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Franziska Giffey.
© Bernd von Jutrczenka/dpa
Update

Verschiebung bis nach Berlin-Wahl möglich: FU Berlin kann Termin für neues Giffey-Verfahren kaum halten

Die Freie Universität hat gerade erst das Gremium eingesetzt, das die Doktorarbeit neu prüfen soll. Das Ergebnis könnte lange auf sich warten lassen.

Die Neuprüfung der Doktorarbeit von Franziska Giffey an der Freien Universität Berlin wird wohl nicht wie von der FU angekündigt bis Mitte Februar abgeschlossen werden. Erst in der kommenden Woche wird das neue Prüfgremium zu seiner ersten Sitzung zusammenkommen, erklärte die FU am Mittwochmittag auf Anfrage.

Es dürfte damit äußerst unwahrscheinlich sein, dass das Gremium die Arbeit Giffey binnen eines Monats komplett neu prüft und dann auch noch zu einem Ergebnis kommt.

Das Gremium ist mit insgesamt sechs internen und externen Mitgliedern besetzt, erst in der vergangenen Woche wurde es laut FU nach einem "aufwendigen Findungsprozess" bestellt. Zu der Frage, ob an dem bisher angekündigten Zeitplan festgehalten wird, antwortete die FU: "Da Prüfgremien der besonderen Sorgfalt verpflichtet sind, kann der zeitliche Aufwand, der für die Durchführung des komplexen Prüfverfahrens notwendig ist, allein vom Prüfgremium selbst entschieden werden."

Nach der konstituierenden Sitzung des Prüfgremiums wolle die FU "zeitnah" über den zu erwartenden zeitlichen Ablauf informieren.

Erst am Mittwochmorgen waren die Verzögerungen durch die Antwort der Wissenschaftsverwaltung auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Adrian Grasse bekannt geworden. Die Antwort war sogar noch auf dem Stand, dass das Prüfgremium noch nicht einmal eingesetzt war. Als erstes hatte die "Berliner Zeitung" darüber berichtet.

Nach Einschätzung der FU in dieser Antwort werde ein Abschluss in der Vorlesungszeit des Wintersemesters 2020/2021 daher "kaum möglich sein", hieß es dort. Erst wenn das neue Gremium seine Arbeit aufgenommen habe, könne die FU eine zeitliche Einschätzung abgeben.

Die Verzögerung ist politisch auch deswegen brisant, weil sich das Verfahren womöglich bis nach den Abgeordnetenhauswahlen im September hinziehen wird, bei der Familienministerin Giffey, die Co-Vorsitzende der Berliner SPD ist, als Spitzenkandidatin für ihre Partei antritt.

Von einer Verzögerung geht auch Grasse aus - umso mehr, weil das erste Verfahren neun Monate gedauert hat. Für ihn wirft das "erneut einen dunklen Schatten" auf das Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaften (OSI), wo Giffey promoviert wurde und das das Verfahren durchführt wird. "Allein der Verdacht einer zeitlichen Verschleppung aus politischer Rücksichtnahme wäre als unerlaubte Wahlkampfhilfe fatal.“

Als Grund nennt die FU Auswirkungen der Pandemie

In der Antwort werden als Gründe für das langesame Vorgehen unter anderem "Auswirkungen des Pandemiegeschehens auf den Hochschulbetrieb" genannt. Für Grasse sind diese Argumente nicht stichhaltig. "Wir leben jetzt ja schon seit zehn Monaten mit Corona, darauf hätte man sich einstellen können." Das Gremium könne ja schließlich auch mit Videokonferenzen tagen.

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Dass das neue Verfahren bis Mitte Februar abgeschlossen werden soll, hatte FU-Vizepräsident Klaus Hoffmann-Holland Mitte November im Akademischen Senat der Uni bekannt gegeben.

In der Sitzung konnte damals allerdings der Eindruck entstehen, dass diese Terminierung im Präsidium vorab nicht richtig abgesprochen wurde. Denn FU-Präsident Ziegler sprach in der Sitzung zunächst lediglich davon, das Verfahren "absehbar hinzubekommen". Schon damals wurde nicht erklärt, wie die FU die umfassende Neuprüfung so schnell bewerkstelligen wollte.

Auf der Webseite der Bundes-SPD trägt Giffey ihren Doktortitel noch

Anfang November hatte die FU entschieden, die im Oktober 2019 an Giffey erteilte Rüge aufheben zu wollen und den Fall komplett neu aufzurollen. Vorangegangen waren heftige Kritik an dem ursprünglichen milden Urteil der FU und mehrere Gutachten, die anzweifelten, ob die FU eine Rüge überhaupt vergeben durfte - und wenn ja, ob sie dann im Fall Giffey erteilt werden durfte. Die internen Gutachter hatten ihr "objektive Täuschung" an 27 Stellen attestiert.

Giffey selber hatte ebenfalls im November angekündigt, auf das Führen ihres Doktortitels künftig verzichten zu wollen. Wie Promovierte ihren Titel öffentlich führen, ist ihnen aber ohnehin freigestellt. Offiziell abgeben kann Giffey ihren Titel jedenfalls nicht: Bei der Verleihung des Doktortitels handelt es sich um einen Verwaltungsakt, den nur die ausstellende Behörde - hier also die FU - rückgängig machen kann. Auf ihrer eigenen Webseite führt Giffey den Titel inzwischen tatsächlich nicht mehr – auf der Webseite der Bundes-SPD mit Stand vom Mittwoch dagegen sehr wohl noch

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