Peking beschränkt Autonomie und Grundrechte: Empörung über Chinas Hongkong-Gesetz
Europaabgeordneter Bütikofer fordert Ausschluss Huaweis von der Mitarbeit am deutschen 5G-Netz und Klage vor dem Internationalen Gerichtshof.
Trotz Warnungen und Protesten vieler Staaten hat China ein Gesetz verabschiedet, das die Autonomie und die Grundfreiheiten in Hongkong einschränkt. Präsident Xi unterzeichnete das umstrittene Gesetz in der Nacht zu Dienstag. Peking beruft sich auf den Schutz der nationalen Sicherheit. Der Schritt erfolgte symbolbewusst am 23. Jahrestag der Rückkehr Hongkongs unter chinesische Souveränität.
Das Signal: Verträge gelten nur, wenn es China passt
Der grüne Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer fordert deutliche Reaktionen. Deutschland zum Beispiel solle den chinesischen Konzern Huawei von der Mitarbeit am 5G-Netz ausschließen. Das Hongkong-Gesetz sei „ein tiefer Einschnitt“ und ein Bruch des internationalen Rechts, sagte der Vorsitzende der China-Delegation des Europäischen Parlaments dem Tagesspiegel. Peking habe „das Konzept zur Weiterentwicklung Hongkongs unter chinesischer Souveränität zu Grabe getragen“. Auch die SPD verlangte eine Neuorientierung der China-Politik.
Die Autonomie der Stadt und die Grundrechte ihrer Bürger sind „keine von China gewährte Gnade", argumentiert Bütikofer. "Sie beruhen auf einem internationalen Vertrag mit Großbritannien, der Joint Declaration von 1984, die beide Seiten bei den Vereinten Nationen hinterlegt haben.“ Mit dem Gesetz „gibt Xi das Signal: Wir halten uns nur an Verträge, wenn es uns passt“.
Wer könne jetzt noch darauf vertrauen, dass Huawei die Abmachungen zum Schutz der Daten deutscher Bürger einhalte, auf die es Zugriff gewinnt, wenn der Konzern eine Schlüsselrolle im 5G-Netz spielt, fragt Bütikofer. Huawei unterstehe einer Regierung, die sich nicht verlässlich an Verträge halte.
Die Uno soll einen Sonderbeauftragten für Hongkong ernennen
Die EU und die Vereinten Nationen müssten China zeigen, dass dieses anmaßende Verhalten einen Preis hat. „Instrumente gibt es viele. Die Frage ist: Besteht der politische Wille, sie zu nutzen?“ Die EU könne UN-Generalsekretär Antonio Guterres auffordern, einen Sonderbeauftragten für Hongkong zu benennen. Großbritannien könne als Vertragspartner der Joint Declaration Klage gegen China beim Internationalen Gerichtshof einreichen.
Bütikofer sieht einen Stimmungsumschwung in London gegenüber der Zeit unter den Premiers David Cameron und Theresa May, die auf enge Kooperation mit China gesetzt hatten. Die Briten haben Huawei kürzlich aus dem Aufbau ihres 5G-Netzes ausgeschlossen.
Die EU spricht von Rechtsbruch, schweigt aber über Konsequenzen
Auch Japan und die USA hätten hart reagiert, analysiert Bütikofer. Die EU hingegen stelle zwar einen Bruch des internationalen Rechts fest, sage aber nicht, welche Konsequenzen sie zieht. Laut Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen untergräbt das Gesetz die Autonomie Hongkongs und wirkt sich nachteilig auf die Unabhängigkeit der Justiz und die Rechtsstaatlichkeit aus.
Bütikofer drohte, das Investitionsabkommen mit China, das Kanzlerin Angela Merkel und die EU anstreben, komme nur mit Zustimmung des Europäischen Parlaments zustande. Bütikofer setzt auch auf Sanktionen gegen Einzelpersonen.
Dissident Wong: Das Ende von Hongkong, wie die Welt es kennt
Das Hongkong-Gesetz richtet sich gegen die Demokratiebewegung dort. Es sei „ein Schwert über den Köpfen derjenigen, die die nationale Sicherheit gefährden“, erklärte das chinesische Büro für die Angelegenheiten Hongkongs.
Joshua Wong, ein Anführer der Demokratiebewegung, sagt, das Gesetz markiere „das Ende von Hongkong, wie die Welt es bisher kannte“.