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Mit dem Zuzug von Flüchtlingen könne der Fachkräftemangel bekämpft werden, so HDE-Chef Josef Sanktjohanser.
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Update

Arbeitsmarkt: So viele Erwerbstätige wie nie

Der deutsche Arbeitsmarkt verzeichnete auch im dritten Quartal ein starkes Wachstum. Der Handelsverband Deutschland fordert mehr Rechtssicherheit für Beschäftigung von Flüchtlingen.

Der deutsche Arbeitsmarkt wächst so stark wie seit Jahren nicht mehr - gerade jetzt müssen gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, um Flüchtlinge erfolgreich in den deutschen Arbeitsmarkt integrieren zu können, fordert der Präsident des Handelsverband Deutschland (HDE), Josef Sanktjohanser. Insbesondere in den Bereichen Handel und Logistik habe man gute Erfahrungen mit Flüchtlingen gemacht, so Sanktjohanser weiter. Wichtig sei nun, bürokratische Hindernisse und Unklarheiten abzubauen und umfangreiche Weiterbildungsprogramme anzubieten, damit der Aufwind am deutschen Arbeitsmarkt auch den Flüchtlingen zu Gute kommen kann.

Arbeitsmarkt mit positiven Zahlen

Der Boom auf dem deutschen Arbeitsmarkt in den letzten Monaten hat sich im dritten Quartal noch verstärkt. Mit rund 43,2 Millionen Menschen waren im Zeitraum von Juli bis September 343.000 Personen mehr in Arbeit als noch im Vorjahreszeitraum - ein Plus von 0,8 Prozent. Damit beschleunigt sich sogar der Anstieg der Erwerbstätigenzahl im Vergleich zu den beiden vorherigen Quartalen. Im ersten und zweiten Quartal betrug das Wachstum noch 0,6 beziehungsweise 0,7 Prozent. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zeigte sich bereits im Oktober mit den Arbeitslosenzahlen zufrieden: Im Zuge der Herbstbelebung reduzierte sich Zahl der Erwerbslosen im zehnten Monat um 59.000 auf rund 2,69 Millionen Menschen. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das ein Rückgang um rund 83.000 Personen. Weniger als 2,7 Millionen Arbeitslose hatte es zuletzt im November 1991 gegeben.  Trotz des am Dienstag bekannt gegebenen neuen Rekords bei den Erwerbstätigenzahlen erlebt Deutschland jedoch kein Jobwunder. Zwar fördere die wachsende Beschäftigung im Land den privaten Konsum, was wiederum mehr Jobs generiere,  sagte Karl Brenke, Arbeitsmarktexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), dem Tagesspiegel. Allerdings verlagere sich der Zuwachs hierzulande mehr und mehr in den Dienstleistungssektor, was vor allem mit Blick auf Deutschlands alternde Gesellschaft mittelfristig zum Problem werden könne. „Ich sehe das kritisch, nur auf Köpfe zu setzen“, sagte der Volkswirt dem Tagesspiegel. Wirtschaftswachstum setze auch ein Mehr an Produktivität voraus.

HDE: Handel profitiert von Flüchtlingen

Dank der guten wirtschaftlichen Entwicklung der vergangenen Monate blicken deutsche Unternehmen aber positiv auf die Zuzug von Flüchtlingen, erklärte HDE-Präsident Josef Sanktjohanser. Gerade der Handel könne bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise und bei der Integration von Migranten einen großen Beitrag leisten. „Ausbildung und Arbeitsplätze sind ein zentraler Baustein bei der Integration der Flüchtlinge in unser Land. Dabei kann der Einzelhandel mit seinem Bedarf an Auszubildenden und Fachkräften eine wichtige Rolle übernehmen“, sagte auch HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Problematisch für eine schnelle Aufnahme von Flüchtlingen in Unternehmen ist laut HDE-Präsident Sanktjohanser jedoch der erst Anfang diesen Jahres eingeführten Mindestlohn. Dieser, so Sanktjohanser weiter, schränke den Spielraum für Unternehmen ein. Der Handelsverband fordert mehr Flexibilität, beispielsweise die Möglichkeit zu längeren mindestlohnfreien Praktika. Erst kürzlich sprach sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) für die Aufweichung der 450 Euro-Grenze für Arbeitnehmer aus. Diese, erklärt der DGB in einer im November vorgestellten Studie, sei eine "Sackgasse für qualifizierte Arbeitskräfte" und hindere Unternehmer an der längerfristigen Beschäftigung von Arbeitnehmern.

Qualifizierung als Schlüssel

Der Zuzug von Flüchtlingen böte die einmalige Chance, den in einigen Branchen grassierenden Fachkräftemangel erfolgreich zu bekämpfen, so Josef Sanktjohanser. Schlüssel dafür seien jedoch wirkungsvolle Weiterbildungsprogramme oder eine entsprechende Nachqualifizierung. Insbesondere bei den rechtlichen Rahmenbedingungen müsse der Gesetzgeber für Unternehmer mehr Klarheit schaffen: "Unternehmen und Asylantragsteller müssen sicher sein, legal zu handeln. Und wer eine Ausbildung beginnt, muss sicher sein, sie auch beenden zu dürfen", sagte der HDE-Präsident.

Daniel Mosler

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