zum Hauptinhalt
Spermien in Eizellen zu spritzen ist Routine in Befruchtungskliniken. Jetzt kann so auch mit unreifen Samenzellen Nachwuchs gezeugt werden.
© REUTERS

Verbesserte Befruchtungstechnik: Gesunde Babys mit unfruchtbaren Spermien

Japanische Forscher halten künstliche Befruchtungen mit unreifen Samenzellen für sicher und praktikabel. Sie verhalfen 12 Müttern zu 14 gesunden Kindern.

Etwa ein Prozent aller Männer braucht nicht zu verhüten: Ihre Samenflüssigkeit ist frei von Spermien. Für diejenigen, die leibliche Kinder zeugen wollen, kann das jedoch eine niederschmetternde Diagnose sein. Denn nicht allen kann mit künstlicher Befruchtung geholfen werden, indem Samen aus dem Hoden entnommen und im Reagenzglas mit einer Eizelle zusammengebracht werden. Bei etwa 40 Prozent der Männer lassen sich nicht ausreichend reife Samen finden, weil ein Problem mit der Spermienentwicklung besteht. „Solche Männer gelten bislang als steril und werden beraten, einen Samenspender in Erwägung zu ziehen“, schreibt ein Forscherteam um Atsushi Tanaka im Fachblatt „PNAS“. Dennoch brachten mittlerweile 12 Frauen an der Saint Mother Obstetrics and Gynecology Clinic in Fukuoka 14 Kinder „ohne jegliche ungewöhnliche physische, geistige oder epigenetische Probleme“zur Welt, die mit unreifen Samenzellen gezeugt wurden, sagt Tanaka, Direktor der Befruchtungsklinik.

Die Forscher hatten eine Methode namens Runde Spermatideninjektion (Rosi) weiterentwickelt. Dabei werden unreife „runde“ Spermien, die noch keine Geißel zur Fortbewegung entwickelt haben, aus Hodengewebe gewonnen und in Eizellen gespritzt.

Routinemethode in den Befruchtungskliniken

Das Injizieren von Spermien in Eizellen, die Intracytoplasmatische Spermieninjektion (Icsi), gilt in Befruchtungskliniken als Routineprozedur. Voraussetzung ist, dass ausreichend reife Samenzellen verwendet werden, die etwa nur aufgrund von Fehlbildungen der Geißel ihre Zeugungsfähigkeit eingebüßt haben. Um Männern zu helfen, deren Samenzellen nicht so weit heranreifen, hat schon der Erfinder der künstlichen Befruchtung, Nobelpreisträger Robert Edwards, vorgeschlagen, die unreifen „runden“, höchstens acht tausendstel Millimeter großen Spermatiden zu verwenden. Bei etwa dreißig Prozent dieser unfruchtbaren Männer finden sich die Zellen. Sie sind genetisch entwickelt genug, um kompatibel mit der Eizelle zu sein, das heißt, sie haben die Reifeteilungen (Meiose) abgeschlossen. 1996 wurde das erste Baby mit diesen Zellen per „Rosi“-Prozedur geboren. Dennoch erwies sich die Methode bislang als wenig effizient.

Das könnte daran liegen, dass nicht die richtigen Zellen verwendet wurden. Tanakas Team entwickelte daher eine Prozedur, um die runden Spermatiden unter dem Mikroskop anhand charakteristischer „physikalischer und struktureller“ Eigenschaften von anderen Zelltypen im Hodengewebe unterscheiden zu können. Zusätzlich stimulierten die Forscher die Eizelle elektrisch, nachdem sie die ausgesuchten Spermatiden injiziert hatten. Bei 12 von 76 Frauen gelang die Prozedur, 14 Kinder wurden geboren.

Erfolgsrate noch nicht optimal

Nachteile hat Tanakas Technik trotzdem. Für die 14 Kinder mussten für die Versuche von den 76 Frauen 734 Eizellen gesammelt werden – 52 pro Kind. Für die Frauen ein belastender und aufgrund der notwendigen Hormonbehandlung auch nicht risikofreier Eingriff. Im Vergleich zur Routine-Methode Icsi sei die Erfolgsrate der Injektion von runden Spermatiden nicht sehr hoch, räumt Tanaka ein. „Aber diese Prozedur kann die letzte Möglichkeit für Männer sein, die keine reifen Samenzellen produzieren können.“

Sascha Karberg

Zur Startseite