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Ein Flugzeug der Airline "Air Berlin" fliegt an einer riesigen Wasserdampfwolke des Heizkraftwerkes Reuter in Siemensstadt vorbei.
© Ralf Hirschberger/dpa

Krise bei Air Berlin: Wer ist schuld an der Insolvenz?

Einst war Air Berlin Aushängeschild der Hauptstadt. Der Insolvenzantrag ist die vorerst letzte Stufe eines langen Abstiegs. Wie es soweit kommen konnte.

Als Thomas Winkelmann im Februar den Chefsessel bei Air Berlin übernahm, da war der Absturz der einst so stolzen Airline wohl schon nicht mehr zu verhindern. Denn da war der arabische Geldgeber Etihad Airways schon selbst ins Trudeln geraten, nicht zuletzt dank seiner Beteiligung an der zweitgrößten deutschen Luftverkehrsgesellschaft. Im vergangenen Monat mussten die Partner aus Abu Dhabi einen Rekord-Jahresnettoverlust von 1,87 Milliarden Dollar vermelden, allein 808 Millionen Dollar davon führt man auf bestimmte Anlagen sowie Verbindlichkeiten gegenüber den Equity-Partnern, allen voran Air Berlin und Alitalia, zurück. Erst im April hatten die Scheichs noch einmal 250 Millionen Euro in die marode Airline gesteckt.

Wer ist schuld an der Entwicklung? Ein zu schnelles Wachstum nach der Umwandlung der amerikanischen in eine deutsche Fluggesellschaft und der Verzicht auf eine klare Positionierung haben Air Berlin, deren Muttergesellschaft seit 2006 eine börsennotierte PLC nach britischem Recht mit Sitz in London ist, frühzeitig auf einen verhängnisvollen Zick-Zack-Kurs gebracht. Man wollte ein wenig von allem sein, als Ferienflieger Touristen in den Urlaub bringen, als Netzwerkcarrier der Lufthansa Konkurrenz machen und als Billigflieger kostengünstige Städteverbindungen bieten. Doch alles funktionierte jeweils nur halbherzig, weil man sich auf nichts wirklich konzentrierte.

Verspätungen und lange Wartezeiten

Der 2012 vollzogene Beitritt in die One-World-Allianz, Seite an Seite mit Branchengiganten wie British Airways und American Airlines, bot die Chance, sich endgültig in die Spitzengruppe des Luftverkehrs zu katapultieren. Doch schon damals musste man auch auf die Befindlichkeiten des 2011 als Großaktionär eingestiegenen Partners aus den Emiraten eingehen. Der lukrative Verkehr in Richtung Asien endete damit für Air Berlin fortan in Abu Dhabi, zumindest profitierte man von den auch unter AB-Flugnummern angebotenen Abschlussdiensten von Etihad. So konzentrierte sich Air Berlin mit ihren Langstrecken auf die Vereinigten Staaten, doch auch dort ist der bisherige Partner American abgesprungen. Gerade noch hat man ein neues Abkommen mit Jet Blue Airways geschlossen, an denen die Lufthansa beteiligt ist.

Auch das Engagement für ihre Heimatstadt kam Air Berlin teuer zu stehen. Weil der neue Flughafen BER in Schönefeld noch immer nicht in Betrieb ist, konnte man das hier geplante Drehkreuz nicht so entwickeln wie geplant und kündigte noch vor Kurzem die Verlegung von einigen weiteren Langstrecken nach Düsseldorf an. Ein Flugzeug hatte man schon vor längerer Zeit mit dem Schriftzug „Air Düsseldorf“ versehen, ein makabrer Gag.

Als Thomas Winkelmann seinen Dienst antrat, muss er bereits vor einem Chaos gestanden haben, das kaum mehr zu richten war. Die Anschlusszeiten für Umsteigeverbindungen waren teilweise mit 30 Minuten kalkuliert, obwohl in Tegel 45 Minuten als Minimum gelten. Und mit der Münchner Aeroground wurde ein neuer Dienstleister für die Flugzeugabfertigung verpflichtet, der die ambitionierten Erwartungen unter den beengten Tegeler Verhältnissen nicht erfüllen konnte.

Flugverspätungen und -streichungen sowie stundenlange Wartezeiten aufs Gepäck waren für Air-Berlin-Passagiere plötzlich an der Tagesordnung. Das kostete Vertrauen, das durch die jüngsten Stabilisierungsmaßnahmen nicht zurückgewonnen werden konnte. Die Frage ist, wie sich das jetzige Insolvenzverfahren auf das Vertrauen und die Buchungen auswirken wird.

Rainer W. During

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