias Wellemeyer, vormals Intendant des Hans Otto Theaters in Potsdam, David Hares philosophische Liebesgeschichte „Skylight“ inszenieren, die von der Wiederbegegnung eines ehemaligen Paares handelt – gespielt von Henriette Richter-Röhl und dem vormaligen „Tatort“-Star Dominic Raacke. Das Stück ist nach Auskunft aller Beteiligten und Versammelten ein ziemlicher Tränenschocker, „ich habe es fünf oder sechs mal gelesen und musste immer wieder heulen“, sagte Richter-Röhl bewegt auf der Pressekonferenz. Regisseur Wellemeyer versichert derweil, um auch die weniger gefühlsaffinen Zuschauer ins Theater zu locken: „Noch vor der Pause kommt es zum Sex“.
Wiedersehen mit früheren "Tatort"-Stars
Apropos „Tatort“-Star außer Dienst: Auch Oliver Mommsen steht wieder auf der Bühne. Und zwar in Alan Ayckbourns irrwitziger Zukunftsfarce „Ab jetzt!“, die Ende der 80er Jahre ihre deutschsprachige Erstaufführung am Ku’damm erlebt hat, in der Regie von Peter Zadek. Regie-Assistent damals: Martin Woelffer, der jetzt selbst Hand anlegt, um Ayckbourns Geschichte eines Komponisten zwischen Ex-Frau und Roboter in die Gegenwart zu holen.
Und weil zu dieser Gegenwart ja nicht nur die Unterhaltung, sondern auch die politische Realität gehört, gibt's noch ein echtes Highlight zum Schluss der Saison: im Mai 2020 feiert Gayle Tufts Premiere mit ihrem neuen Programm „Make America Gayle Again“. Möglicherweise ein Abend, der Strahlkraft bis nach Neukölln hat. Infos zu Tickets und Programm unter www.komoedie-berlin.de
Patrick Wildermann