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Hand aufgelegt. Berlins Trainer Pal Dardai streicht seinem Spieler Javairo Dilrosun über den Kopf.
© Thomas Frey/ dpa

Überraschungsspieler der Hinrunde: Hertha BSC hofft auf Javairo Dilrosun

Javairo Dilrosun ist nach langer Pause zurück. Eine echte Hilfe kann er für Hertha BSC aber noch nicht sein.

Seit mehr als 20 Jahren lebt und arbeitet Pal Dardai inzwischen in Deutschland, und trotzdem haben viele noch immer ein falsches Bild von ihm. Der Ungar wird eher zu den Trainern gezählt, die mehr auf ihren Bauch hören als auf ihren Kopf, die als Motivator gelten und nicht als geniale Taktiker. Das Bild ist ziemlich weit von der Realität entfernt. Dardai und sein Team nutzen viele technische Möglichkeiten, für jedes Spiel von Hertha BSC entwickelt er einen eigenen Plan.

Vorige Woche zum Beispiel, vor dem Spiel gegen Fortuna Düsseldorf, war Dardai zu der Erkenntnis gelangt, dass er auf der offensiven Außenposition einen ballsicheren Spieler als Anspielstation brauche. Auch deshalb hat er Javairo Dilrosun in den Kader aufgenommen – als mögliche Einwechseloption.

„Mit seinem linken Fuß kann er Tore vorbereiten und Torgefahr ausüben“, sagte Dardai. So weit die Theorie. In der Praxis funktionierte der Plan nur bedingt. Dilrosun kam in der 70. Minute, er hatte eine gute Szene, als er unmittelbar vor dem Strafraum von den Beinen geholt wurde. Der folgende Freistoß allerdings verpuffte wirkungslos.

Javairo Dilrosun, im Sommer für eine lächerliche Ausbildungsentschädigung aus der zweiten Mannschaft von Manchester City nach Berlin gekommen, war zu Beginn der Saison die große Entdeckung in der Fußball-Bundesliga. In seinen ersten vier Einsätzen schoss der 20-Jährige zwei Tore, drei bereitete er vor. Ballsicher, schnell, dribbelstark – Dilrosun brachte ein Element in Herthas Spiel, das der Mannschaft fehlte. Dass er Trainer Dardai nun wieder zur Verfügung steht, ist für die Berliner daher eine überaus positive Nachricht. „Wir wissen, was er kann. Genau das brauchen wir auf dem Flügel“, sagt Dardai. Doch dass der Holländer gleich wieder den ganzen Laden aufmischt wie in seinen ersten Wochen bei Hertha, das ist erst einmal nicht zu erwarten.

Dilrosun hat sich bereits in die Nationalmannschaft gespielt

„Natürlich war das ein schöner Moment“, sagt Dilrosun über seine Einwechslung. „Darauf habe ich lange gewartet. Aber ich habe noch einen langen Weg vor mir. Ich seh mich noch nicht bei hundert Prozent.“ Dass er schon am Wochenende, beim 1:2 gegen Düsseldorf, im Kader stand und letztlich sein Comeback feierte, lag zum einen an Herthas schwieriger Personallage mit etlichen Ausfällen; zum anderen war die Nominierung von Pal Dardai auch als Vertrauensbeweis nach einer langen Leidenszeit gedacht. „Eigentlich müsste er erst noch bei der U 23 spielen und dort Einsatzminuten sammeln“, sagt sein Trainer. „Er ist weit davon entfernt, fit zu sein.“

Im Training ist deutlich zu sehen, dass Dilrosun noch einiges von der alten Leichtigkeit fehlt. Anfang dieser Woche, im Spiel zwischen der vermeintlichen A-Elf und den Reservisten, fällt er kaum auf; einmal versucht er, Lukas Klünter zu überspielen. Er legt den Ball an ihm vorbei, versucht hinterherzusprinten und prallt schließlich an Klünters Körper ab. „Ich hoffe, dass ich in den nächsten Wochen noch meine Einsatzminuten bekomme und das zeigen kann, was ich zu Saisonbeginn gezeigt habe“, sagt Dilrosun.

Starker Start. Berlins Javairo Dilrosun (M.) schießt am dritten Spieltag das 1:0 für Hertha gegen Wolfsburg.
Starker Start. Berlins Javairo Dilrosun (M.) schießt am dritten Spieltag das 1:0 für Hertha gegen Wolfsburg.
© Swen Pförtner/dpa

Immerhin haben ihn seine starken und teils spektakulären Auftritte gleich in die holländische Nationalmannschaft befördert – als erst vierter Spieler überhaupt in der Geschichte der Elftal, der zuvor nie in der heimischen Ehrendivision gespielt hatte. Sein Debüt gab er Mitte November allerdings in einer Phase, in der es in der Bundesliga schon längst nicht mehr so gut für ihn lief. Im letzten Spiel der Nations League wurde Dilrosun in der 45. Minute für den verletzten Ryan Babel eingewechselt – ausgerechnet gegen Deutschland und ausgerechnet in Gelsenkirchen, wo er auch schon sein Profidebüt gefeiert hatte. Aber diesmal stand er nur 21 Minuten auf dem Platz, ehe er mit einer Oberschenkelverletzung ausgewechselt wurde.

Gegen Hoffenheim könnte er von Beginn an spielen

Fast fünf Monate sind seitdem vergangen. Fünf Monate, in denen Dilrosun nur bei einem Test gegen Braunschweig und einmal für Herthas U 23 zum Einsatz gekommen ist. Zweimal stand er kurz vor seiner Rückkehr in den Profikader. Beim ersten Mal stoppte ihn eine Wirbelblockade, beim zweiten Mal klagte er erneut über Probleme im Oberschenkel. „Die Zeit war sehr schwierig“, sagt Dilrosun – zumal ihm die Physiotherapeuten anfangs gesagt hatten, er müsse mit sechs Wochen Pause rechnen.

Pal Dardai weiß, dass ein junger Spieler wie Dilrosun nach einer derart langen Pause nicht gleich wieder durchstartet. Trotzdem wird der Holländer am Sonntag bei der TSG Hoffenheim wieder im Kader stehen. Und sollte Valentino Lazaro für den verletzten Marko Grujic ins defensive Mittelfeld rücken, wäre er sogar ein Kandidat für die Startelf – ungeachtet seiner körperlichen Defizite.

„Wenn er fit ist, sind wir in Minnesota“, sagt Dardai. Die Frage ist, ob Dilrosun bei Herthas USA-Tour nach Saisonende überhaupt dabei sein wird. Immerhin steht für die holländische Nationalmannschaft noch das Final Four der Nations League an. „Natürlich ist das in meinem Kopf“, sagt Javairo Dilrosun. „Aber ich muss erst wieder Stammspieler bei Hertha werden. Dann sehen wir weiter.“

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