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Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD)
© imago images/Bildgehege
Update Exklusiv

Streiks bei Berliner Lieferdienst: Arbeitsminister Heil schaltet sich in Gorillas-Streit ein

Die Proteste beim Express-Lieferdienst Gorillas beschäftigen auch die Bundesebene: Der Arbeitsminister will sich mit Radkurieren und Unternehmensspitze treffen.

Der Arbeitskampf beim Berliner Express-Lieferdienst Gorillas wird nun auch ein Thema für die Bundespolitik: Am kommenden Dienstag will Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) mit Beschäftigten des Start-ups über ihre Arbeitssituation sprechen.

Das teilte das Büro der Bundestagsabgeordneten Cansel Kiziltepe (SPD), die den Minister eingeladen hat, am Mittwoch dem Tagesspiegel mit. Heil wolle auch mit der Unternehmensführung reden, sagte ein Sprecher der Abgeordneten. Die Gorillas-Geschäftsführung äußerte sich bisher nicht dazu.

Die Kreuzberger Politikerin Kiziltepe hatte Gorillas und anderen Lieferdiensten kürzlich im Tagesspiegel vorgeworfen, die Rechte von Arbeitnehmer:innen zu missachten. Das Start-up Gorillas liefert Lebensmittel in wenigen Minuten bis zur Wohnungstür. Die Lieferungen werden von Fahrradkurieren transportiert, die sich selbst Rider nennen. Seit einigen Wochen protestiert und streikt ein Teil von ihnen.

Die Beschäftigtengruppe "Gorillas Workers Collective" (GWC), die die Proteste organisiert, fordert bessere und transparentere Bezahlung, außerdem bessere Ausstattung für die Rider und Maßnahmen für den Arbeitsschutz. Das Unternehmen hat bisher nur auf einen Teil der Forderungen reagiert. Deshalb könnte es noch vor dem Ministerbesuch erneut Proteste in Berlin geben.

Rider planen Radtour durch Berlin

Für Samstag ruft das GWC Beschäftigte und Unterstützer:innen zu einer Radtour auf. Die Rundfahrt soll gegen Mittag am Kaiserkorso in Tempelhof starten und zu mehreren Lagerhäusern des Unternehmens führen.

Dem Kollektiv zufolge sollen alle Teilnehmenden spontan und gemeinsam die Route festlegen. Es werde " keine von oben kommenden Entscheidungen" geben, heißt es in dem Aufruf, der am Mittwoch im sozialen Netzwerk Twitter verbreitet wurde.

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Die Aktion der Rider nimmt ironisch Bezug auf eine Idee des Geschäftsführers Kağan Sümer. Der hatte angesichts der Proteste vor einigen Wochen angekündigt, persönlich mit dem Fahrrad von Lagerhaus zu Lagerhaus zu fahren, um mit Beschäftigten zu sprechen und sie wieder für die "gemeinsame Sache" zu begeistern. Der Vorschlag hatte Sümer viel Spott eingebracht, nach weiteren Demonstrationen und Streiks sagte er die Tour ab.

Gorillas-Chef verschickt seltsame Rundmail

Kağan Sümer selbst löste erst Anfang dieser Woche wieder Verwunderung aus mit einer E-Mail an einen Teil der Belegschaft. Darin rief er dazu auf, negative Presseberichte zu ignorieren. Außerdem appellierte er an das Zusammengehörigkeitsgefühl. Die Mail enthält eine Reihe äußerst kryptischer Passagen. "Es gibt zwei Elemente von Charisma. Das eine ist der Geist, das andere die Flamme", schreibt Sümer zum Beispiel.

Gorillas-Chef Kagan Sümer diskutierte Ende Juni mit protestierenden Beschäftigten.
Gorillas-Chef Kagan Sümer diskutierte Ende Juni mit protestierenden Beschäftigten.
© Christoph M. Kluge

Das "Team" solle "Geist und Flamme" sein, um die Herausforderungen der kommenden Monate zu meistern. Das geleakte Rundschreiben war am Sonntag intern im Unternehmen versendet worden, danach aber über verschiedene Social-Media-Kanäle an die Öffentlichkeit gelangt. Der Gorillas-Sprecher wollte es gegenüber dem Tagesspiegel nicht kommentieren.

Über seine Firma Kaganlabs hält Sümer selbst 18,25 Prozent der Firma, die er im März 2020 gegründet hat. Das geht aus der aktuellen Gesellschafterliste beim Amtsgericht Charlottenburg hervor. Insgesamt 28,69 Prozent entfallen demnach auf zwei Unternehmen, die zur New Yorker Investmentgesellschaft Coatue Management gehören.

Der Berliner Risikokapitalgeber Atlantic Food Labs, der im Sommer 2020 einer der ersten Gorillas-Investoren gewesen war, ist über mehrere Firmen weiter mit insgesamt etwa 14,8 Prozent beteiligt.

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