Gedenkstätte Hohenschönhausen: Knabe wird Rückkehr zur Stasiopfer-Gedenkstätte verwehrt
Mit einer Eilverfügung hat Hubertus Knabe seine vorläufige Rückkehr als Gedenkstätten-Leiter erstritten. Der Stiftungsrat will diese nun nicht zulassen.
Am Wochenende war der Jubel bei den Unterstützern von Hubertus Knabe groß. Denn er hatte mit einer einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht einen Teilerfolg erzielt. Knabe stellte sich darauf ein, am Montag wieder auf seinen alten Posten als Chef der Stasiopfer-Gedenkstätte zurückkehren zu können. So hatte es das Landgericht angeordnet und Knabes Freistellung aufgehoben.
Doch noch am Sonntag zog der Stiftungsrat der Gedenkstätte die Reißleine. Knabes Schachzug soll damit ins Leere laufen, seine Rückkehr verhindert werden. Das von Lederer geführte Gremium, in dem auch eine Vertreterin von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) sitzt, entschied einstimmig auf einer eilig einberufenen Sondersitzung, Knabe als Vorstand und Direktor der Gedenkstättenstiftung mit sofortige Wirkung und unwiderruflich abzuberufen.
Ein komplett zerstörtes Vertrauensverhältnis wird angeführt
Noch im September hatte der Stiftungsrat Knabe nur die Kündigung und Freistellung ausgesprochen. Der stiftungsrechtlich entscheidende Schritt wurde nun nachgeholt. Damit ist Knabe faktisch kein Vorstand der von Bund und Berlin finanzierten Stiftung mehr, auch die daran gekoppelte Aufgabe als Direktor ist er damit los. Weil er nun förmlich abberufen wurde, kann er nach Ansicht des Stiftungsrats am Montag nicht in die Gedenkstätte zurückkehren. Knabe ist kein normaler Arbeitnehmer, der Stiftungsrat kann einen Vorstand berufen oder absetzen. Entscheidend ist dabei das in ihn gesetzte Vertrauen.
Der Stiftungsrat habe eine Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen Stiftungsrat und Vorstand in einem Maße festgestellt, das die weitere Wahrnehmung des Amtes als Vorstand durch Knabe ausschließe, heißt es in einer am Sonntagabend verbreiteten Erklärung. Nach der Untersuchung der Zustände und der Führungskultur in der Gedenkstätte stellte der Stiftungsrat am Sonntag zudem fest, dass Knabe Rechtsverstöße und damit Pflichtverletzungen als Vorstand begangen haben soll.
Der Stiftungsrat legt Widerspruch gegen die Eilverfügung ein
Daneben legte der Stiftungsrat am Sonntag Widerspruch gegen die von Knabe vor dem Landgericht erwirkte Eil-Verfügung ein. Das Gericht hatte entschieden, dass die Freistellung aufgehoben und Knabe bis Ende März weiter beschäftigt werden muss. Die Verfügung war mit einem Ordnungsgeld von 25000 Euro belegt, sollte die Entscheidung nicht umgesetzt werden. Durch Knabes Abberufung hat die Stiftung nun neue Fakten geschaffen.
Knabe sollte noch am Sonntagabend über die Entscheidung informiert werden. Er hatte in den vergangenen Wochen Anfragen unbeantwortet gelassen und äußerte sich am Sonntag vor der Entscheidung des Stiftungsrats via Twitter. „Ich freue mich, dass ich mich ab Montag wieder meiner Lebensaufgabe widmen kann: der Aufarbeitung des in der DDR begangenen Unrechts.“ Und weiter: „Zusammen mit den Zeitzeugen und dem wunderbaren Team der Gedenkstätte möchte ich wieder mit ganzer Kraft meinen gesetzlichen Aufgaben nachkommen und dabei mit dem Stiftungsrat vertrauensvoll zusammenarbeiten.“
Mitarbeiter empfanden seine mögliche Rückkehr als "Horrorszenario"
Offenbar war die Freude über Knabes mögliche Rückkehr an der Gedenkstätte weniger groß. In Kreisen der Gedenkstätten-Mitarbeiter war am Sonntag von einem „Horrorszenario“ die Rede – vor allem für die Frauen. Die breite Mehrheit der Belegschaft hätte Knabes Entlassung als Neuanfang, teilweise als Befreiung im Arbeitsalltag empfunden, hieß es. Derzeit ist die als Vertrauensperson eingesetzte DDR-Bürgerrechtlerin und Ex-Chefin der Stasiunterlagenbehörde Marianne Birthler dabei, die Gedenkstätte zu stabilisieren und ein neues Arbeitsklima etablieren.
Es ist nicht ausschlossen, dass Knabe dennoch am Montag vor der Gedenkstätte medienwirksam erscheint und die Konfrontation sucht. Opfer und frühere Insassen des Stasi-Untersuchungsgefängnisses kündigten an, Knabe demonstrativ mit Blumen begrüßen zu wollen.
Im September war Hubertus Knabe freigestellt worden
Der Stiftungsrat hatte am 25. September einstimmig entschieden, Knabe zum 31. März 2019 zu entlassen und bis dahin freizustellen. Er soll nach Auffassung von Lederer und Grütters über Jahre geduldet haben, dass sein ebenfalls entlassener Vize Helmuth Frauendorfer - wie von dessen Anwalt teilweise eingeräumt - Mitarbeiterinnen sexuell belästigt hat. Zudem soll Knabe trotz Maßgaben der Kulturverwaltung nicht dagegen eingeschritten sein. Der Stiftungsrat hatte erklärt, kein Vertrauen in Knabe zu haben, den nötigen Kulturwandel an der Gedenkstätte herbeizuführen - im Gegenteil.
Grütters soll nun auf Bitten des Stiftungsrates die Ausschreibung und das Verfahren zur Neubesetzung des Chefpostens in der Gedenkstätte einleiten. Bis zum Abschluss und während der Interimszeit soll Jörg Arndt die Gedenkstätte kommissarisch führen. Er war bis vor kurzem stellvertretender Vorstand und Verwaltungsleiter der Stiftung Zentral- und Landesbibliothek. Er ist am Sonntag mit sofortiger Wirkung zum Vorstand und Direktor der Gedenkstätte Hohenschönhausen bestellt worden.
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