Shoppingcenter in Berlin-Mitte: Arkaden am Potsdamer Platz behaupten sich gegen Mall of Berlin
Vor einem Monat eröffnete die „Mall of Berlin“ am Leipziger Platz mit 270 Läden und Lokalen. Eine große Konkurrenz für die Arkaden am Potsdamer Platz. Doch dort macht sich das bisher kaum bemerkbar.
Es wirkt schon etwas bizarr: Wer mit der U-Bahn zur neuen „Mall of Berlin“ am Leipziger Platz fährt und am Bahnhof Potsdamer Platz aussteigt, sieht jede Menge Center-Reklame – aber nicht von der Mall. Alle großen Plakate werben für die nahen Potsdamer-Platz-Arkaden. Selbst am Ausgang an der Mall fordern Pfeile zur Umkehr auf. Lutz Heinicke, Centermanager der Arkaden, freut sich über den Coup: Für drei Jahre habe er die „Komplettbelegung des U-Bahnhofs“ gebucht.
Heinicke gibt sich keineswegs geschlagen angesichts des starken Konkurrenten. Vor einem Monat öffnete die Mall mit 270 Läden und Lokalen auf 76.000 Quadratmetern Fläche. Sie ist rund doppelt so groß wie der 16 Jahre alte Nachbar am Potsdamer Platz.
Bis zu 150.000 Menschen pro Tag in der Mall, bis zu 55.000 in den Arkaden
Noch schaltet Harald Huth, Bauherr der Mall, relativ wenig Werbung – trotzdem kommen im Durchschnitt etwa 100.000 Besucher pro Tag. Zu Spitzenzeiten wie sonnabends seien es um 150.000 Menschen, sagt Huth.
In den Arkaden zählen die Bewegungsmelder seit der Eröffnung der Mall täglich im Schnitt 35.000 Menschen – 4,2 Prozent weniger als im gleichen Vorjahreszeitraum. Ein Spitzenwert wurde am 19. Oktober, einem Sonnabend, mit knapp 55.000 Gästen erreicht.
Der Rückgang beunruhigt den Arkaden-Chef kaum. Es könne auch am Wetter und anderen Gründen liegen, sagt Heinicke, der die Arkaden seit 2012 führt. „Alle Menschen wollen das Neue“, sagt der 53-Jährige.
Einbußen kommen und gehen, sagt der Centermanager
Er erinnert sich an seine Zeit im Ring-Center am S-Bahnhof Frankfurter Allee, als 2007 das „Alexa“ am Alexanderplatz eröffnete. Zunächst habe sich nichts geändert, erst nach einem Vierteljahr seien die Umsätze gesunken – aber neun Monate später sei die „Erholung“ gefolgt. „Irgendwann kommt mir als Kunde die Erkenntnis, dass es in meinem Center das gleiche gibt.“
Überraschend wirkt der bis zu 50-prozentige Besucherzuwachs, den die Arkaden in den ersten vier Tagen der Mall erlebten. Dafür wurde viel getan. Schilder und Promotionteams mit Flyern warben in der Leipziger Straße für billiges Parken am Potsdamer Platz, für Gewinnspiele, Gratis-Massagen und Freidrinks.
Das Quartier lebt auch von Unterhaltungsangeboten
„Entertainment ist eine unserer Stärken“, sagt Heinicke. Plakate weisen auf die 19 Kinosäle im Quartier Potsdamer Platz hin. Außerdem gehören Gäste des Musicaltheaters, der Spielbank und der Blue Man Group sowie Mitarbeiter der Firmen rundum zum Publikum. Sehr beliebt sei die Ausstellung zum 25. Mauerfall-Jubiläum mit bemalten Mauerstücken, einem Grenzabschnitt samt DDR-Wachturm und vielen Fotos. „Die Leute lieben es“, sagt Heinicke.
Am früher in Ost und West geteilten Potsdamer Platz sei die Schau genau richtig, sie werde von Schulklassen und Touristengruppen besucht. Der Centermanager denkt bereits an eine ähnliche Ausstellung zum 25. Jubiläum der deutschen Einheit.
In den Läden ist die Stimmung seit der Mall-Eröffnung unterschiedlich. Der Rückgang „fällt vor allem an den Wochenenden auf“, sagt Marcus Klaiber, Sportstudent und Aushilfe bei Puma. Touristen kämen vom Leipziger Platz „eher selten in die etwas abgelegene Potsdamer Straße“.
Es mangelt an Technik- und Kindergeschäften
Dagegen findet Blumenhändlerin Heike Damerius, es sei „sogar voller geworden“, auch weil „viele Leute das Parkhaus hier nutzen“. Eine Mitarbeiterin des Modegeschäft Gerry Weber sagt, die Mall sei „einfach größer“. Allerdings gebe es dort auch „hochpreisigere Geschäfte“. Die Arkaden seien „beschaulicher und familiärer“.
Verkäuferin Yvonne Holznagel vom Unterwäscheladen Palmers führt den „schrumpfenden Kundenstrom“ darauf zurück, dass „das Geld nicht mehr so da ist“. Allerdings fehlten attraktive Technik- und Kindergeschäfte.
Läden zogen weg, dafür kamen neue
Am Potsdamer Platz wurden Läden ersetzt, die in die Mall gezogen sind – etwa der Elektronikmarkt Saturn durch die Modehandlung TK Maxx, Kaiser’s durch Rewe und Aldi durch einen Drogeriemarkt. 45 Filialisten verkaufen in beiden Centern. Leer stehen in den Arkaden ein Hemden- und ein Spielzeugladen, die in die Insolvenz gerieten, und die ehemalige Buchhandlung Hugendubel. Die wirtschaftlich angeschlagene Buchkette hatte die Filiale ersatzlos geschlossen. Bald übernimmt ein US-Modeunternehmen die Räume.
Schulterschluss der Center
Die Betreiber der Center sehen keinen Verdrängungskampf, sie planen sogar den Schulterschluss: Mit Jens Kirbach, Centermanager der Mall, spricht Heinicke über Aktionen. So könne ein „längster Laufsteg der Welt“ beide Zentren temporär verbinden.
Für Mall-Bauherr Harald Huth geht es um mehr als Läden. Beim Leipziger und Potsdamer Platz handele es sich um ganze Stadtquartiere, betont er. Huth strebt eine weitere Belebung des Leipziger Platzes an, etwa durch Cafés. Den Mangel an Fahrradstellplätzen begründet er mit Gehwegarbeiten und verspricht „schnellstmöglich“ 450 Abstellplätze.
Und er möchte die Friedrichstraße stärker einbeziehen, wo er Mitglied der Straßengemeinschaft ist. Deren Geschäftsführer Mateusz Hartwich hat noch keine Klagen über Umsatzrückgänge gehört.
Gelassenheit im Alexa
Aus dem Alexa heißt es, die Mall habe „uns bis jetzt praktisch keine Kunden gekostet“. Es gebe normal bis zu 45.000 Besucher pro Tag, sonnabends bis zu 80.000 und zu besonderen Anlässen mehr als 150.000. Das liege am großen Angebot und an der verkehrsgünstigen Lage.
Der Bau der Mall geht weiter
Unterdessen plant Huth den Ausbau seiner Mall. Allein in die soeben erworbenen Häuser am Leipziger Platz 14 und 15 will er fast 100 Millionen Euro investieren und bis 2016 Modegeschäfte in den unteren Etagen ansiedeln. Inzwischen gehören ihm und Finanzpartnern alle Gebäude im Norden des Platzes außer Kanadas Botschaft und der Brache an der Ecke Ebertstraße, wo eine Attrappe ein Bürogebäude vortäuscht.
Nur eines kann Huth als Bauherr offenbar nicht ändern: In der Mall verdienen Verkäufer weniger als in den Arkaden. Denn am Leipziger Platz zahlen Läden noch immer den niedrigeren Ost-Tarif des Berliner Einzelhandels.
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