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Schon die Planer des BER ahnten, dass die Kapazitäten des Flughafens nicht reichen werden.
© Ralf Hirschberger/dpa

Nach dem BVG-Urteil zum BER: Zehn Jahre BER-Beschluss: Die Vision vom Drehkreuz

Mit 30 Millionen Passagieren im Jahr 2023 rechneten bereits die Richter des Bundesverwaltungsgerichts. Die Zahl war die Grundlage für das Urteil vom 16. März 2006. Damals wurde der Bau des BER juristisch abgesegnet.

Am 16. März 2006, heute vor zehn Jahren, entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, dass der neue Flughafen in Schönefeld gebaut werden darf. Den eigentlich von den Betreibern gewünschten 24-Stunden-Betrieb lehnten die Richter ab, weil sie keine Notwendigkeit dafür erkannten. Ansonsten folgten sie den Intentionen der Antragsteller. Von einem „internationalen Verkehrsflughafen“, einem Single-Airport, ist im Urteil öfters die Rede, nicht von einem regionalen oder allenfalls national bedeutenden Airport. Und auch zur Frage der Kapazitäten findet sich im Urteil ein interessanter Satz. Das Gericht zitiert zustimmend ein Gutachten vom 28. Juni 2002, in dem es heißt, die erwartete Passagierzahl von 30 Millionen im Jahre 2023 sei eine eher „zurückhaltende, konservative Prognose“, diese Zahl würde bereits früher erreicht.

Golf-Carrier haben den Luftverkehr verändert

In den zehn Jahren seitdem hat sich die Struktur des Weltluftverkehrs allgemein und des Flugverkehrs von und nach Berlin stark verändert. Die Golf-Carrier, staatlich subventionierte Airlines mit modernstem Flugzeugpark und Kampfpreisen gab es damals so wenig wie die Flughäfen der Golfregion als internationale Drehkreuze. Solche Hubs existierten damals nur in London, Amsterdam und Frankfurt, heute auch noch in München. Für Berlin sahen die Betreiber damals eine Rolle als Secondary-Hub vor, wie etwa Wien oder Kopenhagen, ohne dass die Bedeutung von einer einzigen Airline abhing wie etwa Amsterdam von der KLM, London von British Airways und München und Frankfurt von Lufthansa.

Air Berlin ist wirtschaftlich angeschlagen, aber wichtig für den künftigen Erfolg des BER.
Air Berlin ist wirtschaftlich angeschlagen, aber wichtig für den künftigen Erfolg des BER.
© Kay Nietfeld/dpa

Den damals nur bedingt vorhersehbaren Berliner Boom lösten jedoch die Billig-Airlines aus, die kaum Umsteigeverkehr anbieten, sondern auf Start-Ziel-Optionen setzten. Easyjet nahm Berlin 2004 in seine Flugpläne auf. Inzwischen sind diese Linie und Ryanair die Anbieter, die die Passagierzahlen von und nach Berlin in die Höhe treiben. Air Berlin büßte seine frühere Vorreiterrolle ein – vor allem, weil der neue Flughafen immer noch nicht eröffnet ist. Er hätte der Heimatflughafen für ein die Welt umspannendes Netz werden sollen – das Air Berlin heute mit dem übermächtigen Partner Etihad knüpft.

Destination Berlin wurde weltweit begehrt

Allen drei genannten Airlines verdankt es Berlin aber, heute schon mehr Direktpassagiere zu haben als Frankfurt und München. Dort spielen Umsteiger eine bedeutendere Rolle. Die Erklärung: Die Destination Berlin selbst wurde ein weltweit begehrtes Ziel, weil die Stadt spannend, in permanenter Veränderung und Aufbruchstimmung, kurz: aufregend ist. Natürlich trugen die Airlines selbst zum Boom bei. In einem heiß umkämpften Markt bestimmt nicht die Politik, ob Berlin nun ein internationaler Hub wird, sich zu einem Drehkreuz auswächst. Die Airlines sind es, die entscheiden, denn sie tragen das Risiko des Geschäftes.

In Berliner Wirtschaftskreisen hat man denn auch mit einem gewissen Amüsement zur Kenntnis genommen, dass in der politischen Führung des Bundesverkehrsministeriums offenbar die Ansicht vertreten wird, Berlin würde niemals die Dimension von Frankfurt am Main oder München erreichen, und solle, was den internationalen Verkehr betrifft, besser mit Leipzig kooperieren. Hätte man anderes gewollt, wäre von vornherein eine andere Konzeption des Flughafens nötig gewesen, meint man im Hause Dobrindt.

Flughafen Schönefeld ist gut aufgestellt

Berliner Fachleute sehen die künftige Verkehrsstruktur in Schönefeld tatsächlich deutlich diversifizierter als in München oder Frankfurt, nicht auf eine Airline wie Lufthansa abgestützt, sondern durch mehrere Pfeiler getragen. Das habe auch den Vorteil, sich nicht von der Geschäftsentwicklung einer einzelnen Gesellschaft abhängig machen zu müssen. Langstreckenverkehr würde sich erst mit dem neuen Flughafen entwickeln. Dann gebe es aufgrund der Attraktivität Berlins die Chance auf interkontinentale Direktflüge. Dafür braucht man keine 350 oder 450 Passagiere, um eine B 747 oder einen A 380 zu füllen. Weltweit hat sich da die kleinere Airbus-Familie A 350 oder der Boeing Dreamliner als bequemes Flugzeug durchgesetzt. Und Leipzig als Partner? Das mag für Ferienflieger interessant sein, ist zu hören – aber wer Berlin als Ziel hat, und das ist eben die große Mehrheit der Passagiere, der will hier landen und starten – und das möglichst bald.

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