Flughafen Berlin-Brandenburg: Am BER hilft nun sogar der Klimawandel
Alle Verantwortlichen halten offiziell am Eröffnungsjahr 2017 fest – mit teils erstaunlichen Argumenten. Wann der BER eröffnet, steht allerdings erst im April fest.
Im Foyer des alten, mittlerweile ergrauten Verwaltungsgebäudes für den Flughafen Tegel hängt an der Informationstafel ein Hinweiszettel für die Belegschaft: „Bedienung/Schaltung Rauchschutztür zum Betriebsrat.“ Die müsse („Weisung Flughafenfeuerwehr“) ständig geschlossen sein: „Daraus ergibt sich folgende Bedienung.“ Es folgen präzise Erklärungen, wie die Tür geschaltet wird, die „nicht mehr verkeilt bzw. verstellt werden darf“.
Ja, Berlin, seine Flughäfen und der Brandschutz. Deshalb tagt an diesem Freitag hier der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft Berlins, Brandenburg und des Bundes, die seit dem Baubeginn 2006 den neuen BER-Flughafen draußen in Schönefeld nicht fertigbekommt. Es ist eine Krisensitzung, zu der Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) eingeladen hat, auf Druck des Bundes – zunächst wegen des Krachs um den Regierungsflughafen, dann aber auch, weil es am BER mal wieder an allen Ecken brennt. Von dem Ende 2014 beschlossenen Terminplan, den Airport bis Ende 2017 zu eröffnen – die letzte Amtshandlung von Hartmut Mehdorn – ist schon länger kaum noch etwas übrig. Nun sind plötzlich Brandschutz- und Genehmigungsprobleme bekannt geworden, Nachforderungen des Bauamtes Dahme-Spreewald, die eine Verschiebung der BER-Eröffnung ins Frühjahr 2018 wahrscheinlich werden lassen. Die fünfte Verschiebung?
Es sei noch Zeit für eine Aussage
Es ist gegen 15.30 Uhr, als Michael Müller, begleitet von seinem BER-Koordinator Engelbert Lütke-Daldrup, vor die Presse tritt, im Mercure-Flughafenhotel 500 Meter weiter. Und nein! Noch wollen Flughafenchef Karsten Mühlenfeld und der Aufsichtsrat das Ziel nicht aufgeben, nicht an diesem Tag. „Ich habe immer gesagt: 2016 fertig bauen, 2017 eröffnen. Dabei bleibt es“, sagt Müller. „Das ist nun schwieriger geworden, der Zeitplan knapper.“ Mühlenfeld formuliert das so: „Es gibt noch eine Chance, 2017 hinzukriegen.“ Genauer werde man das im April wissen. Man sei mit dem Bauordnungsamt und mit dem Brandenburger Bauministerium in konstruktiven Gesprächen. Es geht dabei, um 13 Entrauchungszenarien, die die Behörde nicht akzeptiert, etwa für Brandfälle zwischen dem unterrirdischen Flughafenbahnhof und dem Terminal darüber.
Es sei auch noch Zeit für eine verbindliche Aussage. Mit dem Verband der Fluggesellschaften habe er kürzlich besprochen, dass sie im Oktober informiert werden, ob es was wird. Später, auf Nachfrage, präzisiert er das so: Im April werde man „ungefähr“ wissen, ob es was wird, im Oktober dann, „scharf geschaltet“, den genauen Monat. Vielleicht.
Aber da sind auch neue Töne. So schließt Mühlenfeld nicht aus, dass der BER-Airport nicht zum Wechsel auf den Winterflugplan im Oktober 2017 startet, sondern womöglich im November oder Dezember. Entscheidend sei Frostfreiheit, damit es beim Umzug von Tegel „kein Enteisungschaos“ wie dieser Tage auf dem Münchener Flughafen gebe. „Die globale Erwärmung hilft uns.“
Ähnlich zuversichtlich hatte sich am Morgen der andere BER-Haupteigentümer gezeigt, Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), der selbst nicht im Aufsichtsrat sitzt. „Die neuen Probleme können Einfluss auf die Eröffnung haben, müssen es aber nicht unbedingt“, sagte er dem Tagesspiegel. Es werde „ alles getan, sie zu lösen. Ich bin weiter optimistisch, dass der Flughafen 2017 eröffnen kann.“ Und er warnte aus aktuellem Anlass vor einer neuen Personaldebatte. Wenn Mühlenfeld beschädigt werde, werde der Flughafen auch nicht früher fertig. „Lasst ihn in Ruhe arbeiten!“
Man verfolge die Kündigung nicht weiter
Denn es gibt da noch die andere Ebene am BER, die auch etwas mit Feuer, Bränden und Löschversuchen zu tun hat: Mühlenfeld ist für den Bund, dessen Vertreter im Aufsichtsrat ihn schon damals nicht mitwählten, zur Zielscheibe geworden Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat sich in den letzten Wochen auf Mühlenfeld eingeschossen, noch am Vortag offen gedroht: „Das wird Folgen haben.“ Anlass war, dass Mühlenfeld Anfang Februar den Mietvertrag mit dem Bund fürs alte Schönefelder Terminal aus DDR-Zeiten gekündigt hatte.
Ursprünglich als provisorisches Regierungsterminal vorgesehen, bis der 350 Millionen Euro teure richtige neue Regierungsflughafen am BER fertig ist, ist es für die Abfertigung von 8 Millionen Passagieren unverzichtbar. Deshalb wird abgestimmt mit dem Bund eines neues Interimsgebäude auf dem Areal „ Ramp 1“ geplant. Dabei bleibe es, fünf Jahre nach BER-Start solle der richtige Regierungsairport fertig sein, bekräftigt Müller. Eine Weiternutzung von Tegel als Regierungsflughafen, wie es aus Brandenburg zu hören war, schloss er aus: „Ich glaube nicht, dass das jemand wirklich will.“
Aber Mühlenfeld hatte die Kündigung nicht zuvor abgestimmt, dem Bund sogar einen Verzicht auf den großen Regierungsairport nahegelegt und so eine Grenze überschritten. Man verfolge die Kündigung nicht weiter, sagt Müller. Der Aufsichtsrat erwarte, dass der Flughafenchef künftig das Gremium „zeitnah und direkt“ über wesentliche Fragen informiere. „Punkt“, sagt Müller. „Der Aufsichtsrat hat diesen Informationsanspruch formuliert.“ Mühlenfeld verzieht bei dem Machtwort keine Miene.