Berliner Flughafen: Am BER war die Air-Berlin-Insolvenz längst einkalkuliert
Für den Berliner Flughafen ist ein "strategisches Hauptrisiko" eingetreten. Beträgt der Schaden 219 Millionen Euro, 73 Millionen - oder fast nichts?
Nach den Pleiten um den BER nun auch noch Air Berlin: Mit der Insolvenz ihres bisherigen Hauptkunden drohen für die Flughafengesellschaft Berlins, Brandenburgs und des Bundes (FBB) wieder finanzielle Unwägbarkeiten und womöglich auch Turbulenzen, obwohl sich die Finanzlage schon mit der sich mindestens bis Herbst 2019 weiter verzögernden Eröffnung des neuen Airports verschärft. Jeder Ausfall trifft die Flughafengesellschaft um so empfindlicher.
Auf der anderen Seite kommt das Aus für Air Berlin nicht unerwartet, die FBB konnte sich darauf einstellen. So hat die Flughafengesellschaft angesichts der bekannte Probleme der Airline intern eine mögliche Insolvenz vorsorglich schon länger einkalkuliert und auch beziffert. Und zwar in den Berichten zum „Risikomanagement“, die dem Aufsichtsrat regelmäßig vorgelegt werden. Nach Tagesspiegel-Informationen war die „Insolvenz eines großen Airline Kunden“ seit zwei Jahren als eines der „strategischen Hauptrisiken“ aufgeführt. Das Schadenspotenzial wurde dem Vernehmen seit 2016 stabil mit maximal rund 219 Millionen Euro beziffert.
Flughafengesellschaft hat keine offenen Forderungen
In anderen Kalkulationen ist, wie es am Mittwoch aus FBB-Kreisen hieß, von möglichen negativen Auswirkungen in Höhe von rund 73 Millionen Euro die Rede. Doch kann der Flughafen darauf setzen, dass die meisten bisherigen Air-Berlin-Anteile – Slots in Berlin sind begehrt – vom Neu-Eigentümer und anderen Airlines übernommen werden.
So schloss die FBB auf Anfrage strikt aus, dass es infolge der Insolvenz von Air Berlin zu einem Liquiditätsengpass bei der FBB kommt. Denn die Flughafengesellschaft, zuständig für Finanzen ist Geschäftsführerin Heike Fölster, war permanent darauf bedacht, bei Air Berlin keine Außenstände auflaufen zu lassen. Dazu passt die offizielle Antwort auf die Frage, ob es aktuell FBB-Forderungen gegenüber Air Berlin gebe: „Nein.“
Vor diesem Hintergrund dürfte es extrem unwahrscheinlich sein, dass Air Berlin die Flughafengesellschaft gleich mit ins Trudeln bringen könnte. Der FBB-Aufsichtsratsvorsitzende, Brandenburgs Flughafenkoordinator Rainer Bretschneider, sagte dazu: „Das halte ich für ausgeschlossen.“ Aber natürlich müsse man alle Sachverhalte genau beobachten.
Neue Ausfälle kann sich die FBB nicht leisten
Die FBB untersucht nach eigenen Angaben die Auswirkungen der Insolvenz auf das eigene Geschäft „zur Zeit detailliert“. Das öffentliche Unternehmen, das wegen der inzwischen 6,6 Milliarden Euro teuren Baustelle des neuen Hauptstadt-Airports in Schönefeld tiefrote Zahlen schreibt, kann sich kaum neue Ausfälle leisten.
Jeder Monat, den der BER nicht eröffnet, schlägt mit rund 13 Millionen Euro zu Buche. Zwar hat die FBB über Darlehen der drei öffentlichen Eigner und komplett öffentlich verbürgte Bankenkredite aktuell genügend Geld – und zwar 1,1 Milliarden Euro für die Sanierung und Inbetriebnahme des BER und weitere 1,1 Milliarden Euro für erste Ausbauten. Doch dieses Finanzpaket war noch auf eine Eröffnung 2017, spätestens jedoch bis Mitte 2018 durchgerechnet. Nach Tagesspiegel-Recherchen wird der BER aber frühestens im Herbst 2019 in Betrieb gehen können. Solange reicht das Geld nicht.
Der Tagesspiegel kooperiert mit dem Umfrageinstitut Civey. Wenn Sie sich registrieren, tragen Sie zu besseren Ergebnissen bei. Mehr Informationen hier.