Kampf gegen Geldwäsche: Berliner Task Force überprüft 25 Notare – und findet elf Verdachtsfälle
Seit April ist die neue Task Force gegen Geldwäsche aktiv. Dabei hat sie bereits elf zweifelhafte Geschäfte mit Immobilien und Unternehmensanteilen entdeckt.
Im Kampf gegen Geldwäsche hat die neue Berliner Task Force 25 Notare überprüft. Dabei hätten sich elf „Verdachtsfälle“ ergeben, teilte die Justizverwaltung mit. Es gehe um Immobiliengeschäfte mit Häusern und Grundstücken sowie um die Übertragung von Unternehmensanteilen. Für die weitere Überprüfung sei die bundesweite Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen zuständig.
Im Januar war die Task Force gegen Geldwäsche beim Immobilienkauf bei der Notaraufsicht am Berliner Landgericht eingesetzt worden. Sie soll das Einsickern von illegal erworbenem Vermögen in den legalen Kreislauf stoppen. Im Herbst 2018 hatte der rot-rot-grüne Senat einen Fünf-Punkte-Plan gegen Clan-Kriminalität beschlossen. Geprüft wird wegen der Corona-Pandemie laut Justiz seit Ende April.
Die Gruppe arbeitet unter Leitung der Richterin Sabine Bünning mit drei Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern. Die Zahlen belegten, dass aktuell bei fast jeder zweiten Prüfung ein Verdachtsfall vorliege, erklärte Bünning. Dies zeige, wie wichtig die Prüfungen vor Ort seien.
Der Kauf von Wohnungen, Häusern oder Grundstücken muss von Notarinnen und Notaren beurkundet werden. Sie wurden laut Justizverwaltung angewiesen, bei einer Analyse zu einem größeren Geschäft Gründe für die Einordnungen in „geringes Risiko“ oder „höheres Risiko“ zu dokumentieren. Berlin warte aber dringend auf eine Verordnung des Bundesfinanzministeriums, die die Pflichten der Notare konkretisiere. Bislang mussten Notare nur melden, wenn sie „positive Kenntnis“ hatten, dass ein Mandant illegal erwirtschaftetes Geld anlegen will.
Bundesweit kamen 2019 nur acht von 77.000 Hinweisen von Notaren
Laut Justizverwaltung kamen im Vorjahr von bundesweit 77.252 Hinweisen auf unrechtmäßige Immobilienkäufe nur acht Meldungen von Notaren. Die meisten Hinweise gaben demnach Banken. Wegen der hohen Wertstabilität bei gleichzeitig schwacher staatlicher Kontrolle und wenig Transparenz gilt der deutsche Immobilienmarkt seit Jahren als anfällig für Geldwäsche. In Berlin kommen noch starke Wertsteigerungen hinzu.
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Laut Justizsenator Dirk Behrendt ist es richtig, bei Notaren genauer hinzuschauen. „Wir werden in den Bemühungen nicht nachlassen, die Geldwäsche zu bekämpfen. Deutschland darf kein Geldwäscheparadies mehr sein“, erklärte der Grünen-Politiker. Zum Start der Task Force hatte Behrendt betont, es gehe nicht darum, Notaren Beihilfe zur Geldwäsche vorzuwerfen. Sie sollten aber im Blick haben, ob Käufe plausibel seien.
Spektakuläre Aktion: Beschlagnahmung von 77 Clan-Immobilien
Seit diesem Jahr gelten auch verschärfte EU-Bestimmungen, nach denen etwa Barzahlungen von mehr als 10.000 Euro bei Zwangsversteigerungen von Immobilien meldepflichtig sind. Die Bundesnotarkammer erwartet dadurch künftig deutlich mehr Meldungen wegen Geldwäscheverdachts - und zugleich eine abschreckende Wirkung. Allerdings gab es auch Bedenken hinsichtlich der Schweigepflicht.
Dem Berliner Fünf-Punkte-Plan vorausgegangen war im Sommer 2018 bereits die spektakuläre Beschlagnahmung von 77 Immobilien einer arabischstämmigen Großfamilie, von der zahlreiche Angehörige seit Jahren im Konflikt mit dem Gesetz stehen.
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Polizei und Staatsanwaltschaft gehen davon aus, dass die Immobilien im Wert von rund neun Millionen Euro mit Geld aus Straftaten erworben wurden, etwa bei Zwangsversteigerungen. Das Verfahren ist bis heute nicht abgeschlossen.
Auch wenn Clan-Mitglieder in der Vergangenheit auf vielfältige Weise auffällig geworden sind und das Land inzwischen härter gegen sie vorgeht, machen sie im Spektrum der organisierten Kriminalität in Berlin nur einen Teil aus. Noch bedeutender sind osteuropäische Banden. Auch bei der Geldwäsche mit Immobilien gelten sie als kleine Fische. Gewichtiger sind internationale Firmennetzwerke mit Verbindungen in Offshore-Steuerparadiese. (Tsp, dpa)