Berlin nach der Air-Berlin-Pleite: Der Traum vom Drehkreuz ist geplatzt
Linke und Grüne glauben nicht an ein Hauptstadt-Drehkreuz. Die CDU wirft Michael Müller Führungsschwäche und Konzeptlosigkeit vor.
Welche Folgen hat der bevorstehende Verkauf von Air Berlin auf den Berliner Luftverkehr – und vor allem auf den Flughafen BER? Auf diese Frage reagieren die Fraktionen im Abgeordnetenhaus ganz unterschiedlich. Der SPD-Fraktionschef Raed Saleh will sich dazu gar nicht äußern. „Das überlasse ich der Exekutive“, sagte er am Donnerstag dem Tagesspiegel. Der ehemalige Wirtschaftssenator und Verkehrsexperte der Linken, Harald Wolf, ist weniger zurückhaltend. Er glaubt nicht, dass die Pleite von Air Berlin dramatische Veränderungen für den Standort Berlin bringen wird.
Wolf: Berlin ist kein Drehkreuz
„Den Flugverkehr, den Air Berlin bisher abgedeckt hat, werden andere übernehmen“, sagt Wolf. Das gelte für Start- und Landerechte, Fluggerät und Personal. Wobei die Lufthansa mit ihren Töchtern Germanwings und Eurowings nicht alles bekommen werde. Für den Flughafen BER werde dies aber „keine desaströsen Auswirkungen“ haben, sagt Wolf. Die alte Diskussion um ein Luftverkehrskreuz Berlin in Schönefeld fand der Linken-Politiker schon immer übertrieben.
„Spätestens, seitdem Etihad bei Air Berlin eingestiegen ist, denn die Gesellschaft hat in Abu Dhabi ihr eigenes Drehkreuz.“ Und in Deutschland spiele Berlin, im Vergleich zu den beiden großen Knotenpunkten München und Frankfurt/Main, seit jeher nur eine untergeordnete Rolle, so Wolf. Trotzdem seien einige Fluggesellschaften sicher daran interessiert, von Berlin aus attraktive Langstreckenflüge anzubieten, meint der Verkehrspolitiker der Linken. Politischen Einfluss auf die Regulierung des Luftverkehrs könne allerdings nur die Bundesregierung ausüben, dies sei keine Sache der Landespolitik. Der Senat habe nur die Möglichkeit, auf den Bund im eigenen Interesse einzuwirken.
An der Preisschraube drehen
Der Grünen-Verkehrsexperte Harald Moritz erwartet erst einmal „ein großes Gerangel um die Start- und Landerechte, die Air Berlin besitzt“. Die künftige Rolle des Hauptstadt-Flughafens BER sieht Moritz ebenfalls zurückhaltend. „Ob sich dort ein Drehkreuz realisieren lässt, da habe ich meine Zweifel.“ Die Lufthansa werde das bestimmt nicht forcieren. Der Grünen-Politiker geht eher davon aus, dass Billigflieger diverser Airlines die Lücke am Flughafenstandort Berlin füllen werden, wenn Air Berlin vom Markt verschwindet. Es gebe ja genügend Wettbewerber. Die Wirtschaftlichkeit der Berliner Flughafengesellschaft sieht Moritz, ähnlich wie Wolf, auch ohne Air Berlin nicht in Gefahr. „Der Schlüssel für schwarze Zahlen liegt ganz woanders, nämlich in der Gebührenpolitik.“ Der Abgeordnete ist dafür, die Entgelte für Starts und Landungen in Zukunft so weit wie möglich auszureizen. Denn es gehe nicht darum, möglichst viel Flugverkehr zu generieren. Das ist nun mal Grünen-Politik.
Rot-Rot-Grüne Konzeptlosigkeit
Völlig anders tickt die CDU. Deren Fraktionschef Florian Graf und der Verkehrspolitiker Oliver Friederici fragen: „Wie geht es weiter mit dem Luftdrehkreuz Berlin?“ Darauf habe der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) keine Antwort. Der Konkurs von Air Berlin treffe Flugreisende und Mitarbeiter des Unternehmens, aber es gehe auch um den Wirtschaftsstandort Berlin und „Zukunftsarbeitsplätze, die andere deutsche Städte an ihren Flughäfen schaffen“. Es zeige sich wieder deutlich, kritisieren die Christdemokraten, dass dem rot-rot-grünen Senat ein zukunftsfähiges Luftverkehrskonzept fehle. Außerdem offenbare das „Abtauchen Müllers“ wieder einmal dessen Führungsschwäche, besonders in schwierigen Situationen.
Senat und Abgeordnetenhaus werden sich erst im September, nach dem Ende der Sommerferien, mit dem Thema befassen.
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