Rechnungshof rügt BER-Eigner: Behörde empfiehlt, ehemaligen Aufsichtsrat erneut zu prüfen
Brandenburgs Rechnungshof empfiehlt, die Haftung des ehemaligen Aufsichtsrats für das Flughafenfiasko erneut zu prüfen. Vorsitzende damals: Klaus Wowereit und Matthias Platzeck. Die vollständigen Antworten des Rechnungshofs auf eine Tagessspiegel-Anfrage finden Sie hier.
Brandenburgs Rechnungshof hat Fehlentwicklungen am Hauptstadtflughafen BER scharf kritisiert. Das geht aus einem aktuellen Prüfbericht hervor, zu dem die Behörde einen umfangreichen Fragenkatalog des Tagesspiegels beantwortet hat (hier die vollständigen Antworten des Rechnungshofs). Danach haben die Finanzkontrolleure Organisationsdefizite und Versäumnisse bei der Steuerung und Überwachung des Milliardenprojekts der Länder Berlin und Brandenburg sowie des Bundes in den Jahren 2010 bis 2013 festgestellt, die bis heute nicht beseitigt sind.
Der Rechnungshof empfiehlt in dem rund 400 Seiten umfassenden Bericht, Regressansprüche gegen den damaligen Aufsichtsrat erneut prüfen zu lassen. Vorsitzender des Gremiums war der frühere Berliner Regierungschef Klaus Wowereit, sein Stellvertreter der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (beide SPD).
Rechnungshof: Prüfverfahren von 2013 hatte inhaltliche und formale Mängel
2013 war durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und eine Rechtsanwaltskanzlei bereits untersucht worden, ob auch der Aufsichtsrat für das BER-Fiasko um die kurzfristig abgesagte Eröffnung des Flughafens in Haftung genommen werden sollte. Auf der Grundlage der beiden Gutachten hatten die Eigner den von eigenen Vertretern dominierten Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) entlastet. Doch dieses damalige Prüfverfahren hatte „inhaltliche und formale Mängel“, rügt der Rechnungshof nun. So habe die Kanzlei „auftragsgemäß keine eigenen Sachverhaltsermittlungen“ durchgeführt, sondern lediglich einige Aufsichtsräte selbst befragt. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass eine – von den Mängeln freie – erneute Prüfung, insbesondere der Haftung der Aufsichtsratsmitglieder, zu anderen Ergebnissen kommen könnte.“
Vor allem aber kritisiert der Rechnungshof ein Strukturdefizit am BER, nämlich die Vernachlässigung der Gesellschafterversammlung im Verhältnis zum von Politikern dominierten Aufsichtsrat. „Nach den Feststellungen war die Rolle der Gesellschafterversammlung, die eigentlich oberstes Willensbildungsorgan der Gesellschaft ist, insgesamt auf die eines formal notwendigen Aufsichtsratsannexes reduziert.“ Das Gremium habe in drei Jahren insgesamt lediglich zwei Stunden getagt. Der Landesrechnungshof hält es auch für falsch, dass der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) wie Wowereit den Aufsichtsratsvorsitz übernahm, was zur Schwächung der Gesellschafterversammlung führt.
Auch das Krisenmanagement nach der abgesagten BER-Eröffnung nimmt sich der Prüfbericht vor: So sei es ein Fehler gewesen, dass der Aufsichtsrat anders als angekündigt kein externes, also von der Flughafengesellschaft unabhängiges Controlling installiert habe.