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Welche "Gesundheitskarte" darf es sein? AOK, TK oder Barmer? Man kann regelmäßig wechseln.
© Harald Tittel/dpa

Gesetzliche Krankenversicherung: Wie man die passende Ersatzkasse findet

Zahlreiche Mitglieder von gesetzlichen Krankenkassen müssen 2017 höhere Zusatzbeiträge zahlen. Wann ein Anbieterwechsel sinnvoll ist und es was bei der Kassenwahl zu beachten ist, lesen Sie hier.

Die Gesundheitskosten in Deutschland steigen und steigen – und mit ihnen die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Zwar hatten die Kassen angekündigt, diese im Bundestagswahljahr 2017 stabil zu halten; dennoch hat jeder vierte Anbieter hierzulande die Preise erhöht. In Deutschland ist jeder bis zu einem monatlichen Bruttoeinkommen von 4800 Euro verpflichtet, sich in einer gesetzlichen Krankenkasse zu versichern. Dabei haben Verbraucher die Qual der Wahl: 113 gesetzliche Krankenversicherer stehen dafür hierzulande derzeit zur Verfügung. Dabei unterscheiden sich die Leistungen der einzelnen Anbieter ebenso erheblich wie der Mitgliedsbeitrag, den sie dafür verlangen.

Für das Jahr 2017 haben einige Kassen ihre Zusatzbeiträge angehoben. Der durchschnittliche Mitgliedsbeitrag liegt derzeit bei 15,7 Prozent – der Wechsel zu einem anderen Anbieter kann sich unter Umständen lohnen. Der Tagesspiegel gibt Tipps, was Sie auf der Suche nach der geeigneten Krankenkasse beachten sollten.

Für wen die Versicherungspflicht gilt

In Deutschland gilt seit April 2007 eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Grundsätzlich ist jeder Arbeitnehmer, der eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausübt, und jeder Auszubildende versicherungspflichtig und muss einer gesetzlichen Krankenkasse beitreten. Stellt die gewählte Kasse irgendwann den Betrieb ein oder fusioniert mit einem anderen Unternehmen, müssen ihre Mitglieder sich bei einem anderen Anbieter oder dem Rechtsnachfolger der ursprünglichen Krankenkasse versichern.

Versicherte haben freie Kassenwahl

Fast alle Mitglieder der GKV dürfen entscheiden, in welcher Krankenkasse sie sich versichern wollen. Das gilt seit 2007 auch für Berg- und Seeleute, nur Landwirte sind in der Landwirtschaftlichen Krankenkasse zwangsversichert. Fast alle Kassen wurden für den Wettbewerb geöffnet. Nur einige geschlossene Betriebskrankenkassen versichern ausschließlich Angehörige eines bestimmten Betriebes.

Verbraucher haben daher die Wahl zwischen der örtlich zuständigen AOK, einer Ersatzkasse, der für ihren Betrieb zuständigen Kasse oder einer anderen für ihr Bundesland geöffneten Betriebs- oder Innungskrankenkasse.

Seit 2015 erheben Kassen Zusatzbeiträge

Die GKV finanziert ihre Ausgaben durch Mitgliedsbeiträge und Bundeszuschüsse. Die Versicherungstarife der Kassen setzen sich dabei aus einem allgemeinen Beitragssatz und einem einkommensabhängigen Zusatzbeitrag zusammen. Der allgemeine Beitragssatz liegt derzeit bei 14,6 Prozent des Bruttolohns und wird jeweils zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen. Den Zusatzbeitrag können die Kassen seit 2015 von ihren Mitgliedern verlangen, um finanzielle Lücken auszugleichen. Seit diesem Jahr erheben alle deutschen gesetzlichen Krankenkassen ohne Ausnahme einen Zusatzbeitrag. Wie hoch er ist, können Verbraucher einer monatlich aktualisierten Liste des GKV-Spitzenverbandes entnehmen.

Den Zahlen zufolge müssen Versicherte derzeit je nach Krankenkasse zwischen 0,3 Prozent (AOK Sachsen-Anhalt) und 1,8 Prozent (BKK Vital) ihres Bruttoeinkommens dafür abführen. Eine Differenz, die laut Sabine Baierl-Johna von der Stiftung Warentest mehrere hundert Euro pro Jahr Unterschied im Geldbeutel des Verbrauchers ausmachen kann. Wie hoch die Ersparnis im individuellen Fall ist, kann man auf diversen Vergleichsportalen im Internet berechnen.

Verbraucherschützer raten: Nicht nur Schnäppchen suchen

Allerdings sollte der Preis allein nicht entscheidend bei der Wahl der Kasse sein. „Wir raten von der Schnäppchenjagd ab“, heißt es etwa bei der Verbraucherzentrale Hamburg. „Schauen Sie vor allem auf die Leistungen!“ Zwar sind die weitaus meisten Leistungen der Krankenkassen gesetzlich festgelegt und daher bei allen Kassen gleich – die Unterschiede liegen im Detail.

Wer etwa Wert auf bestimmte Therapieformen wie Osteopathie oder Naturheilkunde legt, sollte sich vergewissern, dass sein Versicherer entsprechende Leistungen auch anbietet. Im Internet gibt es zahlreiche kostenfreie Portale, auf denen man nach der geeigneten Krankenkasse suchen kann. Die Verbraucherzentrale Hamburg, die ein Merkblatt zur Krankenkassenwahl herausgibt, empfiehlt dafür den „Produktfinder Gesetzliche Krankenkassen“ der Stiftung Warentest, der zwar drei Euro kostet, dafür aber unabhängig informiere.

Mithilfe der Datenbank kann man unter anderem vergleichen, welche Zusatzleistungen die einzelnen Kassen über die medizinisch notwendige Versorgung hinaus anbieten und in welcher Höhe sie etwa die Kosten für Gesundheitsprophylaxe, Raucherentwöhnungskurse, Vorsorgeuntersuchungen, Reiseimpfungen oder spezielle Therapien übernehmen. Aber auch Bonusprogramme für besonders gesundheitsbewusstes Verhalten sowie das Serviceangebot und die Kundenfreundlichkeit der einzelnen Versicherer sollte man genau unter die Lupe nehmen, rät Sabine Baierl-Johna. So könnten etwa für ältere Menschen oder Familien mit Kindern medizinische Hotlines oder ein persönlicher Ansprechpartner und eine Geschäftsstelle von großer Bedeutung sein.

Nach 18 Monaten gilt ein Sonderkündigungsrecht

Prinzipiell gilt: Wer mindestens 18 Monate Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse war, kann den Versicherer wechseln. Die Kündigung hat in diesem Fall innerhalb von zwei Monaten zum Monatsende zu erfolgen. Die bisherige Kasse muss die Kündigung innerhalb von zwei Wochen schriftlich bestätigen. Mit dieser kann man sich an seine künftige Kasse wenden.

Der Versicherungsschutz ist übrigens auch dann gewährleistet, wenn zunächst keine neue Police abgeschlossen wird: In diesem Fall gilt bis auf weiteres die alte Versicherung. Erhöht eine Krankenkasse ihren Zusatzbeitrag, haben ihre Versicherten automatisch ein Sonderkündigungsrecht. Dieses gilt, sobald der Anbieter die Preiserhöhung ankündigt. Das Sonderkündigungsrecht besteht bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Zusatzbeitrag fällig wird. Gegebenenfalls kann Eile angebracht sein: Krankenkassen müssen die Erhöhung nur einen Monat vor Inkrafttreten bekannt geben.

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