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Milliardenmarkt. Die Pharmaindustrie investiert viel Geld in die Forschung.
© dpa

Arzneimittelforschung: Studie: Pharmaindustrie folgt Rendite, nicht Bedarf der Patienten

Die Techniker Krankenkasse beklagt in einer Studie Forschung an den falschen Arzneimitteln. Die Pharmaindustrie hält dagegen.

Die Pharmaindustrie forscht aus Sicht einer der größten deutschen Krankenkassen am Bedarf der Patienten vorbei. Das ist ein Ergebnis des diesjährigen Innovationsreports, den die Techniker Krankenkasse (TK) am Mittwoch vorgestellt hat.

Viele neu entwickelte Arzneimittel sind demnach häufig zu teuer, werden in die Leitlinien medizinischer Fachgesellschaften aufgenommen und von Ärzten verordnet, obwohl sie zum Teil nur unzureichend auf ihren Zusatznutzen untersucht worden sind. Letzteres aber schreibt das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (Amnog) seit 2011 vor. Mithilfe des Gesetzes sollten die Kassen pro Jahr zwei Milliarden Euro einsparen.

Report der Krankenkasse stuft nur ein Mittel als innovativ ein

Die Techniker Krankenkasse hat für ihren diesjährigen Innovationsbericht in Zusammenarbeit mit der Universität Bremen eine Nutzen-Kosten-Analyse von 20 unterschiedlichen neuen Medikamenten erstellt, die im Jahr 2012 auf den deutschen Markt gekommen waren. Neun von ihnen sind zur Behandlung von Krebs, fünf als Therapie gegen seltene Erkrankungen zugelassen.

Eine Ausrichtung, die der Vorstandsvorsitzende der TK, Jens Baas, für verfehlt hält. „Die Innovationen fokussieren auf die falschen Bereiche, Forschung findet erkennbar nicht dort statt, wo sie benötigt wird“, kritisierte er bei der Vorstellung des Innovationsreports. Statt medizinischem Fortschritt und dem Wohl des Patienten stünden bei der Arzneimittelforschung häufig „Indikationsgebiete“ im Vordergrund, von denen die Industrie die größte Rendite erwarte.

Nur ein Medikament der 20 untersuchten Arzneimittel wurden von den Wissenschaftlern der Uni Bremen als innovativ eingestuft. Das Ergebnis der Studie sei ernüchternd und werfe die Frage auf, ob die Pharmaindustrie in einer „Innovationskrise“ stecke, sagte Wolf-Dieter Ludwig, Onkologe und Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. „Es gibt keinen Mangel an Arzneimitteln“, sagte Ludwig. „Entscheidend ist aber, ob sie tatsächlich zum therapeutischen Fortschritt beitragen.“

Die Industrie lässt die Kritik nicht gelten

Stefan Oelrich, Sprecher des Clusters Gesundheitswirtschaft Berlin-Brandenburg und Deutschland-Chef des französischen Pharmaunternehmens Sanofi, hält die Kritik für unbegründet.

Gerade in den letzten Jahren sei eine Höchstmarke an neu zugelassenen Mitteln erreicht worden, sagte Oelrich dem Tagesspiegel. Darunter seien auch vielfach „Sprunginnovationen“, die Patienten erhebliche Vorteile gegenüber etablierten Arzneimitteln brächten. Als Beispiel nannte Oelrich ein Mittel, das den Fettwert im Blut reguliert.

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