Gedenkstätte Hohenschönhausen: Gericht: Ex-Chef Hubertus Knabe darf doch nicht zurück
Der Streit um Hubertus Knabe ist eskaliert. Obwohl er abberufen wurde, kam er am Montag in die Gedenkstätte Hohenschönhausen. Und er erlitt eine Niederlage.
Er legte ein Gerichtsdokument vor und ließ sich die Schlüssel zu seinem Büro aushändigen: Obwohl Hubertus Knabe vom Stiftungsrat der Stasiopfer-Gedenkstätte am Wochenende als Direktor wegen seines Umgangs mit Sexismusvorwürfen abberufen wurde, ist er am Montagmorgen in Hohenschönhausen erschienen. Der Streit um seine Person ist damit nochmals eskaliert. Und die Gedenkstätte hatte für wenige Stunden zwei Chefs.
Am Nachmittag entschied das Landgericht Berlin jedoch, eine von Knabe erwirkte einstweilige Verfügung vorerst auszusetzen. Kultursenator Klaus Lederer (Linke) hatte am Montagmorgen Widerspruch gegen die Verfügung eingelegt, dass Knabe bis Ende März weiter beschäftigt werden muss. Knabe "darf nun doch vorerst nicht wieder in seinem bisherigen Aufgabenbereich tätig werden", teilte das Gericht am Montagnachmittag mit. Bis zur endgültigen Entscheidung der Zivilkammer über Lederers Widerspruch dürfe die einstweilige Verfügung nicht vollzogen werden.
Das Gericht begründet den neuen Beschluss mit der Entscheidung des Stiftungsrat vom Sonntag. Das Kontrollgremium hatte Knabe mit sofortiger Wirkung und unwiderruflich als Vorstand und Direktor der Gedenkstätte abberufen. Für die Entscheidung des Stiftungsrat hat laut Gericht auch der Bericht von Marianne Birthler eine Rolle gespielt. Sie war im September als Vertrauensperson eingesetzt worden. Birthler soll mehr als 40 Vertrauensgespräche geführt und erklärt haben, in keinem der Gespräche seien die Sexismus- und Belästigungsvorwürfe angezweifelt worden. Vielmehr hätten Mitarbeiterinnen nach wie vor große Angst vor Hubertus Knabe. Daher sei es für die Stiftung nicht zumutbar, dass Knabe bis zur abschließenden Entscheidung wieder tätig werde. Dazu muss die zuständige Zivilkammer nun einen Verhandlungstermin anberaumen.
Begrüßt wurde Knabe am Morgen am Tor der Gedenkstätte von mehreren Verfolgten des SED-Regimes, die ihm Blumen überreichten. In einer kurzen Erklärung sagte er: "Ich bin heute hier, weil das Landgericht Berlin dem Kultursenator aufgegeben hat, mich wieder als Direktor der Stiftung Gedenkstätte Hohenschönhausen tätig werden zu lassen." Er freue sich, dass er sich wieder seiner Lebensaufgabe widmen könne, der Aufarbeitung des in der DDR begangenen Unrechts. "Ich möchte gern vertrauensvoll mit dem Stiftungsrat zusammenarbeiten."
Knabe wies die Vorwürfe zurück, er habe die Belästigung von Mitbeiterinnen geduldet. "Das Gegenteil ist der Fall." Er kritisierte, dass er "bis zum heutigen Tage" nicht darüber informiert worden sei, wer sich belästigt gefühlt hatte. Falsch sei auch die Behauptung, es habe ein Klima der Angst unter Mitarbeitern in der Gedenkstätte geherrscht.
Knabe zog vors Landgericht
Wie berichtet, erzielte Knabe mit einer einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht zunächst einen Teilerfolg erzielt. Das Gericht hatte seine Freistellung aufgehoben. Allerdings beschloss der Stiftungsrat auf einer eilig einberufenen Sondersitzung danach, Knabe als Vorstand und Direktor der Gedenkstättenstiftung mit sofortige Wirkung und unwiderruflich abzuberufen. Das von Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) geführte Gremium habe eine Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen Stiftungsrat und Vorstand in einem Maße festgestellt, das die weitere Wahrnehmung des Amtes als Vorstand durch Knabe ausschließe, hieß es in einer am Sonntagabend verbreiteten Erklärung. Durch die Aussetzung des ersten Gerichtsbeschlusses ist Knabes Teilerfolg wieder hinfällig.
Lederer legt Widerspruch ein
Lederer, der Knabe am Montagmorgen eigentlich zum Gespräch am Dienstsitz der Kulturverwaltung in die Brunnenstraße in Mitte erwartet hatte, kam ebenfalls nach Hohenschönhausen. Er sagte, dass seine Behörde Widerspruch gegen Knabes einstweilige Verfügung eingelegt hat. Für wenige Stunden, bis zur neuerlichen gerichtlichen Entscheidung, gab es offenbar zwei Chefs: Hubertus Knabe und Jörg Arndt, der vom Stiftungsrat am Sonntag beauftragt wurde, die Gedenkstätte kommissarisch führen. Er war bis vor kurzem stellvertretender Vorstand und Verwaltungsleiter der Stiftung Zentral- und Landesbibliothek. "Nach meinem Dafürhalten ist Herr Arndt nun Direktor", betonte Lederer. Er kündigte aber an, die endgültige Entscheidung des Gerichts abwarten zu wollen.
Applaus für den kommissarischen Chef
Am Vormittag gab es in der Gedenkstätte eine Mitarbeiterversammlung. Es gab kurz Applaus, als Lederer den kommissarischen Chef vorstellte. Ein Mitarbeiter sagte nach der Versammlung: "Ich bin verwirrt." Damit spielt er darauf an, dass einen Chef gab, Knabe aber weiter in seinem Büro saß. Knabe wirkte nach der Veranstaltung sichtlich erschüttert. Auf die Frage, ob er jetzt wieder in sein Büro gehe, sagte er: "Ja, ich habe ein rechtskräftiges Gerichtsurteil."
Marianne Birthler: "Schwierige Situation"
Marianne Birthler, die frühere Bundeschefin der Stasi-Unterlagenbehörde, sprach am Montag von einer schwierigen Situation für die Mitarbeiter. Sie hoffe nun auf eine Beruhigung der Situation.
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