Außenminister weist chinesische Drohungen zurück: Maas weckt mit seinem Stoppsignal an China große Erwartungen
Außenminister Heiko Maas setzt nach dem Besuch seines chinesischen Kollegen auf ein einiges Europa - und findet deutliche Worte. Ein Kommentar.
Wenn es um Taiwan geht, sucht die deutsche Außenpolitik nicht den Konflikt mit China. Ein hochrangiger Besuch auf der demokratisch regierten Insel vor dem chinesischen Festland, wie ihn gerade der tschechische Parlamentspräsident unternimmt, käme in Deutschland wohl keinem verfassungsrelevanten Akteur in den Sinn.
Umso bemerkenswerter ist die Klarheit, mit der Außenminister Heiko Maas (SPD) nun Chinas Drohungen gegen Tschechien wegen der Taiwanreise des Parlamentspräsidenten zurückgewiesen hat. Deutschland hat diesen Konflikt nicht gesucht. Und trotzdem nutzt Maas ihn, um seinem Kollegen Wang Yi deutlich zu machen, dass sich Europa im Verhältnis zu China nicht auseinanderdividieren lässt.
Er tut das mit Formulierungen, die aufhorchen lassen. Deutschland werde auch weiter außerhalb der Grenzen der EU für deren Werte eintreten, kündigt er an und setzt ein Stoppsignal: „Drohungen gegen dieses Engagement werden wir nicht mehr akzeptieren.“ Es ist eine Ankündigung, die große Erwartungen weckt.
Zu viel hat sich an Belastungen aufgestaut im deutsch-chinesischen Verhältnis, als dass höfliches Drumrumreden oder diplomatische Beschönigungen noch weiterhelfen. Die chinesische Regierung, die zuweilen klingt, als sei sie der Lordsiegelbewahrer des Multilateralismus und des freien Welthandels, wirbt um Gemeinsamkeiten.
Lordsiegelbewahrer des Multilateralismus
Hinter den freundlichen Tönen zeugen aggressiv verteidigte Territorialansprüche und unfaire Regeln für wirtschaftliche Wettbewerber von einer anderen Realität. Die Regeln, die den Multilateralismus ausmachen, sie sollen nur für andere gelten.
Maas wagt sich weit vor im Wissen darum, dass Deutschland und die EU China weiter als Partner brauchen, sei es beim Kampf gegen den Klimawandel oder bei der Verteidigung des Atomabkommens mit dem Iran. Auch zum Angriff auf die Freiheiten Hongkongs und zur Unterdrückung der Uiguren findet er klare Worte, ohne die Zusammenarbeit zu gefährden.
Der chinesische Gast preist die Einigkeit der EU. Doch in der Coronakrise hat Peking mit eher symbolischen Hilfslieferungen an Italien oder Serbien Europa gespalten, um sich als die bessere Systemalternative hinzustellen. Strategische Investitionen Pekings in EU-Länder sorgten dafür, dass die Begünstigten eine einstimmige Verurteilung der Unterdrückung der Uiguren verhinderten.
Trotzdem ist es richtig, dass Maas alles daransetzt, Peking nur mit einer, mit einer europäischen Stimme zu antworten. Sein Versprechen, dass Drohungen nicht mehr akzeptiert werden, dürfte bald auf den Prüfstand kommen.