Modernisierung: Mieter werden weiter zur Kasse gebeten
Neue Fenster, neue Heizung: Eigentlich sollte die Umlage für solche Sanierungen nach einigen Jahren auslaufen. Doch die Union macht nicht mit. Nun drohen weiter lebenslange Mieterhöhungen.
Mieter werden wahrscheinlich weiter zeitlich unbegrenzt für die Kosten einer energetischen Sanierung zahlen müssen. Anders als im Koalitionsvertrag festgelegt müssen sie damit rechnen, wie bisher ein Leben lang zur Kasse gebeten zu werden, wenn der Vermieter Wärmedämmplatten einbaut, neue Heizungen oder moderne, energiesparende Fenster. Dabei hatten SPD und CDU im Koalitionsvertrag vereinbart, dass der Vermieter die Kosten für solche Energiesparmaßnahmen nur so lange auf den Mieter umlegen darf, bis sich die Investition amortisiert hat. Nach den Vorstellungen der Regierungskoalition wäre das nach zehn Jahren der Fall.
Bisher war eine Modernisierung für die Mieter oft Verlustgeschäft
Bislang können Vermieter elf Prozent ihrer Investitionen, die der Energieeinsparung dienen, auf die Mieter umlegen – und zwar zeitlich unbegrenzt. Für die Mieter wird die Modernisierung daher oft zum Verlustgeschäft. „Die Mieter sparen pro Quadratmeter 40 bis 50 Cent Heizkosten, dafür bekommen sie im Gegenzug Mieterhöhungen von 1,60 bis 1,90 Euro pro Quadratmeter“, kritisiert Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. Um die Belastung der Mieter zu verringern, hatten sich CDU und SPD im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, dass die Umlage der Kosten von elf auf zehn Prozent gesenkt werden soll. Wichtiger noch als die Senkung der Umlage, war aber die Verabredung einer Amortisierungsfrist: Sobald sich die Investitionen für den Vermieter – über die Mieterhöhung – amortisiert haben, sollte er per Gesetz gezwungen werden, die Mieterhöhung wieder zurück zu nehmen.
Zu viele offene Fragen für eindeutige Regelung
Doch ob es zu Letzterem wirklich kommt, ist ungewiss. In einer Anhörung im Bundesjustizministerium haben Experten Zweifel an der Praktikabilität dieser Regelung angemeldet. Die CDU kündigt bereits offenen Widerstand an. „Alle Experten sind sich einig, dass die Regelung im Koalitionsvertrag nicht praktikabel ist“, sagte Jan-Marco Luczak, Mietrechtsexperte der Unions-Bundestagsfraktion, dem Tagesspiegel. „Die Union kann eine solche Regelung nicht mittragen“. Es gebe zu viele offene Fragen, bemängeln die Kritiker. Wann haben sich die Kosten amortisiert, welche Kosten berechnet man überhaupt ein und was ist, wenn der Vermieter zwischenzeitlich erneut investiert? „Man kann das nicht umsetzen“, meint Luczak. Zudem sei es ein Systembruch, wenn der Mieter nach Ablauf der Amortisierungsfrist zwar weiter vom höheren Wohnwert profitiere, aber dafür nicht mehr zahlen müsse.
Das dämpfe die Lust der Vermieter zu investieren, glaubt man bei der Union.
Mieterbund besteht auf Stärkung des Mieterschutzes
„Investitionen müssen sich aber für einen Eigentümer wirtschaftlich rechnen“, mahnt der Berliner Mietrechtsexperte. „Wenn sich eine Maßnahme nicht wirtschaftlich trägt, wird kein Eigentümer in seine Wohnung investieren.“ Mit Blick auf die demographische Entwicklung und den Klimaschutz brauche man aber nicht weniger Modernisierungen, sondern mehr. Der Mieterbund besteht dagegen darauf, dass der Mieterschutz wie verabredet gestärkt wird. „Der Koalitionsvertrag enthält einen Doppelschlag, mit dem die Mieter entlastet werden sollen“, sagte Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbunds, dem Tagesspiegel. „Wir sind sehr dafür, den Koalitionsvertrag einzuhalten“.
Letzte Lösung: Mietspiegel
Notfalls, so Ropertz, könne man das auch über den Mietspiegel regeln. Das wäre praktisch, weil die nach Einführung der Mietpreisbremse nun anstehende zweite Mietrechtsreform neben der energetischen Sanierung auch Regelungen für Mietspiegel vorsieht. „Maßnahmen zur energetischen Sanierung könnte man als mieterhöhendes Element im Mietspiegel festlegen“, schlägt Ropertz vor – und dafür komplett auf die Umlage verzichten.
Doch auch das würde die Union nicht mittragen. Zwar sei es richtig, energetische Kriterien im Mietspiegel zu berücksichtigen, ein Ersatz für die Mieterhöhung nach einer Modernisierung könne das aber nicht sein, meint Luczak, „die individuellen Kosten für die Modernisierung einer konkreten Wohnung lassen sich damit nicht abbilden“.
Einfachster Weg könnte daher am Ende die weitere Absenkung der Modernisierungsumlage sein. Denn die elf Prozent, die Vermieter heute nehmen dürfen, stammen noch aus den Zeiten, als Geld teuer war und die Vermieter für Kredite acht Prozent Zinsen zahlen mussten. Heute sind es gerade einmal 1,5 oder zwei Prozent. „Eine Modernisierungsumlage von sechs Prozent wäre völlig angemessen“, meint Ropertz. Im Bundesjustizministerium arbeitet man jetzt an Leitlinien. Man sei noch in der Prüfung, heißt es auf Anfrage. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will aber noch im Herbst seine Vorschläge vorlegen.
Heike Jahberg
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