Berlin-Charlottenburg: Die Ku’damm-Bühnen sind angekommen
Das Ensemble erprobt seine neue Spielstätte, das Schillertheater. Vieles ist hier neu: Sogar die Garderobenmarken hat die Staatsoper mitgenommen.
Im Schillertheater wird geprobt, die neuen Verwaltungsbüros in der früheren Schauspielergarderobe funktionieren und der Beleuchtungstechniker Ringo Wachtendorf misst auf der Bühne gerade 150 Scheinwerfer ein: Die Ku’damm-Bühnen sind angekommen im früheren Staatstheater an der Bismarckstraße, nachdem Intendant Martin Woelffer die alten Säle des Theaters und der Komödie am Kurfürstendamm im Mai räumen musste.
Dort, im Ku’damm-Karree, hatten er und sein Team sich „wie zu Hause“ gefühlt. Die Ersatzspielstätte wirkte anfangs fremd. Aber: „Das Haus hat uns mit offenen Armen empfangen“, findet Theatersprecherin Brigitta Valentin.
Nur eine Drehbühne vermisst der Intendant
Alles ist viel größer als früher. Es gibt 945 Sitzplätze, deren Zahl mit geretteten Stühlen aus der Komödie noch um 200 erhöht werden soll. Auch Sofas und Lampen aus dem Foyer der Komödie lagern nun im Schillertheater, die Sofas werden in dessen Eingangsbereich aufgestellt. Dagegen hatte man die Sitze und anderes Interieur aus dem Theater am Kurfürstendamm kurz vor dem Umzug versteigert.
Am alten Standort boten die Boulevardtheater zusammengerechnet etwas mehr Plätze (rund 600 in der Komödie und 800 im Theater am Kurfürstendamm). Die große Bühne im Schillertheater reicht sogar weit nach oben bis unters Dach. Zuschauer sehen das zwar nicht, aber die Theatermacher zeigen sich beeindruckt. Woelffer braucht künftig sogar einen zweiten Bühnenmeister, einer allein wäre überfordert.
Nur eine Drehbühne vermisst der Intendant. Die Akustik ist so gut, dass auf Mikrofone erst einmal verzichtet wird. Subjektiv wirkt der Saal von der Bühne aus betrachtet auch gar nicht so groß wie aus der Perspektive des Publikums.
Trotz des neuen Orts bleibt die „Komödie am Kurfürstendamm“ ihrem Namen treu, zumal sie voraussichtlich im Herbst 2022 ins Ku’damm-Karree nach dessen Umbau zurückkehrt. Derzeit führt Woelffer auf einer Probebühne die Regie für das Stück „Willkommen bei den Hartmanns“.
Am 23. September wird die Bühnenfassung der Filmkomödie über eine deutsche Familie, die einen Flüchtling bei sich aufnimmt, zur Premiere im Schillertheater (mit Voraufführungen ab 19. bis 22. September). Zum Ensemble gehören der auch als Hörbuchsprecher berühmte Rufus Beck, sein Sohn Jonathan Beck, Gesine Cukrowski, Marion Kracht und Pia-Micaela Barucki.
Bereits für den 16. September ab 17 Uhr lädt Woelffer zum „Willkommensfest“ ein. Bei freiem Eintritt gibt es Musik und Lesungen mit den Ensemblemitgliedern des Stückes sowie Katharina Thalbach, Tanja Wedhorn, Roman Knižka, Klaus Hoffmann und Walter Plathe.
Auf der Bismarckstraße flaniert kaum jemand
Die Laufkundschaft vom Ku’damm „werden wir schmerzlich vermissen“, glaubt Brigitta Valentin. Denn auf der Bismarckstraße flaniert kaum jemand. Doch dafür „haben wir einen richtig guten Vorverkauf – auch schon für ,Hase Hase‘ im Januar 2019“.
Letzteres mag daran liegen, dass dann Katharina Thalbach gemeinsam mit ihren Töchtern Anna und Nellie auf der Bühne stehen wird. Auch eine „Nachbarschaftskampagne“ ist geplant, um Anwohner, Mitarbeiter umliegender Unternehmen und Studenten der Universität der Künste oder der Technischen Universität anzulocken.
In einer eigenen Tischlerei der Komödie entstehen die Kulissen für „Willkommen bei den Hartmanns“. Die Handlung wird nach Berlin verlegt und soll sich in einer „Dahlemer Villa“ abspielen, die in einem Miniaturmodell für die Kulissenbauer bereits erkennbar ist. 50 bis 60 Leute sind mit der Vorbereitung der nächsten Spielzeit beschäftigt. Nicht alle davon sind fest angestellt, es gibt auch einige Freiberufler wie beispielsweise Maler.
Vier Millionen Euro für die Modernisierung des Schillertheaters
Die ganze Bühnentechnik ist neu. Denn als die Staatsoper im vorigen Herbst ihr Zwischenquartier im Schillertheater räumte und ins Stammhaus Unter den Linden zurückkehrte, nahm sie laut Valentin alles mit, „sogar die Garderobenmarken“.
In die Modernisierung des Hauses an der Bismarckstraße investiert der Senat vier Millionen Euro – auch mit Blick auf die Komische Oper, die voraussichtlich ab 2020 als nächster Zwischennutzer einziehen wird. Außerdem zahlt der Senat die Nettokaltmiete an die Berliner Immobilienmanagement GmbH.
Teile des 112 Jahren alten Baudenkmals hat diese an die Verwaltung des Bauhaus-Archivs vermietet, weil auch dessen Stammsitz in Tiergarten wegen einer Sanierung nicht zur Verfügung steht (seine Exponate zeigt Bauhaus-Archiv währenddessen im Charlottenburger „Haus Hardenberg“ nahe dem Schillertheater).
Für Woelffer bedeuten die Ausmaße des Hauses, dass er den richtigen Mittelweg bei der Größe der Inszenierungen finden muss. Hier dürfe man „nicht nur Zwei-Personen-Stücke spielen“, findet er, andererseits könne die Komödie „kein Staatstheater machen“. Ständige Umbauten der Kulissen wären viel zu teuer.
Blick in die Zukunft
Auch über die Rückkehr an den Ku’damm macht sich der Intendant bereits Gedanken. Im künftigen Karree ist eine unterirdische Bühne geplant. Woelffer kann sie nach eigenen Vorstellungen und mit finanzieller Hilfe des Investors Cells Bauwelt gestalten.
Wie genau jenes Theater aussehen wird, steht noch nicht fest. Bisher gebe es nur erste Skizzen. Auch eine Probebühne wird es am Ku’damm nicht mehr geben. Woelffer ist schon auf der Suche nach einem geeigneten Ort in der Stadt – und für gute Vorschläge sicher dankbar.
Willkommensfest der Ku’damm-Bühnen im Schillertheater, Sonntag, 16. September, 17 Uhr, Eintritt frei