Einhörner im weltweiten Vergleich: Wie abgehängt Europa in der Start-up-Welt ist
Berlins Gründerszene boomt. Doch der globale Vergleich zeigt, dass die Weltkonzerne der Zukunft wohl auf anderen Kontinenten entstehen.
Als Klaus Hommels seinen jüngsten Börsengang an den Start brachte, war der Schachzug nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch motiviert. Der deutsche Star-Investor brachte mit dem Lakestar-Spac Ende Februar dieses Jahres eine leere Hülle, einen sogenannten Spac, an die Börse.
Das Ziel eines solchen Unterfangens ist es, für diese Hülle eine vielversprechende, junge Firma zu finden, die eine Möglichkeit sucht, an die Börse zu gehen. Noch hat Hommels noch nicht die passende Firma gefunden. Doch ein Kriterium soll sie nach seinem Willen erfüllen: Sie soll aus Europa stammen.
Kaum Unicorns aus Europa führend
Denn wenn man sich die größten Einhörner der Welt anschaut, ist nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa abgehängt. Mit dem schwedischen Zahlungsdienstleister Klarna, der mit 31 Milliarden US-Dollar bewertet wird, findet sich in der weltweiten Rangliste des Datennetzwerks CB Insights erst auf Platz sieben ein Start-up aus Europa.
Mit den Tech-Unternehmen Checkout.com und Global Switch folgen rund 15 Plätze dahinter zwei britische Firmen. Das nächste Einhorn aus der EU liegt sogar erst auf Platz 90; es ist der Logistiker Bolt aus Estland.
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Das ist kein Zufall. In den USA und auch in China sitzt das Risikokapital sehr viel lockerer. Ein Blick auf die größten Einhörner zeigt, dass die großen Firmen von morgen wohl nicht aus Europa kommen werden. Auf Platz eins liegt das chinesische Bytedance, zu dem unter anderem das soziale Netzwerk Tiktok gehört, das aber auch im Bereich der künstlichen Intelligenz vorne mit dabei ist. Dahinter folgen die US-Firmen Stripe, ein Zahlungsdienstleister, und SpaceX, das Raumfahrtunternehmen von Elon Musk. Unter den 20 wertvollsten Startups kommen somit acht aus den USA, fünf aus China, zwei aus Indien sowie jeweils eines aus Brasilien, Australien, Singapur, Großbritannien – und Klarna aus Schweden.
Geldflut für die Start-ups
Da Geldgeber im Ausland sich aber nicht nur auf ihre jeweiligen Heimatmärkte beschränken, fürchtet Hommels einen Ausverkauf europäischer Start-ups. „Bei diesen Firmen, die in den nächsten zehn bis 15 Jahren unsere digitale und Innovationssouveränität definieren, darf uns keiner reinreden“, sagt er. Mit seinem Spac will er einen ersten Schritt hin zu „europäischer Finanzierungssouveränität“ schaffen, wie er es nennt. Doch selbst bei seinem eigenen Spac ging der Plan nur bedingt auf: Bei der Ausgabe kam rund die Hälfte der Aktionäre aus den USA und Großbritannien.
Insgesamt nahm die Geldflut für Start-ups auch im Coronajahr 2020 kein Ende. Zwar konnte der Rekordwert aus dem Jahr 2018 nicht erreicht werden, doch mit rund 300 Millionen an Risikokapital floss immerhin vier Prozent mehr Geld weltweit in Start-ups als ein Jahr zuvor. Die größte Finanzierungsrunde in Europa ging 2020 nach Großbritannien. Der Versicherer Revolut sammelte 435 Millionen Euro ein. Doch im weltweiten Vergleich sind auch das Peanuts. Das indische Kommunikationsunternehmen Jio kam 2020 in zehn Runden auf insgesamt 20 Milliarden Dollar.