Berlin-Mitte/Berlin-Kreuzberg: 13 Stockwerke, 48 Meter: Ein U-Bahnhof verschwindet
Die hoch liegende Station Mendelssohn-Bartholdy-Park wird überbaut. An Stelle des U-Bahnhofs entsteht ein 13-geschössiges Wohnhaus samt Hotel.
Gearbeitet wird hier am U-Bahnhof Mendelssohn-Bartholdy-Platz seit Monaten, die Baugrube ist längst ausgehoben, nun steht auch der Name fest: "High Park". Das steht auf dem Bauschild. Das Kuriose an diesem Bahnhof - er wird bald nicht mehr zu sehen sein. Denn die komplette Station mit ihren zwei Hochbahnsteigen wird im Bauch eines Hochhauses verschwinden. Höhe des 13-Stockwerke-Hauses: 48 Meter.
Damit werden die lange Jahre zurückgestellten Pläne verwirklicht, den Hochbahnhof zu überbauen. Bereits das Scandic-Hotel überspannt dort einen kleinen Teil der U-Bahn-Halle. Und wie das Hotel, muss auch der Neubau im Innern Platz für eine S-Bahn-Trasse freihalten, die vielleicht irgendwann den Potsdamer Platz mit dem Südring verbinden wird.
200 Wohnungen entstehen und ein Hotel
Bis zu 13 Geschosse soll der neue Komplex haben an der Bezirksgrenze zu Berlin-Kreuzberg (Hafenviertel), mit Raum für etwa 200 Wohnungen, teilte der Bauherr, die gsp Städtebau, im Januar mit - und bestätigte diese Informationen im August 2015 noch einmal . Entstehen sollen überwiegend Zwei-Zimmer-Wohnungen, aber auch Drei- und Vier-Zimmer-Wohnungen seien vorgesehen. Der Mix „von effizienten und repräsentativen Wohnungen sowie die hochwertige Ausstattung treffen genau den urbanen Zeitgeist“ steht auf der Internet-Seite des Bauherrn.
Der Wohnungsbereich beginnt mit Ebene vier des Gebäudes. Die unteren Geschosse sind für Geschäfte und für ein Hotel mit 38 Räumen vorgesehen. Auch eine Tiefgarage wird es geben. Als Zugang zum U-Bahnhof sehen die Pläne eine kleine Einkaufspassage vor.
Fahrt durch das Gebäude ist für BVG kostenlos
Um die Baugruben ausheben zu können, muss die BVG ihren U-Bahnhof stabilisieren. Damit er nicht abrutscht, erhalte der Bahnhof eine Stützkonstruktion mit Pressen, sagte U-Bahn-Bauchef Uwe Kutscher. Um das Traggerüst anbringen zu können, hat man auf einer Seite der Station bereits die Klinker an der Fassade entfernt und fünf Öffnungen geschaffen, durch die später die Träger führen werden. Die Kosten für die Sicherung des Bahnhofs muss der Investor übernehmen. Es habe auch weitere Auflagen fürs Bauen gegeben, sagte Kutscher.
Für die Fahrt durch das Gebäude müsse die BVG später nichts bezahlen. Beim Grundstücksverkauf durch den Senat sei das Durchfahren vereinbart worden – jetzt für die U-Bahn und später vielleicht auch für die S-Bahn. Auch beim 2010 eröffneten Scandic-Hotel gilt diese Regel. Dort klafft jetzt ein Riesenloch in der südlichen Fassade, verkleidet durch einen bemalten Zaun.
Die Trasse wird für eine vage geplante S-Bahn-Strecke freigehalten, die eines Tages vom Nordring über den Hauptbahnhof und die Yorckstraße zum Südring führen soll. Sie würde nach heutigem Stand auch das Parkhaus auf der Südseite des Landwehrkanals durchfahren, das einst mit der Bebauung des Potsdamer Platzes durch den Daimler-Konzern entstanden war. Allerdings gibt es, wie berichtet, derzeit Pläne, das Parkhaus zu halbieren, um auch dort Platz für weitere Wohngebäude zu schaffen.
Derzeit ist der nördliche Teil der Strecke vom Nordring zum Hauptbahnhof im Bau. Allerdings gibt es, wie berichtet, am Hauptbahnhof bauliche Probleme, so dass die Bahn plant, dort zunächst nur einen provisorischen unterirdischen Halt zu bauen.
Vorgesehen ist dann, die Strecke zunächst bis zum Potsdamer Platz zu verlängern. Von dort gibt es bereits einen Tunnel bis etwa unter das Brandenburger Tor, der in den 1930er Jahren entstanden ist – als Vorleistung für den von den Nazis geplanten Umbau von Berlin zur „Welthauptstadt Germania.“ Einen Termin für den Weiterbau gibt es nicht. Und irgendwann soll es dann auf einer neuen Trasse vom Potsdamer Platz weiter zum Südring gehen, für die jetzt in den Gebäuden der Platz frei gehalten wird.
Bauarbeiten starten demnächst
Entworfen hat den Komplex über dem U-Bahnhof das Architekturbüro Hilmer & Sattler und Albrecht, das bereits an der Planung des U-Bahnhofs beteiligt war. Dieser war auf Drängen des Daimler-Konzerns gebaut worden, um Kunden in die unter Regie von Daimler errichteten Geschäfte am Potsdamer Platz locken zu können. Anders als zunächst erwogen, hatte sich der Konzern aber nicht an den Baukosten beteiligt. Die 5,5 Millionen Euro kamen dann aus der Landeskasse.
Der Bahnhof wurde schnell ein Ort für Vandalen. Wände im Innern wurden beschmiert, Scheiben zerkratzt. In der Not klebte die BVG schließlich Folien mit Blümchenmuster auf die beschmierten Fliesen, mit deren schwarzen und weißen Farben die Architekten Eleganz in den Bahnhof bringen wollten. Die zerkratzten Scheiben wurden mit Folien, die wellenförmig bedruckt sind, überklebt. Die Flächen unter und neben dem Bahnhof waren jahrelang verwildert und zum Teil ein Heim für Obdachlose. Jetzt ist der Bewuchs entfernt – und demnächst starten die Bauarbeiten.
Ein Großteil dieses Textes erschien bereits im Januar 2015 auf tagesspiegel.de