Vor der Präsentation von Bruno Labbadia: Die Spinnereien sind bei Hertha BSC jetzt vorbei
Im Vergleich zu Jürgen Klinsmann mag Bruno Labbadia wie eine kleine Lösung erscheinen. Für Hertha aber ist er vor allem eine vernünftige Lösung. Ein Kommentar.
Nun also Bruno Labbadia. Oder besser: Nun also doch Bruno Labbadia. Am Ostermontag wird der 54-Jährige in Berlin vorgestellt. Hertha BSC hätte ihn aber schon im November als neuen Trainer haben können, als die Mannschaft des Berliner Fußball-Bundesligisten der Abstiegszone entgegentrudelte und Hertha sich eingestehen musste, dass das Experiment mit Ante Covic gescheitert war.
Schon damals zählte Labbadia zu den Kandidaten für den Trainerjob. Aber Hertha war noch nicht bereit für ihn – weil der Klub sich gerade auf den Größenwahntrip begeben hatte. Von wegen Big City Club und so. Zu diesem völlig verzerrten Selbstbild hätte jemand wie Labbadia, der längst in der Schublade „Die üblichen Verdächtigen“ steckt, nicht gepasst.
Substanz ist auch wichtig
Image ist eben auch wichtig. Und deshalb hat sich Hertha im November für Jürgen Klinsmann entschieden. Für die vermeintlich große Lösung, für einen Namen mit internationaler Strahlkraft, für jemanden mit allerhöchsten Ansprüchen. Mit Ansprüchen, denen Hertha gar nicht gerecht werden konnte.
Aus PR-Sicht war Klinsmann für den Klub eine glänzende Wahl. Aus sportlicher war er das sicher nicht. In kurzer Zeit hat Klinsmann den ganzen Laden durcheinandergewirbelt. Immerhin hat das bei Herthas Entscheidern zu der verspäteten Erkenntnis geführt, worauf es jetzt wirklich ankommt. Auf Substanz nämlich.
[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]
Jürgen Klinsmann hat Bruno Labbadia 106 Länderspiele, einen WM- und einen EM-Titel voraus. Der direkte Vergleich mag manchen zu der Ansicht verführen, dass Labbadia eine kleine Lösung sei. Das ist er nicht. Bruno Labbadia ist vor allem eine vernünftige Lösung. Weil er in Stuttgart, Hamburg und Wolfsburg bewiesen hat, dass er taumelnde Teams stabilisieren kann. Vor allem aber, weil seine Anstellung signalisiert, dass die Spinnereien bei Hertha jetzt erst einmal vorbei sind.
In Klinsmanns kurzer Amtszeit überwog immer das Gefühl, dass Hertha längst in anderen Sphären unterwegs ist. Bruno Labbadia, der Sohn eines Tiefbauarbeiters, hat das Zeug, den Klub wieder zu erden, dass Missverhältnis zwischen Wunsch und Wirklichkeit zu beseitigen. Dass das notwendig ist, zeigt der Blick auf die Tabelle. Hertha ist Dreizehnter.