Baustelle Berlin: Neue S-Bahnlinie zum Hauptbahnhof kommt später
Es gibt unerwartete Hindernisse beim Bau der S-Bahn-Strecke S 21 vom Nordring zum Hauptbahnhof. Das lag an der Eile der Fertigstellung zur WM 2006. Der Fahrgastverband möchte die Verzögerung nutzen - und wirbt für einen neuen S-Bahnhof in Moabit.
Vor der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 musste alles ganz schnell gehen: Der damalige Bahnchef Hartmut Mehdorn wollte unbedingt vorher den Hauptbahnhof in Betrieb nehmen – und der damalige Senat zog mit. Jetzt rächt sich die Eile. Weil damals nicht wie geplant auch alle projektierten Vorleistungen für den Bau der S-Bahn-Verbindung vom Nordring zum Hauptbahnhof, S 21 genannt, umgesetzt worden waren, stehen die Planer heute vor unerwarteten Problemen.
Die für Ende 2017 vorgesehene Inbetriebnahme der S 21 wird sich deshalb verschieben. Bei der Bahn hofft man, dass es nur um wenige Monate geht, der Fahrgastverband Igeb, der sich auf Aussagen von Insidern beruft, befürchtet dagegen, dass die S-Bahnen dort sogar erst 2019 fahren werden. Keinen Termin gibt es für die geplante Fortsetzung bis zum Potsdamer Platz und noch später zum Südring.
Geplant war ursprünglich, die S 21 – wie auch die U 5 vom Alexanderplatz zum Hauptbahnhof und weiter zur Turmstraße – zeitgleich mit dem Nord-Süd-Fernbahntunnel und dem Hauptbahnhof zu bauen. Doch der Senat verzichtete damals erst auf die S-Bahn-Strecke und wollte dann auch noch den U-Bahn-Bau einstellen, obwohl die Röhren vom Hauptbahnhof aus schon fast unter dem Brandenburger Tor angekommen waren. Auf Intervention des Bundestages setzte das Land dann den U-Bahn-Bau fort, ansonsten hätte Berlin einen dreistelligen Millionenbetrag an den Bund zurückzahlen müssen, der den Bau gefördert hatte.
Die S-Bahn aber blieb zunächst auf der Streichliste. Um sich hier die Zukunft aber nicht ganz zu verbauen, sollten im Bereich des Hauptbahnhofs bei dessen Bau wesentliche Bereiche eines künftigen S-Bahn-Tunnels miterrichtet werden, um die Strecke später doch noch ohne einen nachträglichen Riesenaufwand verwirklichen zu können.
Und bei diesen Vorleistungen ging nach Tagesspiegel-Informationen bei dem verordneten Weltmeisterschafts-Tempo einiges schief: An einigen Stellen wurde zu viel, an anderen zu wenig gebaut. „Wir stehen hier jetzt vor großen Herausforderungen“, sagte ein Bahn-Mitarbeiter. An der S 21, die die Verkehrsverwaltung unter Leitung der damaligen Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) 2007 wieder aus der Versenkung geholt hatte, wird seit 2011 gebaut; derzeit wird intensiv geprüft, wie mit den überraschenden Hindernissen im Untergrund umgegangen werden soll. „Wir stehen dicht vor einer Lösung“, heißt es bei der Bahn. Einen neuen Fertigstellungstermin will man aber – noch – nicht nennen.
Christfried Tschepe, der Vorsitzende des Fahrgastverbandes Igeb, sieht in der – fast üblichen – Terminüberschreitung aber auch eine Chance: „Die Zeit sollte genutzt werden, um an der Perleberger Brücke den Bau eines Bahnhofs vorzubereiten“, sagte Tschepe dem Tagesspiegel. Die Station war in den ersten Planungen vorgesehen, wurde dann aber vom Senat früh gestrichen, um Kosten zu sparen. Daran änderte sich bis heute nichts.
Der Bahnhofsbau wäre technisch anspruchsvoll. Er würde vier Bahnsteige jeweils an der Außenseite der Gleise haben: fast ebenerdig an der Ausfädelung Richtung Westhafen und Richtung Wedding angebaut an das dort für die S 21 entstehende Brückenbauwerk. Zudem müssten die Bahnsteige noch miteinander verbunden werden. Fachleute rechnen mit Baukosten von etwa 35 Millionen Euro, die zum größten Teil der Senat aufbringen müsste.
2015 soll am Hauptbahnhof die Straßenbahn halten - soweit der Plan
Tschepe hält die Ausgabe für gerechtfertigt, weil damit auch die Bewohner der künftigen Europa-City einen S-Bahnhof zu Fuß erreichen könnten. Auch der Stephan-Kiez in Moabit würde davon profitieren. Für den Bau von Straßen werde rings um das künftige Quartier an der Heidestraße wesentlich mehr investiert, wirbt Tschepe für den Bahnhofsbau.
Am Hauptbahnhof verzögert sich aber nicht nur der Bau der S-Bahn. Auch die Straßenbahn sollte dort bereits zur Bahnhofseröffnung 2006 halten. Jetzt haben die Planer das Jahr 2015 im Visier. Aber wer weiß schon, was es auch hier noch an Überraschungen geben wird.