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Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Flughafen Berlin-Brandenburg Gesellschaft (FBB), Karsten Mühlenfeld.
©  Ralf Hirschberger/dpa

BER-Chef ist ein Jahr im Amt: Karsten Mühlenfeld: Das große Aufräumen - und der große Ärger

Vor einem Jahr übernahm BER-Chef Karsten Mühlenfeld die schwierigste Baustelle in Deutschland. Seine Zwischenbilanz? Steckt voller Widersprüche.

Auf dem Posten ist man schnell allein. Das konnte Karsten Mühlenfeld Montag wieder erleben, im BER-Sonderausschuss des Brandenburger Landtags. Da sollte Rainer Bretschneider, Flughafen-Staatssekretär und Vize-Aufsichtsratsvorsitzender, etwas sagen, warum es mit der Eröffnung des neuen Flughafens nächstes Jahr wohl doch nichts wird.

Bretschneider erhielt das Wort, und gab es, „es geht ja um technische Fragen“, so schnell es ging, sofort an den Mann neben ihm weiter. Und Mühlenfeld? Er reagierte mit sarkastischem Unterton: „Solange ich reduziert werde auf Ingenieur, ist das in Ordnung.“ Dann referierte er en Detail, wo es überall brennt und klemmt, bei den fehlenden Genehmigungen für das Ab- und Zuströmen der Luft zwischen Terminal und Tiefbahnhof, warum aber noch nicht alles verloren sei.

Probleme lösen, konzentriert, fokussiert, das liegt ihm. Da merkt man ihm die Industriekarriere bei Rolls Royce in Dahlewitz an. Seit einem Jahr ist der 52-Jährige nun Geschäftsführer der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB), die sich seit 2006 vergeblich am Bau des neuen Berliner Airports in Schönefeld versucht. Ein Posten, auf dem vorher alle scheiterten: Rainer Schwarz, Manfred Körtgen, Horst Amann, Hartmut Mehdorn. Hat der Neue im ersten Jahr etwas gewuppt? Die Bilanz fällt – trotz der neuen Hiobsbotschaften – überwiegend positiv, aber auch widersprüchlich aus.

Ein vernehmbares Grummeln über Mühlenfeld

Klar, da ist das Wesentliche. Er habe „aufgeräumt“, lässt Michael Müller (SPD), Aufsichtsratschef und Berlins Regierender Bürgermeister, erklären. Freilich, ein Zusatz: “gemeinsam mit Technikchef Jörg Marks“, wird in Berlin nie vergessen. Mit Mühlenfeld sei Seriosität und Realismus eingekehrt, heißt es. Es werde nicht wie unter Mehdorn ständig eine neue Sau durchs Dorf getrieben.

So formuliert das einer, der der Lobhudelei unverdächtig ist, weil er bei den Vorgängern oft faule Tricks, Schaumschlägerei, Druckversuche und Arroganz erlebte: Stephan Loge, SPD-Landrat von Dahme-Spreewald und Chef der zuständigen Baubehörde. Die Kooperation, die Qualität der Flughafen-Anträge, sei noch nie so gut gewesen, sagt Loge. Er sprang Mühlenfeld jetzt sogar bei, dass eine Inbetriebnahme 2017 geschafft werden könne. Und „nur“, wenn die Behörde kompromissbereit sei, daraus macht wiederum Mühlenfeld keinen Hehl, gibt es für 2017 noch eine Chance. Er macht Druck. Er will noch nicht aufgeben, hat über Ostern eine Urlaubssperre verordnet. Auch sich.

Und trotzdem ist da auch Ernüchterung, ein vernehmbares Grummeln über Mühlenfeld, dem die Politik mit ihren Kämpfen, Absicherungen, Gesichtswahrungen völlig fremd geblieben ist. Beim BER mit drei öffentlichen Eignern, immer auch eine politische Baustelle, muss das zu geradezu zu Konflikten führen.

Er habe ein „Autoritätsproblem“

Sein spezieller Führungs- und Kommunikationsstil kommt hinzu. So ist man in Berlin, wo demnächst gewählt wird, wo der Regierende Michael Müller (SPD) den BER–Aufsichtsratsvorsitz übernahm, nicht nur einmal wegen „ungeschickter“ Auftritte genervt gewesen. Etwa, als Mühlenfeld in Brandenburgs Landtag nebenbei von sechshundert Abrisswänden im Terminal sprach, was wie Teilentkernung klang und sofort politische Beben auslöste. Auch daraus resultiert die Vorsicht Müllers, obwohl Aufsichtsratschef, BER-Antworten im Abgeordnetenhaus nur ohne Gewähr abzugeben, auf die Geschäftsführung zu verweisen.

Das soll eine Leere sein. Den BER – hier die Haupthalle – versucht seit einem Jahr Karsten Mühlenfeld bis 2017 fertig zu bekommen.
Das soll eine Leere sein. Den BER – hier die Haupthalle – versucht seit einem Jahr Karsten Mühlenfeld bis 2017 fertig zu bekommen.
© Mike Wolff

Und Mühlenfeld fällt es schwer, auch mal einzustecken, einzulenken, nachzugeben. Er habe ein „Autoritätsproblem“, sagt ein Aufsichtsrat. Als die Sache mit den überschweren Ventilatoren hochkam, Baustopp, mittlerweile alles geklärt, als damals Michael Müller und Frank Henkel tobten, weil sie überrascht worden seien, hatte Mühlenfeld in einem Ausschuss spitz gekontert: Er könne nichts dafür, wenn sonntags in Berlin keiner seine Dienstmails öffne.

Dem brandenburgischen Rechnungshofpräsidenten Christoph Weiser schickte er, Chef einer Staatsfirma, wegen der ungeschwärzten Veröffentlichung des BER-Prüfberichtes gleich einen Drohbrief („Sie tragen die persönliche Verantwortung!“). Und intern hat sich Mühlenfeld mit Finanzgeschäftsführerin Heike Fölster überworfen.

Kein Interesse an neuer Personaldebatte

Für Ruhe an dieser Flanke sorgte dem Vernehmen nach erst eine pädagogisch-disziplinierende Maßnahme des Aufsichtsrates: Dreißig Prozent der Tantieme sind für beide daran gekoppelt worden, dass die Performance der Geschäftsführung gut ist. Nicht geschafft hat es Mühlenfeld bislang, das Verhältnis zum schwierigen Miteigentümer Bund zu verbessern. Es war vom ersten Tag an belastet, die Bundesvertreter hatten ihn im Aufsichtsrat nicht gewählt. Den Streit um den Regierungsflughafen am BER in den letzten Wochen habe er unnötig eskalieren lassen, heißt es im Aufsichtsrat.

An einer neuen Personaldebatte aber haben Berlin und Brandenburg keinerlei Interesse. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), der ihn holte, warnte den Bund vor Attacken gegen den BER-Chef. „Mühlenfeld zu beschädigen, lässt den Flughafen auch nicht früher fertig werden“, sagte er. „Lasst ihn in Ruhe arbeiten!“ Und mit dem BER hat Mühlenfeld mehr als genug zu tun.

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