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Geldwäscher kaufen bislang oft Edelmetalle - dies soll bald erschwert werden.
© Boris Roessler/dpa

Notare sollen Verdachtsfälle melden: Wie der Berliner Senat den Kampf gegen Geldwäsche ausweitet

Berlins Justizsenator wird konkret: Ab Januar sollen Notare bei möglicher Geldwäsche aufmerksamer sein. Das betrifft auch die Immobiliengeschäfte der Clans.

Der Berliner Senat will im kommenden Jahr die von der Europäischen Union (EU) verschärften Geldwäschebestimmungen zügig umsetzen. „Deutschland ist bislang ein Geldwäscheparadies, da haben die internationalen Experten leider Recht“, sagte Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) dem Tagesspiegel. „Ich gehe davon aus, dass der Bund die aktuellen EU-Geldwäscherichtlinien bis Jahresende in nationales Recht umsetzt.“

Hartz-IV-Empfänger kauft Haus?

Letztlich liegt es danach an den Bundesländern, wie das Gesetz in der Praxis wirken wird – und Berlin wolle Behrendt zufolge eine Vorreiterrolle spielen. Die vom Senator im Sommer angekündigte dreiköpfige Task Force sei startbereit, sagte Behrendt, sie soll ab Januar die Berliner Notare auf Geldwäsche sensibilisieren. Ermittler stellten fest, dass Clan-Kriminelle in Berlin zahlreiche Wohnungen und Häuser gekauft haben.

Einige der Käufer leben im Libanon und sollen – so der Verdacht – durch den Erwerb von Häusern das Geld von Berliner Milieugrößen gewaschen haben. Andere Käufer waren kurz vor dem Immobilienerwerb noch Hartz-IV-Empfänger, weshalb ihr Vermögen aus Straftaten stammen könnte. Geldwäschefälle werden zentral bei der Financial Intelligence Unit (FIU) beim Zoll registriert, ermittelt wird oft vom jeweiligen Landeskriminalamt. Die Zahl der Verdachtsfälle wegen Geldwäsche hat 2018 zugenommen.

Haben Notare beim Remmo-Clan Hinweise übersehen?

Wie die FIU kürzlich mitteilte, ist die Zahl der gemeldeten Verdachtsfälle im Vergleich zu 2017 um circa 30 Prozent auf 77.252 Meldungen gestiegen. Nach wie vor kamen fast alle Meldungen von Banken. Makler, Händler und Notare meldeten 2018 weniger als 600 Verdachtsfälle. Nicht bekannt ist, hinter wie vielen dieser Meldungen tatsächlich Straftaten und gegebenenfalls Verurteilungen stecken. Auf Geldwäsche stehen Strafen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Haft, die Verfahren dauern oft Jahre.

Insbesondere von Notaren erhoffen sich Ermittler bald deutlich mehr Meldungen - in Berlin soll dabei die Task Force helfen. Deren Fachleute werden bei der Notarrevision eingesetzt, bei dieser regelmäßigen Unterweisung werden die Notare auf die Korrektheit ihrer Arbeit hin geprüft.

Die Task Force soll auch klären, inwiefern Notare im Fall der 77 eingezogenen Clan-Immobilien womöglich nachlässig waren: Aus einer Sparkasse wurden 2014 mehr als neun Millionen Euro erbeutet. Ein Mann aus der Großfamilie Remmo wurde dafür verurteilt, das Geld nicht gefunden. Die Staatsanwaltschaft ließ 2018 dann 77 Immobilien der Familie beschlagnahmen, weil sie mit gestohlenem Geld gekauft worden sein könnten. Ein Gerichtsverfahren dazu läuft.

Die 77 Immobilien vorläufig zu konfiszieren, erklärte die Staatsanwaltschaft damals, sei erst durch eine Gesetzesänderung 2017 zur Einziehung von Vermögen möglich geworden. Seitdem können Ermittler verdächtige Vermögenswerte leichter einziehen, wenn unklar ist, woher sie stammen. Allerdings gilt in Deutschland keine volle Beweislastumkehr wie etwa in Italien.

Gold kann kaum noch anonym gekauft werden

Im Oktober hatte der Europol-Chefermittler für organisierte Kriminalität, Jari Matti Liukku, die deutschen Behörden zu intensiveren Geldwäsche- und Schwarzgeldermittlungen aufgefordert. Die Bundesregierung hatte schon zuvor begonnen, verschärfte EU-Richtlinien umzusetzen.

Konkret gilt ab nächstem Jahr: Gold kann kaum noch anonym gekauft werden, ab 2000 Euro sollen Händler die Ausweisdaten des Kunden registrieren. Bei Zwangsversteigerungen von Immobilien – die in Berlin seit Jahren von Clan-Kriminellen genutzt werden – müssen Barzahlungen ab 10.000 Euro gemeldet werden. Eine Meldepflicht gilt dann auch für Makler, wenn aufgrund eines Mietvertrages monatlich mindestens 10.000 Euro gezahlt werden sollen.

Immobilienmarkt bald unattraktiver für Geldwäscher

Ohnehin sollen Notare in bestimmten, besonders geldwäscherelevanten Konstellationen immer eine Meldung abgeben – beispielsweise dann, wenn ein Käufer traditionell in Staaten aktiv ist, die als Schwarzgeldhochburgen aufgefallen sind. Schon in den vergangenen Monaten hatten sich die Notare zu den verschärften EU-Bestimmungen geäußert. Die Bundesnotarkammer, die alle zugelassenen Notare vertritt, teilte dazu mit: Die erweiterte Meldepflicht werde zu deutlich mehr Meldungen wegen Geldwäscheverdachts führen. Zudem sei zu erwarten, dass sie eine noch höhere Abschreckungswirkung mit sich bringen und den deutschen Immobilienmarkt unattraktiver für Geldwäscher machen werde.

Bislang mussten Notare nur melden, wenn sie „positive Kenntnis“ hatten, dass ein Mandant illegal erwirtschaftetes Geld anlegen will. Auf 100 Milliarden Euro schätzte das Bundesfinanzministerium 2016 die Summe illegaler Gelder, die hierzulande pro Jahr gewaschen werden.

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