Unser Blog zum Bundesliga-Wochenende: Was will Julian Draxler eigentlich beim VfL Wolfsburg?
Außerdem in unserem Blog: der Absturz von Borussia Mönchengladbach, die letzten Windungen des Transferwahnsinns und Herthas neuer Stürmer Vedad Ibisevic
Mindestsperre für Spahic und Tyton Das Sportgericht des DFB hat das vergangene Wochenende abgearbeitet. Überraschendes ist dabei nicht herausgekommen. Für beide Rotsünder aus der Bundesliga hat es die Mindeststrafe von einem Spiel verhängt. Das betrifft zum anderen den Stuttgarter Torhüter Przemyslaw Tyton, der bei der 1:4-Niederlage des VfB gegen Eintracht Frankfurt nach einem Foul an Stürmer Luc Castaignos die Rote Karte gesehen. Tyton fehlt den Stuttgartern im Auswärtsspiel am 12. September im Punktspiel bei Hertha BSC.
Auch Emir Spahic vom Hamburger SV muss einmal zusehen, auch in seinem Fall hat der Klub dem Urteil zugestimmt - obwohl er die Entscheidung des Schiedsrichters Deniz Aytekin weiterhin für falsch hält. Der hatte im Spiel des HSV beim 1. FC Köln auf Notbremse des Bosniers gegen Anthony Modeste und Elfmeter für die Kölner entschieden. Die Fernsehbilder haben erste Zweifel an dieser Wahrnehmung aufkommen lassen. Modeste war mehr über den Ball und seine Füße gestolpert, Spahic ausnahmsweise schuldlos. Der Bosnier fehlt dem HSV am 11. September beim Auswärtsspiel gegen den Tabellenletzten Borussia Mönchengladbach. Dafür könnte Torhüter René Adler dann wieder dabei sein. Adler hat sich eine Schulterprellung zugezogen, soll nach Auskunft des HSV aber nächste Woche wieder trainieren können.
Immer schön bescheiden bleiben Schön, dass es in diesem Geschäft, in dem mit den Millionen nur so um sich geschmissen wird, auch noch bescheidene Menschen gibt. Sebastian Langkamp hat in einem Interview mit seinem Arbeitgeber Hertha BSC verkündet, dass er es nach der Verlängerung seines Vertrags mal richtig krachen lässt. Er gönnt sich heute zur Feier des Tages eine Kugel Eis - und will sich von seinem (vermutlich deutlich verbesserten) Gehalt eine neue Pedale für sein Fahrrad kaufen. Aus Gold?
Geschäft versus Romantik Selbst nach fast 20 Jahren als Sportjournalist gibt es noch Momente, in denen bei mir die alte Romantik eines Fußball-Fans durchscheint. Wenn zum Beispiel die Meldung auf den Markt kommt, dass der Wechsel von Julian Draxler zum VfL Wolfsburg kurz bevor (wahlweise auch unmittelbar vor dem Abschluss) steht. Der mit den Mechanismen der Branche vertraute Sportjournalist sagt dann: Klar, Draxler kann in Wolfsburg schon in dieser Saison Champions League spielen (anstatt Europa League mit Schalke), er hat in Wolfsburg perspektivisch vermutlich größere Chancen, einen Titel zu gewinnen, und er wird in Wolfsburg vermutlich auch nicht sehr viel weniger verlieren als bei den Schalkern.
Der zur Romantik neigende Fan erinnert sich in solchen Momenten noch einmal an den Hype, den Schalke bei Draxlers jüngster Vertragsverlängerung veranstaltet hat, als der Verein ein paar Kleinlaster durchs Ruhrgebiet sandte, um die frohe Botschaft zu verkünden. So etwas macht man natürlich nicht bei jedem x-beliebigen Profi; so etwas macht man nur bei einer echten Identifikationsfigur, wie Draxler für Schalke eine ist oder: war. Von seinen knapp 22 Lebensjahren hat Draxler 14 für den FC Schalke 04 gespielt. Draxler ist bei Schalke Profi, Nationalspieler und Weltmeister geworden. Die Chance mit dem Klub, auch weiterhin ab und zu mal einen Titel zu gewinnen, ist auch theoretisch nicht gänzlich auszuschließen, der städtebauliche Reiz von Wolfsburg hält sich sogar für jemanden, der in Gelsenkirchen arbeitet, in Grenzen und selbst in der Europa League, im Spiel gegen Asteras Tripolis, dürfte die prozentuale Auslastung der Schalker Arena höher sein als bei zwei der drei Vorrundenspiele des VfL in der Champions League.
Wie gesagt: Julian Draxler konnte gar nicht anders, als das Angebot der Wolfsburger anzunehmen.
Vedad Ibisevic: Wunschspieler oder Notlösung?
Was ist von Vedad Ibisevic zu erwarten? Man wusste bisher gar nicht, dass Sebastian Langkamp einen Hang zur Dramatik besitzt. Der Innenverteidiger von Hertha BSC hat sich nach dem Spiel betont (und bewusst?) kryptisch zu seiner persönlichen Zukunft geäußert. Aus seinen Aussagen war alles Mögliche herauszuhören: dass er am letzten Tag der Transferperiode irgendwo in England einen Vertrag unterschreibt und noch einmal die ganz große Kohle absahnt genauso wie, dass er Herthas schon länger vorliegendes Angebot zur Vertragsverlängerung endlich akzeptiert. Und genau das hat er jetzt auch getan. Entsprechende Meldungen wurden dem Tagesspiegel von Hertha bestätigt. Sebastian Langkamp, der abgesehen vielleicht von Führungstor der Dortmunder am Sonntag zuletzt starke Leistungen gezeigt hat, verlängert in Berlin bis 2019.
In einer Woche wird Langkamp dann auch seinen neuen Kollegen Vedad Ibisevic kennen lernen. Was soll man von dieser Verpflichtung halten? Das fragen sich viele Hertha-Fans. Die "Berliner Zeitung" sieht in der Verpflichtung des Bosniers, der gerade 31 geworden ist, "eine akzeptable Notlösung". Sehr viel positiver fällt auch das Echo unter den Hertha-Anhängern in den diversen Fan-Foren nicht aus. Bei Tagesspiegel online schreibt User Blattschuss: "Ibisevic wurde selbst bei einem Abstiegskandidaten aussortiert (weil er so gut drauf war?) und schoss sein letztes BL-Tor vor über 1 1/2 Jahren), von seinem schwierigen Charakter ganz abgesehen. Also die Erwartungen nicht zu hoch stecken."
Ich habe Vedad Ibisevic zum ersten Mal wahrgenommen, als er noch bei Alemannia Aachen spielte. Aufgefallen ist er mir damals vor allem dadurch, dass er beste Chancen auf geradezu stümperhafte Art und Weise vergeben hat. Als die TSG Hoffenheim ihn 2007 für 1,2 Millionen Euro verpflichtet hat, habe ich deshalb das für eine ebenso unverständliche wie abenteuerliche Entscheidung gehalten - und musste mich recht bald eines Besseren belehren lassen. Die erste Halbserie der Hoffenheimer in der Bundesliga und Ibisevics wahnsinnige Trefferquote (18 Tore in 17 Spielen) dürfte den meisten noch in Erinnerung sein. Das Problem ist, dass diese Hinserie schon recht lange zurückliegt.
Inzwischen gilt Ibisevic als Mann der Vergangenheit. Seit mehr als anderthalb Jahren hat er in der Bundesliga kein Tor mehr erzielt. In der vergangenen Saison ist er nur noch sporadisch zum Einsatz gekommen, was ein stolzer Charakter wie Ibisevic nicht unbedingt mit Leichtigkeit ertragen hat. Ein Kenner des VfB Stuttgart hat folgende Beobachtung gemacht. Als das Talent Timo Werner beim VfB seine erste richtig starke Phase hatte und entsprechend gelobt wurde, fiel Ibisevic unter anderem durch öffentlichkeitswirksame Maßregelungen des jungen Mannes auf dem Feld auf, wenn Werner sich erdreistet hatte, selbst den Torabschluss zu suchen, anstatt ihn anzuspielen.
Pal Dardai, Herthas Trainer, ist trotzdem von seinem Neuzugang überzeugt, der immerhin ein recht stattliches Gehalt bekommt (von zwei Millionen Euro ist die Rede). "Er war mein Wunschspieler, ist torgefährlich, aggressiv, gut im Kopfball", sagte Dardai am Tag nach der 1:3-Niederlage in Dortmund. "Ich traue es mir zu, dass ich es hinkriege, dass er zu seiner alten Form findet. Das ist meine Herausforderung."
Dardai glaubt, dass Ibisevic eine Qualität mitbringt, die seiner Mannschaft gelegentlich fehlt: "Wir haben vorne keine Aggressivität und brauchen einen, der ab und zu auch mal die Mannschaft und das Publikum mitnehmen kann. Alle anderen Einkäufe waren jung und für die Zukunft, jetzt kommt noch ein erfahrener Spieler dazu. Effektivität ist wichtig im Fußball, aber dafür braucht man auch Typen – und Ibisevic ist ein Typ."
Manager Michael Preetz sieht es ähnlich. Im RBB-Sportplatz hat er über den neuen Stürmer gesagt: "Ibisevic ist ein Typ, der sich wehrt, der Ecken und Kanten hat. Er wird der Mannschaft gut tun."
Mit der Verpflichtung des Bosniers reagieren die Berliner auch auf einen möglichen Engpass in ihrem Kader. Da Sami Allagui und Julian Schieber weiterhin fehlen, ist Salomon Kalou der einzige gelernte Stoßstürmer Herthas. Gerade bei Schieber, in der vergangenen Saison bester Torschütze der Mannschaft, ist laut Preetz immer noch nicht abzusehen, "wann er der Offensive wieder helfen kann".
Weiter, immer weiter Für alle, die sich den Wecker auf 18 Uhr gestellt und sich vorgenommen haben, dann einmal tief durchzuatmen, weil der Wahnsinn dann endlich ein Ende hat. Es geht weiter, immer weiter. In Spanien, Portugal, Holland, Österreich und der Schweiz zum Beispiel sind Transfers heute noch bis Mitternacht möglich. Die Premier League kann ihr Geld noch bis Dienstag, 19 Uhr unters Volk bringen. Die cleveren Italiener haben anschließend noch vier Stunden Zeit, es zu reinvestieren. In Saudi-Arabien wird das Fenster erst am 16. September geschlossen - die Frage, ob Ronny wirklich in Berlin bleibt, wird uns also noch etwas mehr als zwei Wochen beschäftigen. Da kommt doch Freude auf.
Der Wahnsinn geht in die letzte Runde Passend zur vorhin skizzierten Haltung der Gladbacher passt, dass sie am letzten Tag der Transferperiode (Twitter-Hashtag Transferdeadlineday) nicht in Aktionismus verfallen und ein paar Panikkäufe tätigen. Sportdirektor Eberl hat die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Transfers trotz der prekären Tabellensituation als "sehr gering" bezeichnet. Wobei: "Alles ist möglich".
Diese Option muss man sich einfach offen halten an einem Tag, an dem die "Süddeutsche Zeitung" "Europa im Domino-Wahn" sieht. Heißt: Es könnten heute noch einige Steine fallen, und wer weiß schon, welche Kettenreaktion dadurch ausgelöst wird? Wir werden uns an diesem Tag also noch mit Meldungen wie "Transfer von XY zu AB steht kurz bevor" herumschlagen müssen. Bisher ist noch nicht allzu viel passiert. Die spektakulärste Nachricht bisher: Leipzig (in diesem Fall ganz bewusst ohne Vereinsbezeichnung) hat den 23 Jahre alten Linksverteidiger Marcel Halstenberg vom FC St. Pauli verpflichtet. Die Ablöse soll bei drei Millionen Euro liegen. Rasenballsport ist für die Zweite Liga so etwas wie die Premier League für die Bundesliga. Die zahlen jeden Preis, ohne mit der Wimper zu zucken.
Hertha BSC hingegen hat die Aktivität auf dem Transfermarkt vorfristig für beendet erklärt. Nach der Verpflichtung von Stürmer Vedad Ibisevic kommt kein Neuer mehr, verkündete Trainer Pal Dardai am Tag nach der Niederlage bei Borussia Dortmund. Damit bleibt der Kader wohl so, wie er aktuell ist. Heißt: Auch Ronny wird weiterhin für Hertha BSC spielen. Entsprechend hat sich Manager Michael Preetz bereits am Sonntagabend im RBB-Sportplatz geäußert.
Borussia Mönchengladbach steht vor einer komplizierten Saison
Realistisch bis zur Schmerzgrenze Das ist jetzt kein Scherz. Heute morgen lag in meinen Postfach in der Redaktion der Nachhaltigkeitsreport von Borussia Mönchengladbach. Nachhaltigkeit ist bei den Gladbachern ein großes Thema, natürlich auch sportlich. Sportdirektor Eberl hält nichts von wildem Wachstum; dass die Mannschaft sich in der vergangenen Saison als Dritter für die Champions League qualifiziert hat, ist ein herausragender Erfolg für den Verein gewesen. Für mindestens genauso wichtig hält Eberl aber, dass Borussia in den vergangenen vier Jahren immer einen einstelligen Tabellenplatz belegt hat.
Die Fußballbranche neigt ein wenig zum Durchdrehen, Eberl aber hat sich, gewissermaßen im Auge des Orkans, eine nüchterne und realistische Sicht der Dinge bewahrt. Das könnte Borussia Mönchengladbach auch in der aktuellen Situation zupass kommen, in der die allgemeine Erregung ungeahnte Höhen erreichen dürfte. Manche haben Eberl vielleicht sogar für ein bisschen zu realistisch gehalten, als er für die aktuelle Spielzeit erneut nur einen einstelligen Tabellenplatz als Ziel ausgegeben hat. Jetzt zeigt sich schneller als erhofft, dass das kein billiges Understatement war.
Eberl hat auch in der vergangenen Saison immer gesagt, dass die Mannschaft vor allem von der Schwäche der Konkurrenz - im konkreten Fall Dortmund und Schalke - profitiert habe. Gegen die Großen können die Gladbacher in der Regel nicht anstinken, vor allem finanziell nicht. Borussias Sportdirektor hat nach der Niederlage in Bremen zugegen, dass er gerne den Brasilianer Dante aus München zurückgeholt hätte, um der wackligen Defensive ein bisschen mehr Routine und damit Stabilität zuzuführen. Stattdessen wechselt Dante für geschätzte viereinhalb Millionen Euro zum VfL Wolfsburg. Die Ablöse hätten wohl auch die Gladbacher stemmen können (ob sie für einen knapp 32-Jährigen angemessen ist, ist wieder eine andere Frage), aber Dante ist von den Bayern ein Gehalt gewohnt, das die Gladbacher weder zahlen können noch zahlen wollten. "Wenn Geld eine Rolle spielt, dann sind wir doch ein kleiner Verein", sagt Eberl. "Das ist das, was wir uns immer vor Augen halten müssen. Wir spielen zwar Champions League, aber in gewissen Größenordnungen sind wir chancenlos. Gegen die Möglichkeiten von Wolfsburg und Bayern sind wir einfach ein ganz kleines Licht."
Problem Champions League? Ein Aspekt ist für die aktuelle Misere der Gladbacher im Moment eigentlich zu weitgehend zu vernachlässigen: die Zusatzbelastung durch die Champions League. Auch wenn sich entsprechende Spekulationen natürlich anbieten, gerade mit Blick auf den FC Augsburg, der als erstmaliger Europa-League-Starter mit nur einem Punkt aus den ersten drei Bundesligaspielen ähnliche Probleme zu haben scheint wie die Gladbacher. Der Haken ist: Die Spiele im Europapokal haben noch gar nicht angefangen, die Zusatzbelastung hält sich also in Grenzen.
Okay, das sind jetzt Spitzfindigkeiten, weil das natürlich nicht ganz in die vorgefertigte Meinung passt, dass man als Neuling in Champions League oder Europa League einfach Probleme bekommen muss. Dietmar Hamann hat in seiner Kolumne bei Spiegel online zum Beispiel schon vor zwei Wochen prophezeit, dass die Gladbacher durch den Europapokal noch in Schwierigkeiten geraten könnten: "Das Problem dabei sind weniger die Spiele als diese ständige Reiserei. Wenn man zu Spielen in die Türkei oder nach Russland muss und stundenlang im Flieger sitzt, jede Woche, immer wieder, dann ist man gerädert, darauf muss man vorbereitet sein."
Stimmt, das trifft die Gladbacher natürlich vollkommen unvorbereitet, weil sie in der vergangenen Saison für ihre Spiele in der Europa League nicht ins Flugzeug steigen mussten, sondern die Partien ganz gemütlich zu Hause am eigenen Computer spielen durften. Die Reisen selbst, die auf die Borussia in der Champions League zukommen würden, dürften das geringste Problem werden. Turin, Manchester und Sevilla liegen weder in Russland noch in der Türkei und lassen sich recht bequem mit dem Flugzeug erreichen.
Trotzdem ergibt sich für die Gladbacher eine psychologisch interessante Gemengelage. Ihnen droht in den nächsten Monaten ein steter Wechsel zwischen Alltag und Feiertag. In der Champions League treffen sie auf Juventus Turin, den Finalisten des Vorjahres; auf Manchester City, den reichsten Klub aus der reichsten Liga des Universums; und auf den FC Sevilla, den Gewinner der Europa League. Eigentlich erfordert die Bundesliga im Moment die volle Konzentration. Aber das ist leichter gesagt als getan. "Natürlich ist das dauernd um uns herum, aber damit müssen wir umgehen", sagt Sportdirektor Eberl über die Champions League. "Wir müssen das zur Seite schieben, weil es heute und morgen völlig uninteressant ist."
Gladbach hat die Leichtigkeit der Vorsaison verloren
Gladbachs Absturz hat viele Gründe Am Sonntagabend hat sich Borussia Mönchengladbach souverän den letzten Tabellenplatz der Fußball-Bundesliga zurückerobert. Nachdem die Gladbacher am Samstag vom VfB Stuttgart von Platz 18 verdrängt worden waren, sind sie durch die 1:2-Niederlage in Bremen wieder an den Schwaben vorbeigezogen.
Nie zuvor in nunmehr 47 Jahren Bundesliga ist Borussia Mönchengladbach so schlecht in eine Saison gestartet: drei Spiele, drei Niederlagen, null Punkte - Platz 18. Eigentlich hatten sie in Mönchengladbach gedacht, dass sie solche Tabellenregionen nur noch aus der Ferne beobachten müssten. Nur zur Erinnerung: In der ersten Hälfte des Jahre 2015 waren die Gladbacher die beste Mannschaft der Bundesliga, analog zum Herbstmeister gewissermaßen der Frühlingsmeister. Das zeigt auch, wie groß die Fallhöhe der Gladbacher inzwischen ist.
"Für uns ist die Situation nicht überraschend", sagt Borussias Manager Max Eberl, "wir wussten, dass es zu Beginn der Saison schwer werden würde." Borussias Absturz hat mehrere Gründe: Die Mannschaft muss sich erst finden. Mit Max Kruse (zum VfL Wolfsburg) und Christoph Kramer (nach Leverkusen) haben die Gladbacher nicht nur zwei Nationalspieler verloren, sondern auch zwei eminent wichtige Figuren für das eigene Spiel. Kruse hat die Offensive mit seinem ausgeprägten Bewegungsdrang am Laufen gehalten; Kramer hat mit seinem Bewegungsdrang die Defensive entscheidend entlastet. Dazu fehlen den Gladbachern im Moment mit Martin Stranzl, Alvaro Dominguez und Fabian Johnson drei Spieler, die in der vergangenen Saison ebenfalls Stammspieler waren. Die prominentesten Neuzugänge - Lars Stindl (für drei Millionen Euro von Hannover 96 gekommen) und Josip Drmic (für zehn Millionen aus Leverkusen) - müssen sich an den speziellen Fußball von Lucien Favre noch gewöhnen. Hinzu kommen Formschwächen (vor allem bei Raffael) und Unerfahrenheit (beim 20 Jahre alten Innenverteidiger Marvin Schulz).
Die "Bild"-Zeitung hat zudem eine Debatte über die fehlende Leidenschaft der Gladbacher eröffnet und darauf rumgeritten, dass die Mannschaft deutlich weniger läuft als in der erfolgreichen Vorsaison. Mal abgesehen davon, dass die Laufleistung immer mehr zum Fetisch wird, die wenig bis gar nichts aussagt: Die Gladbacher liegen im Ligaschnitt immer noch im oberen Drittel. Am zweiten Spieltag war nur eine einzige Mannschaft mehr gelaufen als sie selbst - das war ihr Gegner Mainz 05. Und am Sonntag in Bremen lag die Borussia in dieser Kategorie geringfügig vor Werder - verloren hat sie trotzdem.
Viel auffälliger war, dass die Gladbacher nicht mit der inneren Überzeugung laufen, dass sich der Fehlstart offensichtlich schon in die Köpfe geschlichen hat. Die Spieler haben eine innere Verteidigungshaltung eingenommen, sie suchen eher zögernd den Weg in die Offensive, bieten sich dem ballführenden Spieler nicht als Anspielstation an, dadurch wirkt der Auftritt in vielen Momenten sehr statisch. "Das, was in der letzten Saison mit einer Leichtigkeit funktioniert hat, müssen wir uns jetzt wieder hart erarbeiten", sagt Eberl. Der Weg zur Leichtigkeit wird kein leichter sein.