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Neue Führung: Manager Michael Preetz (links) und Ante Covic arbeiten an der Hertha der Zukunft.
© Imago/Matthias Koch

Nach der Entscheidung für Ante Covic: Hertha BSC muss weiter klein denken

Die Personalie Ante Covic ist ein erster Hinweis darauf, dass bei Hertha BSC auch in der neuen Saison keine großen Sprünge möglich sind.

Der Sommer beginnt in diesem Jahr am 21. Juni und endet – exakt 95 Tage später – am 23. September. Michael Preetz würde dem vermutlich entschieden widersprechen. „Wir haben einen langen Sommer vor uns“, hat der Manager von Hertha BSC schon vor ein paar Tagen gesagt. Wir – das heißt nicht nur er selbst, sondern auch die Fans des Berliner Fußball-Bundesligisten, denen vermutlich auch in diesem Sommer mal wieder viel Langmut abverlangt werden wird. Aber das kennen sie ja schon.

Preetz hat sich in der jüngeren Vergangenheit als Meister des Transfers auf den letzten Drücker erwiesen. Das muss kein Makel sein. Im Gegenteil. Dass sich Geduld auszahlt, dafür gibt es bei Hertha gute Beispiele: Marko Grujic in der vergangenen Saison, Valentino Lazaro im Jahr davor oder auch Vedad Ibisevic. Sie alle wurden erst verpflichtet, als die Saison schon lief oder zumindest die Vorbereitung. Die Kaderzusammenstellung ist für Preetz jedes Jahr aufs Neue ein kniffliges Puzzle, was vor allem mit der schwierigen finanziellen Situation seines Arbeitgebers zusammenhängt. Seit dem vergangenen Sommer hat sie sich nicht verbessert.

Zum ersten Mal seit längerem hat Hertha BSC die Bundesligalizenz sogar nur mit Auflagen bekommen. Die Berliner müssen der DFL regelmäßig ihre Finanzdaten vorlegen, weil ihre Verbindlichkeiten (Stichtag: 30. Juni 2018) durch den Rückkauf der Anteile von ihrem Investor KKR auf 47 Millionen Euro angewachsen sind. In der neuen Bilanz werden sie sogar noch höher ausfallen, da bisher nur der Bankkredit über zehn Millionen Euro eingeflossen ist.

Auch die Einnahmesituation dürfte sich nicht verbessern: Hertha hat für den Deal mit KKR bereits Vorauszahlungen von Sponsoren und auf zu erwartende Hospitalityerlöse erhalten, und beim TV-Geld bleibt den Berlinern ein weiterer Sprung aller Wahrscheinlichkeit versagt. Für 2018/19 hat der Klub als Siebter der Fernsehgeldtabelle 56,665 Millionen Euro erhalten. In der laufenden Spielzeit liegt Hertha dort einen Spieltag vor Schluss nur noch auf Platz neun. Das hieße: Obwohl die Bundesligisten insgesamt 120 Millionen Euro mehr erhalten, bliebe der Ertrag für die Berliner bestenfalls gleich. Laut dem Internetportal fernsehgelder.de bekäme Hertha beim derzeitigen Stand sogar nur 54 Millionen Euro.

Ein Trainer mit großem Namen war nicht zu finanzieren

Dass die Möglichkeiten des Klubs weiterhin beschränkt sind, zeigt auch die Wahl des neuen Trainers. Ante Covic hat bisher die U 23 des Vereins in der Regionalliga Nordost trainiert. Sein Vertrag für das Profiteam soll nur über ein Jahr laufen; wird er nicht verlängert, kann Covic in die Nachwuchsabteilung zurückkehren. In Preetz’ Planungen hat der 43-Jährige von Anfang an eine Rolle gespielt, allerdings war Covic nicht die erste Wahl für die Nachfolge von Pal Dardai. Die Berliner haben durchaus größer gedacht – aber ihre Wünsche scheiterten auch an der finanziellen Realität. David Wagner, der bis Anfang des Jahres bei Huddersfield Town in der Premier League gearbeitet hat, hatte ein Angebot von Hertha vorliegen, das allerdings von Schalke ausgestochen wurde. Auch mit André Villas-Boas hat sich Preetz beschäftigt. Die Gehaltsvorstellungen des Portugiesen, zuletzt in China unter Vertrag, hätten Herthas Finanzrahmen jedoch gesprengt.

Stattdessen also Ante Covic aus dem eigenen Nachwuchs. Ein Trainer, der angeblich die Hertha-DNA in sich trägt, der qua Amt gezeigt hat, dass er mit jungen Spielern arbeiten kann – und der das auch künftig, drei Etagen höher, wird tun müssen. Manager Preetz hofft, „dass wir uns punktuell verstärken können“. Generell aber soll die Mannschaft im Kern zusammenbleiben. Per Skjelbred hat seinen Vertrag verlängert, Vedad Ibisevic und Maximilian Mittelstädt werden in Kürze folgen. Ob Marko Grujic bleiben darf, liegt nicht in Herthas Hand, sondern wird vornehmlich vom FC Liverpool entschieden.

Vor einem Jahr hatte Preetz zu diesem Zeitpunkt immerhin schon Lukas Klünter verpflichtet (wonach dann erst einmal eine gefühlte Ewigkeit gar nichts mehr passierte). Bisher hat Hertha noch keinen Zugang vermeldet. Sicher ist allerdings, dass Dedryck Boyata, 28 Jahre alt und belgischer Nationalverteidiger, ablösefrei von Celtic Glasgow kommen wird. Seine Verpflichtung ist von den zuständigen Vereinsgremien bereits genehmigt worden und wird wohl nach dem noch ausstehenden Medizincheck verkündet.

Alles andere ist noch in der Schwebe. Für strategische Transfers müsste Preetz wohl erst seinerseits Geld aus Verkäufen generieren. Anders als vor einem Jahr, als die 30-Millionen-Angebote für Marvin Plattenhardt anscheinend nur in Herthas Fantasie existierten, gibt es in diesem Sommer zumindest einen realen Markt für die Spieler der Berliner. Mit Valentino Lazaro und Niklas Stark ließen sich ohne weiteres zweistellige Millioneneinnahmen erzielen. Zuletzt soll aber auch ein anderer Hertha-Spieler in den Fokus größerer Klubs geraten sein: Javairo Dilrosun, 20 Jahre alt, besitzt im Tempodribbling eine individuelle Qualität, die selten ist und die ihn für viele Vereine interessant macht. Genau deswegen wird ihn Hertha ganz sicher nicht verkaufen wollen.

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