Wohnungsmarkt: Flüchtlinge und Studenten konkurrieren um Wohnungen
Zehntausende Studenten haben kurz vor Semesterbeginn noch immer keine Wohnung. WG-Zimmer werden trotz Mietpreisbremse teurer. Und die Konkurrenz auf dem Wohnungsmarkt ist groß wie nie.
Über Wohnheime rümpften Berliner Studenten vor wenigen Jahren noch die Nase. Sie zogen in die Altbauten der Szene-Kieze Prenzlauer Berg oder Friedrichshain. Hippe WGs, ausgeflippte Partys, günstige Mieten. Zumindest mit Letzterem ist es vorbei. Jetzt stehen 2300 Namen auf der Warteliste des Berliner Studentenwerks. So lang sei sie noch nie gewesen, sagt Sprecher Jürgen Morgenstern. 2300 Studenten warten auf ein Wohnheimzimmer. Vor Semesterstart in drei Wochen werden die meisten nicht mehr unterkommen.
500 für ein WG-Zimmer sind normal
Dabei ist die Wohnsituation in der Hauptstadt traditionell noch entspannter als in Unistädten wie Jena, Tübingen, Freiburg oder München. Hier leben Studenten zu Semesterbeginn in Hostels und Wohnwagen. In diesem Jahr dürften noch mehr unversorgt bleiben als sonst, denn die Konkurrenz um günstige Wohnungen ist durch den Flüchtlingsandrang hoch wie nie.
In 39 der 87 Unistädte mit mehr als 5000 Studenten sei die Wohnsituation angespannt – das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Immobilienentwicklers GBI, die an diesem Montag vorgestellt wird. In vielen Städten habe sich die Situation im Vergleich zum Vorjahr noch einmal verschärft, so in München, Freiburg, Tübingen, Aachen oder Gießen. Das schrecke die Studenten aber kaum ab.
Dadurch muss ein Student für ein Zimmer in einer Münchener Dreier-Wohngemeinschaft derzeit mehr als 500 Euro einplanen. GBI spricht von 521 Euro. Die Datenbank des Wohnportals wg-suche weist sogar Durchschnittsmieten von 543 Euro aus, 3,5 Prozent mehr als im Wintersemester. Auch in Frankfurt/Main gingen die WG-Mieten hoch, um mehr als zwei Prozent auf um die 430 Euro. Berlin liegt mit 380 (GBI) beziehungsweise 322 Euro (wg-suche) im Mittelfeld - und mehr als drei Prozent über den Mietpreisen vom vergangenen Jahr. In einigen ostdeutschen Unistädten, in Potsdam, Rostock, Dresden oder Erfurt, ist ein WG-Zimmer laut Immowelt teurer als eine Einzimmer-Wohnung.
Studenten hilft die Mietpreisbremse kaum
90 Prozent der Studenten lebten trotzdem in WGs oder normalen Wohnungen, nur 10 Prozent im Studentenwohnheim, sagt Axel Gedaschko, Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft. Damit hätten Studenten die gleichen Probleme wie alle anderen Wohnungssuchenden. Oft haben sie es mit ihrem geringen Budget aber schwerer, denn in Unistädten steigen die Mieten stärker als anderswo.
„Die Wohnsituation in vielen Städten ist hoch dramatisch und wird sich für Studierende auch nicht entspannen“, sagt der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, Achim Meyer auf der Heyde. 25.000 zusätzliche Wohnheimplätze wären nötig, um den normalen Wohnungsmarkt der Unistädte zu entspannen, rechnet er vor.
Vier Bundesländer – Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Bayern – versuchen das derzeit auch mit der Mietpreisbremse. Studenten jedoch hilft diese aus Expertensicht kaum. „Studierende sind mobil und ziehen oft um“, sagt Studentenwerks-Sprecher Stefan Grob. Die Mieten in den typischen Studentenwohnungen nah an Innenstadt und Universität lagen dadurch vor Einführung der Mietpreisbremse oft schon deutlich über den Mietspiegeln. Kein Vermieter muss unter der Bremse weniger Miete verlangen als er zuletzt bekam. Billiger wird Wohnen so also nicht, maximal weniger schnell teurer.
Städte ziehen Studenten und Migranten an
Dazu kommt, dass die Wirkung der Mietpreisbremse insgesamt umstritten ist. In München und Hamburg seien die Mieten nach ihrer Einführung leicht gesunken, meldet das Immobilienportal Immoscout24. Auch in Berlin sei Wohnen zunächst günstiger geworden, bevor sich die Mieten einpendelten. Konkurrent Immowelt dagegen hat im August in Berlin einen Mietenanstieg um sieben Prozent gemessen. Die durchschnittliche Kaltmiete liege drei Monate nach Einführung der Mietpreisbremse auf einem Jahreshoch.
Viel stärkere Auswirkungen als die Mietpreisbremse dürfte der massive Andrang von Flüchtlingen haben. Sobald sie die Erstunterkünfte verlassen dürfen, werden Tausende auf den regulären Wohnungsmarkt drängen, vor allem in den attraktiven Unistädten, erwarten die Experten. Viele suchten genau die gleichen günstigen Wohnungen wie die Studenten. „Das läuft auf eine Konkurrenzsituation hinaus“, sagt Gedaschko. Eine Konkurrenz, die niemand wollen könne. (dpa)
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