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Der GdW lud bau- und wohnungspolitische Partei-Sprecher zu einer Diskussion zum Thema "Soziale Verantwortung" ein.
© imago/Steinach

Wohnungspolitik: "Wir sind in die Sackgasse geraten"

Parteien stellen auf GdW-Podium in Berlin wohnungspolitische Positionen zur Wahl vor. Die AfD war nicht eigeladen.

Karsten Nemecek wird es angst und bange, wenn er an die Bundestagswahl im kommenden September denkt. „Bislang zielt ein Großteil der Vorschläge auf eine Verschärfung des Mietrechts potenziell zu Ungunsten von Eigentümern ab“, sagt der Transaktionsmanager des weltweit tätigen Immobiliendienstleisters Savills. „Statt der guten Fundamentaldaten dürften in diesem Jahr die politischen Rahmenbedingungen das Thema des Jahres bei den Investoren sein“, erwartet Nemecek.

Es gehört nicht viel Fantasie zu der Vorhersage, dass die Wohnungsmarktpolitik zu einem der bedeutendsten Themen des anstehenden Bundestagswahlkampfs gehören wird. Zumal sich die sogenannte Mietpreisbremse an den Realitäten der Märkte festgefahren hat. Die angespannte Situation an vielen Wohnungsmärkten ruft immer stärker die Politik auf den Plan. So auch in dieser Woche in Berlin. Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. hatte bau- und wohnungspolitische Sprecher ihrer Parteien ins Berliner Steigenberger am Kanzleramt zu einer Podiumsdiskussion eingeladen, um am Montag das Thema „Soziale Verantwortung“ besprechen zu lassen.

Eingeladen wurden die im Bundestag vertretenen Parteien „und die FDP, weil sie voraussichtlich wieder reinkommt“, sagte GdW-Sprecherin Katharina Burkardt auf eine entsprechende Nachfrage. Und die AfD? Nach Burkardts Angaben war sie nicht eingeladen. Offenbar erschien den Gastgebern die Besetzung der Runde mit den etablierten Kräften aus dem Blickwinkel der Political Correctness einfach alternativlos.

Die AfD fordert vom Berliner Senat eine Senkung der Grunderwerbsteuer

Der Tagesspiegel hat bei Thorsten Elsholtz nachgefragt. Elsholtz spricht für die AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus und übermittelte ein zweiseitiges Papier des wohnungspolitischen Sprechers der AfD Berlin, Harald Laatsch. Es enthält keineswegs abseitige Vorstellungen: „Statt erfolglos Mieten mit immer mehr staatlichen Eingriffen gegen die Regeln des Marktes drücken zu wollen und so bei Mietern und Vermietern gleichermaßen immer mehr Frust zu schaffen, muss ein grundlegender Paradigmenwechsel in der Wohnungspolitik vollzogen werden“, heißt es da. „Berlin kann von der Stadt der Mieter zur Stadt der Eigentümer werden!“

Der Senat sei gefordert, dafür die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Wohneigentum auch wieder für Menschen mit geringerem Einkommen erreichbar werde. Als wesentliche Säulen einer neuen Wohnungspolitik fordert die AfD vom Berliner Senat zunächst eine Senkung der Grunderwerbsteuer von sechs auf 3,5 Prozent „für Selbstnutzer“.

Des Weiteren:

- Einrichtung eines einmaligen Grunderwerbsteuer-Freibetrages pro Person von 100 000 Euro und pro Kind von 50 000 Euro.

- Vergabe von Grundstücken mit Erbbaurecht für Bau- und Eigentümergenossenschaften sowie Bauträger, die Eigennutzer-Projekte nach festgelegten Kriterien planen.

- Förderung des Eigenanteils bei der Finanzierung durch die IBB, in Form einer Bonitätsgarantie für Selbstnutzer beim Kauf einer Immobilie.

- Einrichtung von Beratungsstellen für Berliner, die an eigengenutztem Wohneigentum interessiert sind.

Abschließend heißt es in dem Papier: „Angesichts der aktuellen Niedrigzinspolitik, fallender Renten und steigender Mietpreise liegt der Ausweg für die Berliner, die am Bundesdurchschnitt gemessen bekanntlich über eher geringere Einkommen verfügen, nur im Wohneigentum.“

"Man muss mehr in die Kommunen schauen"

Der GdW lud bau- und wohnungspolitische Partei-Sprecher zu einer Diskussion zum Thema "Soziale Verantwortung" ein.
Der GdW lud bau- und wohnungspolitische Partei-Sprecher zu einer Diskussion zum Thema "Soziale Verantwortung" ein.
© imago/Steinach

Mit dieser Haltung weiß sich die AfD einig mit der CDU und der FDP. Mehrere FDP-Landesverbände beschlossen auf Parteitagen, jungen Familien den Zugang zu Wohneigentum zu erleichtern. Selbst genutztes Wohneigentum könnte durch Steuererleichterungen gefördert werden. Sebastian Czaja, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, warb auf der GdW-Veranstaltung für ein Beschleunigungsprogramm für den Wohnungsbau in Berlin.

„Es kommt darauf an, die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen“, forderte Czaja. Zudem habe Berlin kein Baulückenkastater, das aber hilfreich sein könnte. Überdies: „Es werden immer mehr Gesetze gemacht, die auf ihre Folgen für bezahlbares Wohnen nicht geprüft werden.“ In dieses Lamento stimmten auch die aktuellen Regierungsparteien gerne ein. „Wir sind mit der Energieeinsparverordnung (EnEV) in die Sackgasse geraten“, sagte etwa Michael Groß, wohnungs- und baupolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, im Steigenberger.

Und: „Wir brauchen ein Mietrechtspaket II, weil Menschen aufgrund der Modernisierungsgesetze aus ihren Stadtteilen getrieben werden.“ Außerdem sollten die Kommunen in die Lage versetzt werden, „mit dem scharfen Schwert des Baugesetzbuches auch umzugehen“, sagte Groß, der bei diesem Gedankengang wohl vor allem das Instrument des Vorkaufsrechts der Kommunen im Sinn hatte. „Man muss überhaupt mehr in die Kommunen schauen“, sagte der SPD-Politiker.

Die Linke plädierte für mehr öffentliche Förderung bei energetischer Gebäudesanierung

Er will mit seiner Partei den Anteil sozial geförderter Wohnungen in kommunaler Hand ausbauen: „Sechzig Prozent wie heute – dieser Anteil ist viel zu klein.“ Auch die CDU gelobte auf dem „WOHWI-Talk“ des GdW in Zukunft bessere Gesetze: „Der Fokus ist in dieser Legislaturperiode zu sehr auf dem öffentlich geförderten Segment gewesen“, sagte Sylvia Jörrißen, die für die CDU im Deutschen Bundestag sitzt und dort im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau- und Reaktorsicherheit mitarbeitet.

Es sei wichtig, „dass wir auch wieder in die Eigenheimförderung gehen“. Das sei die beste Form privater Altersvorsorge. Für die Partei Die Linke plädierte deren Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik, Caren Lay, für „den Einstieg in eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit und mehr öffentliche Förderung bei energetischer Gebäudesanierung“. Die Vergabe von Grundstücken des Bundes im Höchstpreisverfahren müsse außerdem ein Ende haben, sagte Lay.

„Der Bund geht hier nicht mit gutem Beispiel voran.“ Eindringlich warb Lay für eine Grundgesetzänderung: „Die Übergabe des sozialen Wohnungsbaus vom Bund an die Länder war keine kluge Entscheidung.“ Das Schlusswort beim GdW-Talk hatte Christian Kühn, wohnungs- und baupolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag: „Die Mietpreisbremse ist ein gutes Beispiel dafür, wie man Menschen frustriert und gegen Politik aufbringen kann.“

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